Simone Ahrweiler

Greatest Hit

Chilly Gonzales bei der Premiere seines Films „Shut up and play the piano“: kommt in beiger Strickjacke mit Händen in den Hosentaschen auf den roten Teppich – und läuft gleich mal an der Fotowand vorbei (Beweisvideo hier). Dass ihm Aufmerksamkeit generell unangenehm wäre, kann er mir aber nicht erzählen.

Greatest Shit

Es ist ja schön, dass zu den Filmen der Generation 14Plus immer viele Jugendgruppen kommen. Aber dann doch bitte um den Film zu sehen und nicht, um die ganze Zeit zu quatschen.

Das hat mich berührt

Marie Bäumer als Romy Schneider in „3 Tage in Quiberon“. Als das Licht im Saal wieder anging, hatte nicht nur die Schauspielerin Tränen in den Augen – ich auch. Noch nie hat mich ein Schauspiel so berührt. Ich warte jetzt schon sehnsüchtig auf den regulären Kinostart. (12. April)

Das hab ich gelernt

Dass der Gang über den roten Teppich nicht für alle selbstverständlich ist – Cast & Crew von „High Fantasy“ aus Südafrika bedankten sich nach der Premiere herzlich dafür. Diese Natürlichkeit und Bodenständigkeit geht im Berlinale-Glamour ansonsten doch ein wenig unter.

Michael Brake

Greatest Hit

Okay, das ist unfair. Ich mag: Animationsfilme. Filme mit Tieren. Filme, die in Japan spielen. Und Filme von Wes Anderson. „Isle of Dogs“ ist alles vier auf einmal und dazu noch liebevoll bis ins kleinste Detail, wahnsinnig lustig, rührend, spannend und nicht zu lang. Den schau ich mir im Mai nochmal beim normalen Kinostart an.

Greatest Shit

Der schwedische Wettbewerbsbeitrag „Toppen av ingenting“ über eine schrille Hauserbin war mir zu laut, zu anstrengend, zu bemüht schrill und provokant und nicht richtig zu Ende gedacht.

 

Das hat mich berührt

Wie die Videokünstlerin Margaret Honda ganz allein in ihrer 36-Stunden-Echtzeit-Kinoprojektor-Testbildgenerator-Installation „6144 x 1024“ saß, versteckt in einem Nebensaal und praktisch nicht beworben. Ich hoffe, ich habe einfach nur zwei schlechte Momente erwischt, und sonst war es voller.

Das habe ich gelernt (schmerzhaft und immer wieder):

Es reicht nicht, einfach pünktlich zu sein, wenn man einen Berlinale-Film sehen will. Man sollte mindestens zehn Minuten vorher da sein, lieber noch früher. Außer, man sitzt gern in der ersten Reihe.

Felix Denk

Greatest Hit

Easy: die RAP-Zensionen von Damian Correa zu „Isle of Dogs“, „Denmark“, „Gülvercin“ und „Museo“. Ok, die sind natürlich außer Konkurrenz, aber vielleicht laufen sie ja nächstes Jahr bei den Berlinale Shorts? Ansonsten: „In den Gängen“, der zärtlichste Film, der je über Gabelstapler gedreht wurde.

Greatest Shit

Einige. Nur einmal zum Street Food Markt geschafft, „Chef Flynn“ verpasst, in „Ma Oui Nui“ kurz nach der Eingangsmusik eingeschlafen und erst zum Abspann wieder aufgewacht, in einer herumliegenden BZ gelesen, dass es Profi-Lamentierer Gunnar Schupelius ernsthaft als Aufreger empfand, dass es auf dem Berlinale Abschlussdinner keine Currywurst serviert wird. So 1970er...

 

Das hat mich berührt

Eröffnungsfilm der Generation 14Plus, „303“: Als Jule und Jan nach gut zwei Stunden Filmzeit, tausenden von Kilometern Busfahrt und hunderten von aufgesagten Skriptseiten endlich mal knutschen, da brandet im Publikum spontaner Szenenapplaus auf.

Das hab ich gelernt

Während des Zweiten Weltkriegs wurden auch in der neutralen Schweiz die Nahrungsmittel rationiert. Das Brot, das verkauft wurde, war zwei Tage alt, damit man es nicht zu schnell isst. Gelernt in der ebenfalls berührenden, weil ganz persönlich erzählten Flucht-Dokumentation „Eldorado“ von Markus Imhoof.

