Schon als Kind wurde uns erzählt, dass Rauchen schlecht ist. Man bekommt Lungenkrebs und schlechte Haut, man nervt die Leute mit Qualm und schlechtem Atem. Natürlich gibt es dennoch Raucher in Ghana, aber man sieht sie nur selten. Wer in Ghana raucht, tut das lieber im Verborgenen. Dabei ist es in manchen Bars und Pubs nicht mal verboten, aber wer sich dort tatsächlich eine ansteckt, wird keinen Spaß haben. Zu viele Leute werden sich beschweren und fragen, ob man noch alle Tassen im Schrank hat.

Hier hingegen sehe ich überall Raucher. Die Menschen qualmen andauernd, außer im Bus oder im Zug. Ich habe hier so viele Zigarettenstummel herumliegen sehen, dass ich schon überlegt habe, sie aufzusammeln und ein Kunstwerk daraus zu machen.

Da gelten die Deutschen als superkorrekt und gewissenhaft, und dann ist es ihnen völlig egal, ob sie ihre Gesundheit ruinieren

Als in Ghana das Rauchen in der Öffentlichkeit verboten wurde, gab es so gut wie keinen Widerstand. Irgendwie haben alle eingesehen, dass es Nichtrauchern nicht zuzumuten ist, wenn man sie vollqualmt. Hier scheint das niemanden so recht zu kümmern. Selbst in den Parks, wo ich am liebsten bin, wird ziemlich viel geraucht. Und nicht nur von Männern wie bei uns, auch viele Frauen und Jugendliche sieht man mit Kippe in der Hand. Warum kann ich hier nicht auf dem Bürgersteig gehen, ohne Rauch einzuatmen? Ich werde richtig traurig, wenn ich junge Paare sehe, die rauchend einen Kinderwagen vor sich herschieben. Diese Kinder werden schon zu Mitrauchern gemacht, bevor sie sich selbst entscheiden können, ob sie sich das antun wollen.

Irgendwann habe ich den Rauch überall gerochen und mich gefragt: Was ist los mit den Deutschen? Da gelten sie in aller Welt als superkorrekt und gewissenhaft, und dann ist es ihnen völlig egal, ob sie ihre Gesundheit ruinieren. Wie können in einer gebildeten Gesellschaft so viele Menschen wissenschaftliche Erkenntnisse einfach ignorieren? Als ich neulich in einem Krankenhaus war, standen vor der Tür Patienten in Bademantel und Schlappen und zündeten sich eine an. Sogar ein Arzt war darunter, der gerade Pause machte und sie nutzte, um eine Zigarette zu qualmen. Ich frage mich, wie viel Geld die Menschen für diese Angewohnheit ausgeben, und vor allem: wie hoch die Kosten für das Gesundheitssystem sind.

Neulich hat mir ein Freund erzählt, dass es früher viel schlimmer war. Dass die Menschen rauchend in Talkshows saßen, im Zug oder im Flugzeug. Ich bin sehr froh, dass ich erst jetzt nach Deutschland gekommen bin.

Agomo Atambire ist 27 Jahre alt und kommt aus Ghana, wo er in der Hauptstadt Accra Biotechnologie studiert hat. Zurzeit absolviert er ein sechswöchiges Praktikum in der Redaktion von fluter. Anschließend möchte er seinen Master machen, eventuell auch in Deutschland. 

Teil 1: Ein Mann sieht grün – Über Bäume, Pflanzen und CO2
Teil 2: Hartes Brot – Verwunderung über Essgewohnheiten
Teil 4: Hier war der Terror – an den Orten der Nazis in Berlin
Teil 5: Love ist all around me – Küssen in der Öffentlichkeit

Teil 6: Korrekt gefeiert – Über Festivals, Müll und Dreadlocks

Übersetzung: Oliver Gehrs

Foto: Leon Reindl