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Fünf Games, die dich auf dein nächstes Tinder-Date vorbereiten

Dating, Zärtlichkeit oder Sexual Consent suchte man in Games lange vergeblich. Aber das ändert sich gerade

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Dont make love

In Videospielen kam Dating lange nur am Rande vor. Wenn es doch mal um Romanzen ging, waren die Darstellungen meist wenig divers und verstanden Sex und Liebe vor allem als Belohnung für ein erfolgreich abgeschlossenes Level. So konnten sich Spieler*innen beispielsweise die Zuneigung eines NPC („non-playable character“, also einer Figur, die sich der direkten Kontrolle entzieht) durch bestimmte Güter oder die richtigen Tastenkombinationen erkaufen. Nicht selten musste ein Prinz eine hilflose Prinzessin retten, eine sogenannte „Damsel in Distress“.

Doch es tut sich etwas: Immer mehr Spiele versuchen, zwischenmenschliche Beziehungen in ihrer ganzen Komplexität darzustellen. Diese fünf Games zeigen Liebe in ihrer Vielfalt – und können als Vorbereitung auf das nächste Tinder-Date nicht schaden.

„Undertale“ – Flirten, um zu überleben

Videospiele sind voller Hindernisse. Die gängigste Methode, die zu überwinden, ist, sie zu bekämpfen. „Undertale“ unterwandert dieses Prinzip: Als Spieler*in übernimmst du die Rolle von Frisk, der menschlichen Hauptfigur, die zu Beginn in eine Unterwelt voller Monster fällt. Nun hast du die Wahl, ob du diese Monster als Freund*innen, Flirts oder als Bedrohung wahrnehmen willst. Zuneigung und Zärtlichkeit werden so Teil der Spielmechanik, zu einer von zwei Arten, „Undertale“ zu spielen. Es ist dir überlassen, ob LV (Level) für „Love“ oder „Level of Violence“ steht. Letzteres wäre aber schade, schließlich ist die Pixelunterwelt voll von queeren Charakteren, die kennenzulernen sich lohnt. Wie auch in der analogen Welt ist es dabei für die NPC oft nicht so leicht, beim Flirten die richtigen Worte zu finden. Umso schöner ist beispielsweise der Moment, wenn du zwei Wachen dabei helfen kannst, ihre Gefühle füreinander auszudrücken: „I like, LIKE you, bro!“, bricht es irgendwann aus ihnen hervor.

„Undertale“ von Toby Fox (2015, für PC, MAC, Linux, Nintendo Switch und PlayStation 4, 9,99 Euro)

„Dream Daddy“ – Er, alleinerziehend, sucht das perfekte Dad-Date

„Dream Daddy“ wird als „Dad Dating Simulator“ angepriesen. Das Spiel gehört zum Genre der „Visual Novel“, einer Art interaktivem Roman. Darin bist du als alleinerziehender Vater gerade mit deiner Teenagertochter Amanda in eine neue Gegend gezogen, in der zufällig auch sieben sehr attraktive andere Dads wohnen. Zwischen Dad-Jokes und Minispielen verhandelt „Dream Daddy“ Themen rund um Dating und Familienkonstellationen abseits der heteronormativen Kernfamilie. Schon bei der Gestaltung deines Avatars kommen trans Identität, Bisexualität, Adoption und der Verlust eines Elternteils oder einer Partner*in ganz selbstverständlich vor. Die Dads sprechen offen über ihre Ängste und unterstützen sich gegenseitig bei der Elternschaft. Beim Daten hat jeder Dad seine eigenen Vorlieben und Bedürfnisse: Geht ihr gemeinsam auf ein Bier oder auf ein Konzert? Prahlst du mit den Zeugnissen deiner Tochter? Gefällt dem Dad deine Antwort, regnet es Herz- und Auberginen-Emojis. Zugegeben, ganz so einfach ist Daten im echten Leben nicht. Aber genau deshalb macht es ja so Spaß, den Dads beim unkomplizierten Flirten zuzusehen.

„Dream Daddy“ von Game Grumps (2017, für PC, MAC, Linux, Nintendo Switch und PlayStation 4, 14,99 Euro)

„Triad“ – Passen drei Personen in ein Doppelbett?

In diesem Minigame von Anna Anthropy, der Queen queerer Indie-Games, musst du drei Liebhaber*innen (und eine Katze) in einem Doppelbett unterbringen. Das kleine Puzzle geht humorvoll auf Probleme polyamorer Beziehungen ein und stellt sie angenehm alltäglich dar. Wer schnarcht, wer rollt unkontrollierbar auf der Matratze herum, und wer beansprucht die Bettdecke nur für sich? Heißer Sex ist also nicht das Thema von „Triad“ – eher die Frage, was danach passiert.

„Triad“ von Anna Anthropy und Leon Arnott, Musik von Liz Ryerson (2015, für Windows und MAC, kostenlos)

„Don’t Make Love“ – Let’s talk about Konsens

Wem „Triad“ zu kurz angebunden ist, sollte es mit „Don’t Make Love“ probieren: Hier wird ausführlich kommuniziert. Im Mittelpunkt steht ein verliebtes Hetero-Gottesanbeter*innenpaar (ja, genau, die Insektenart), das sich am Scheidepunkt seiner Beziehung befindet. Die beiden hätten gerne Sex, fürchten aber, das Weibchen könne seinen Instinkten folgen und dem Männchen den Kopf abbeißen. Welche Seite du dabei spielen möchtest, ist dir überlassen. Mit einem Chatbot, der den jeweils anderen Part einnimmt, wägst du die Konsequenzen deines sexuellen Handelns ab, besprichst Ängste und definierst eure Vorstellungen von Nähe und Distanz. Vorgefertigte Antworten gibt es dabei nicht, du kannst deine Entgegnungen selbst formulieren. Wie das Spiel ausgeht – ob ihr Sex habt oder nicht und was das für eure Beziehung bedeutet –, hängt ganz von dir und dem Chatbot ab. Ein Durchgang dauert etwa eine halbe Stunde, aber anders als beim analogen Dating hast du hier unbegrenzt viele Versuche.

„Don’t Make Love“ von Maggese (2017, für PC, 3,99 Euro)

„Genderwrecked“ – Wenn Monster poetisch werden

In der Visual Novel „Genderwrecked“ begibst du dich auf eine Held*innenreise über eine aus Schriftzeichen bestehende Inselgruppe – immer mit der Frage im Hinterkopf, was es mit dem Begriff „Gender“ eigentlich auf sich hat. Dabei triffst du auf Monster, die in ganz unterschiedlichen Aggregatzuständen daherkommen: Manche scheinen flüssig zu sein, manche fest, manche gasförmig. Die Bandbreite der Identitäten ist – so wie ja auch im analogen Leben – groß: Sie reicht von stacheligen Baumgestalten bis zu lodernden Feuerballwesen. Mit ihnen kannst du reden, knutschen und kämpfen. Sie antworten dir auf deine Fragen zu Genderthemen, werfen dabei aber auch immer wieder neue auf, so poetisch sind ihre Antworten. Sie sprechen über ihre Familien- und Beziehungskonzepte, über Fremd- und Selbstakzeptanz, und manchmal bitten sie dich auch, ihnen bei der Suche nach den richtigen Pronomen zu helfen.

„Genderwrecked“ von Ryan Rose Aceae und Heather Robertson (2018, für PC, MAC und Linux, 6 Euro)

Fotos: Screenshots

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