Seit dem 19. Jahrhundert dauert er an, der Streit zwischen den niederländisch- und französischsprachigen Einwohnern Belgiens. Der historisch gewachsene flämisch-wallonische Konflikt trat am Tag der Anschläge für einen Moment in den Hintergrund: Wir alle sind Belgier.

Sympathieträger und Wahrzeichen sogleich: Seit den 30er Jahren bis zu seinem Tod zeichnete Georges Prosper Remi alias Hergé die Comicfiguren „Tim & Struppi“. Die Figuren des Brüsselers werden um Tränen oder Sprüche ergänzt und symbolisieren die Trauer der Social Media Nutzer.

Auch an die Anschläge von Paris wird erinnert. Was aber fehlt: Kaum ein Nutzer färbte sein Profilbild in Schwarz-Gelb-Rot.  Vielleicht auch deshalb, weil Facebook dieses Feature seinen Mitgliedern (bisher) nicht zur Verfügung gestellt hat.

Facebook schaltete – genauso wie in der Nacht der Paris-Anschläge – seine Sicherheitsprüfungsfunktion frei, die erstmals 2011 in Japan in Zusammenhang mit dem Tsunami eingerichtet und 2014 als Feature eingeführt wurde: Nutzer, die sich in den von Anschlägen oder Umweltkatastrophen betroffenen Ländern aufhalten, können ihre Freunde per Statusmeldung wissen lassen, dass sie in Sicherheit sind. Nach den Attentaten in Ankara und Istanbul war diese Funktion nicht verfügbar.

  Die Reaktionen auf die Anschläge von Brüssel sind weniger von Sprachlosigkeit geprägt. Vielmehr machen sie sehr deutlich, dass sich die Nutzer nicht vom Terrorismus einschüchtern lassen wollen. Social Media Nutzer auf der ganzen Welt zeigen neben Trauer auch ganz besonders ihre Wut.

„Le Petit Julien“ ist eine 61 cm hohe Brunnenfigur an einer Straßenecke in Brüssel, besser bekannt ist sie als „Manneken Pis“. Was nach den Anschlägen auf die „Charlie Hebdo“-Redaktion und einen jüdischen Supermarkt im Januar der Bleistift und im November nach Paris der Eiffelturm war, ist jetzt das Manneken Pis. Sowohl auf Twitter, als auch auf Facebook wurden Bilder der Statue per Photoshop bearbeitet. Eines haben alle Bilder gemeinsam: Der „kleine wasserlassende Mann“ uriniert auf den Terrorismus oder Attentäter und zeigt somit deutlich, was er von jenen hält.

Weniger Wut beinhaltet das Hashtag, das einen Tag nach den Anschlägen viral geworden ist: #aufdieliebe. Auf die stoßen Nutzer an, filmen sich dabei, wie sie einen Schnaps trinken und stellen das Video als stillen Protest auf die Social Media Kanäle. Ihr Motto: „Keine Angst. Kein Hass. Kein Terror.“

Es gibt aber auch kritische Stimmen, die erneut hinterfragen, warum die westlichen Medien die Anschläge von Brüssel fokussieren. Die Reaktionen und Sympathiebekundungen bei den Anschlägen von Paris und Brüssel seien viel merklicher, als bei den jüngsten Anschlägen von Ankara und Istanbul.

Schon kurz nach den Anschlägen am Dienstagvormittag warnten viele Nutzer davor, eine Verbindung zwischen den Anschlägen und Flüchtlingen herzustellen. Aus Angst, dass die Anschläge nun rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien und ihrer Flüchtlingspolitik in die Hände spielen könnten, posteten viele Nutzer Bilder aus dem Flüchtlingslager bei Idomeni: Flüchtlinge dort verurteilen die Anschläge. Besonders ein Foto eines Jungen, der ein Blatt mit der Aufschrift „Sorry for Brussels“ hält, verbreitete sich bei Twitter.

Auch andere Reaktionen aus der Offline-Welt wurden in den Kanälen dokumentiert und verbreitet. Die Wahrzeichen vieler europäischer Städte wurden noch am selben Tag in Belgiens Landesfarben eingefärbt.

Einen Tag nach den Anschlägen trafen die Menschen am Place de la Borse zusammen und gedachten der Opfer. Die Bilder gingen via Social Media um die Welt.

Am selben Platz wurden Kreiden herumgereicht. Einwohner und Besucher Brüssels konnten ihre Botschaften gegen Krieg und Terror hinterlassen.