Jan-Philipp Kohlmann

Greatest Hit

Shout-out an die beiden so unterschiedlichen deutschen Wettbewerbsfilme von Christian Petzold und Thomas Stuber: „Transit“ (Kinostart: 5. April) schlendert als Genrefilm verkleidet auf der Flucht vor den Faschisten durchs heutige Marseille und „In den Gängen“ (Kinostart: 26. April) entdeckt die anmutige Eleganz der Gabelstapler.

Greatest Shit

Die Missbrauchsvorwürfe gegen Kim Ki-Duk versandeten in einer halbgaren Debatte mit dem südkoreanischen Filmemacher. Sein Film „Human, Space, Time and Human“ aber ist eine so frauenfeindliche und stumpfsinnige Gewaltparabel, dass seine Einladung nach Berlin auch deshalb ärgerlich war.

Das hat mich berührt

Ein Dokumentarfilm-Moment: In „Premières solitudes“ bringen zwei Mitschülerinnen einen schüchternen Jungen zum Reden. Wie heftig seine Mundwinkel zucken und eine Riesenträne langsam kullert, wenn er von der Abwesenheit des Vaters spricht, könnte kein Schauspieler der Welt so spielen. Herzallerliebst auch, wie die Mädels ihn dann trösten.

Das hab ich gelernt

Im Dokumentarfilm „I See Red People“ erfährt man, dass Filmkritiker im kommunistischen Bulgarien, die damals auf internationale Festivals fahren durften, vermutlich Spitzel der Geheimpolizei waren. Ja nun. Was glaubt ihr eigentlich, was ich auf der Berlinale neben den paar Blogeinträgen so mache?

Christine Stöckel

Greatest Hit

Wie die Fußballtrainerin in der norwegischen Serie „Heimebane“ fünf Mal hintereinander die Torlatte trifft – das ist gewollt – und damit ihren Schauspielerkollegen John Carew abzieht. Der trifft nur dreimal. Eine schöne Szene, zumal Carew mal Nationalspieler war.

Greatest Shit

Die Rückenlehnen im Zoo Palast. (Die kann man nicht feststellen, so dass man plötzlich ruckartig wie auf dem Zahnarztstuhl liegt, Anm. d. Red.)

Hat mich berührt

Vor allem eine Szene aus der Dokumentation „Soufra“. Der Film spielt in einem Flüchtlingscamp im Libanon und zeigt Mariam Shaar, wie sie mit einem dutzend anderer Frauen ihren eigenen Cateringservice aufzieht. Über anderthalb Jahre muss sie, davon handelt der Film hauptsächlich, auf einen eigenen Foodtruck warten. Für Flüchtlinge ist es schwer, eine Lizenz zu bekommen. Als es dann nach langem Warten soweit ist, sitzt Mariam Shaar im Auto, strahlt übers ganze Gesicht, drückt aufs Gas, nimmt einen Bordstein mit und düst zu ihren Frauen.

Wieder was gelernt

Bevor man einen Truthahn in den Ofen schiebt, sollte man ihn in seine Einzelteile zerlegen. Denn jedes Teil braucht unterschiedlich lang. Ich koche zwar sehr selten Truthahn, also eigentlich nie, trotzdem danke dafür, Flynn McGarry.

Bären und so ...

Gestern abend wurden auch noch die Bären verliehen, was in diesem Jahr durchaus für Spannung sorgte, liefen doch sehr viele gute Filme im Wettbewerb. Die Entscheidung der Jury um Tom Tykwer war dann eine ziemliche Überraschung. Den Goldenen Bären bekam der semifiktionale rumänische Beitrag „Touch me not“. In ihrem Debütfilm fragt die Regisseurin Menschen mit unterschiedlichen seelischen und körperlichen Beeinträchtigungen nach ihrem Sexleben sowie ihren Ängsten und Sehnsüchten. Der Film erhielt eine ziemlich gemischte Resonanz. Bei der Pressevorführung verließen zahlreiche Journalisten die Vorführung. Alle Ergebnisse der Jury um Tom Tykwer gibt es hier, und was wir so die letzten Tage auf der Berlinale erlebt haben, das könnt ihr hier lesen. 

Titelfoto: Daniel Seiffert