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Rollenwechsel

Auf Skateparks in der ganzen Welt trifft man überwiegend Dudes – außer in Afghanistan: Dort bringt eine NGO Mädchen und Jungs das Skaten bei und zum Aufwärmen Lesen und Schreiben

Junge Skaterinnen in Afghanistan

Als der Australier Oliver Percovich die ersten Male mit seinem Skateboard durch Kabuls Straßen rollte, wurde er jeden Meter von afghanischen Kindern angesprochen. Er ließ sie auch mal probieren, zeigte ihnen ein paar Tricks, nahm beim nächsten Mal gleich zwei Bretter mehr mit. Die erste Rampe: ein ausgetrockneter Brunnen.

Heute, über zehn Jahre später, skaten jeden Tag Hunderte afghanische Mädchen und Jungs in Kabul – in ihrer eigenen Skatehalle. Finanziert wurde sie durch Spenden, die Percovichs NGO Skateistan sammelte. 2007 hat er sie gemeinsam mit Freunden gegründet. Heute zählt sie über 100 Angestellte.

Die NGO versucht, Jungs und Mädchen im Alter von 5 bis 17 Jahren von den Straßen zu holen und sie weiterzubilden. Dafür gibt es vier verschiedene kostenlose Programme. In „Skate and Create“ wird eine Stunde geskatet und eine Stunde gelernt, zum Beispiel über Menschenrechte, Ernährung oder Umwelt. Das „Back to School“-Programm, das vom afghanischen Bildungsministerium begleitet wird, hat zum Ziel, dass sich Kinder aus ärmeren Familien anschließend (wieder) an einer öffentlichen Schule einschreiben können. Dazu nehmen die Schüler und Schülerinnen ein Jahr lang an fünf Tagen die Woche das reguläre Schulprogramm durch. Oft geht es aber in erster Linie einfach darum, Lesen und Schreiben zu lernen: Analphabetismus ist in Afghanistan weit verbreitet, vor allem junge Frauen können meistens nicht lesen und schreiben.

Nicht alle finden das Projekt gut. Oliver Percovich hat schon mehrere Morddrohungen bekommen. Bisher konnte die NGO Auseinandersetzungen aber immer schlichten, sagt Jessica Faulkner von Skateistan. „Wir fragen die Community vor Ort, welche Programme sie für ihre Kinder wollen, und versuchen, diese dann anzubieten.“ Den Hauptsitz hat die spendenfinanzierte NGO aber mittlerweile nicht mehr in Kabul, sondern in Berlin. „Es machte einfach Sinn, eine internationale Base zu haben“, sagt Faulkner. Inzwischen gibt es nämlich neben dem Ableger in der afghanischen Stadt Masar-e Scharif auch eine Skateschule in Kambodscha und eine in Südafrika.

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