The New Yorker: Sieg der Ressentiments

Eine amerikanische Tragödie, so der Kommentar des New Yorker, sei die Wahl von Trump. Und ein Triumph für den Nativismus, Autoritarismus, Frauenhass und Rassismus. Das schreibt ein sichtlich bewegter und einigermaßen fassungsloser David Remnick im „New Yorker“. „Trump wurde nicht gewählt auf der Grundlage von Anstand, Fairness, Mäßigung, Kompromissfähigkeit und Rechtsstaatlichkeit; er wurde – vor allem – gewählt auf der Grundlage von Ressentiments. Der Faschismus wird nicht unsere Zukunft sein –, das darf nicht sein; wir dürfen das nicht zulassen – aber das ist ganz sicher der Weg, auf dem der Faschismus seinen Anfang nehmen kann.“

An American Tragedy

„Süddeutsche Zeitung“: Verfall politischer Tugenden

Schwere Zeiten sieht Stefan Kornelius in der „Süddeutschen Zeitung“ aufziehen. Und das nicht nur in den USA. Der Sieg Trumps sei eine Revolution – auch weil die beiden Kammern des Kongresses nun den Republikanern zufielen und die beiden neu zu vergebenden Sitze im Obersten Gerichtshof auch von der konservativen Mehrheit besetzt würde. Polarisiert und hassgetrieben sei das Land schon seit den 90er-Jahren. Es gebe aber auch einen tiefgreifenden Verfall der politischen Tugenden, der unter anderem im sinkenden Bildungsniveau und der Krise des klassischen Journalismus. Die USA scheitere an dem Versuch, Globalisierungstreiber und Tech-Gewinner zu sein und sich gleichzeitig einen Dritte-Welt-Hinterhof mit Armut und sozialem Niedergang zu leisten.

Trumps Sieg - eine Zäsur für die USA und die Welt

„The Guardian“: Wahlprognosen sind keine Wettervorhersagen

Warum die Wahlvorhersagen so dermaßen falsch waren – die der „New York Times“ räumte Trump noch am Montag eine Siegeschance von 15 Prozent ein –, damit beschäftigt sich die Big-Data-Expertin Mona Chalabi vom „Guardian“, die selbst jahrelang für Nate Silver von fivethirtyeight.com gearbeitet hat, der in den USA als Wahrsager und Orakel verehrt wird (und auch danebenlag). Wahlvorhersagen sind eben nicht Wettervorhersagen. Menschen und Planenten unterscheiden sich fundamental. Erstere ändern ihre Meinung schon mal, sagen sie nicht – oder lügen einfach. Eigentlich sei das alles hinlänglich bekannt, schreibt Chalabi. Und ist umso mehr darüber erstaunt, dass wir immer noch Statistiken glauben und als Entscheidungshilfe vor der Wahl verstehen.

Yes, the election polls were wrong. Here's why

Neue Zürcher Zeitung: Die Rache der Vergessenen

Eine Parallele zum Brexit zieht die NZZ aus Zürich. Auch hier lagen die Umfragen ja falsch, auch hier kam es zu einem heftigen Wandel. Die weiße Unter- und Mittelschicht im rostigen Industriegürtel im Mittleren Westen habe Trump die Stimmen beschert: „die früher gewerkschaftlich linke, weiße Unter- und Mittelschicht, die sich von den Eliten in Washington, von Wall Street und von der Demokratischen Partei verraten und verkauft fühlte und in Trump jene Figur sah, die ihrem Schmerz und ihrer Perspektivlosigkeit ein trotziges ‚Nein, wir verschwinden nicht einfach!‘ entgegenschleuderte.“

Analyse zur Wahl in den USA – Trump stellt Amerika auf den Kopf

„Die Zeit“: Die Kriegsgefahr steigt

Europa müsse jetzt die westlichen Werte verteidigen, kommentiert Bernd Ulrich in der „Zeit“. Und die EU rücke in die vorderste Front im Kampf um die Demokratie. Denn sie verfüge über den stärksten globalen Binnenmarkt sowie einen immerhin leidlich funktionierenden institutionellen Organismus: „Von heute an ist sie die am besten funktionierende demokratische Weltmacht.“ Daher sei sie jetzt gefordert: Die Kriegsgefahr steige durch den unberechenbaren neuen Präsidenten der USA. Kleiner Trost: Für das wirklich Böse, schließt Ulrich, würde dem irrlichternden Trump wohl die Konzentrationskraft fehlen.

Trumps Wahlsieg: Ganz unten ... aber nicht am Ende

Politico: Abgehobenheit der Demokraten mitverantwortlich für die Niederlage

Der Sieg Trumps hätte das Weiße Haus kalt erwischt, schreibt die Website Politico. Bis zum Schluss hätte niemand damit gerechnet, dass der Milliardär aus New York tatsächlich die Wahl gewinnen könnte. Obamas Kampagnenmanager von 2008, David Plouffe, der auch Clinton beriet, twitterte, er habe in seinem ganzen Leben noch nie so danebengelegen. Auch diese Abgehobenheit hätte den Sieg Trumps bewirkt, der auch das politische Erbe Obamas in Frage stellt.

Obama reeling from gut punch of Trump win

„The Economist“: Le Pen ist Trump light

Ob die Wahl Trumps einen Sieg Marine Le Pens bei den Wahlen nächsten Mai in Frankreich plötzlich realistischer erscheinen lässt, fragt sich der „Economist“. Die Spitzenkandidatin des Front National sagte gleich nach der US-Abstimmung, Trumps Sieg sei gut für Frankreich. Bei den vielen Parallelen zwischen den Politikern sei Le Pen eine Art Lightversion von Trump. Ein Sieg sei unwahrscheinlich, aber es wäre gefährlich, ihn auszuschließen.

Trumpette – Does Donald Trump’s victory presage a win for Marine Le Pen?