Wenn in den USA ein Präsident gewählt wird, ist das für den Rest der Welt immer noch von Bedeutung. Und zumindest hier in Europa ist die Spannung über den Ausgang groß wie lange nicht. Das Erbe der Ära Bush wiegt schwer. Der Krieg gegen den Terror, die Invasion Iraks, aber auch Ereignisse wie der Umgang mit Wetterkatastrophen oder der Kollaps am Finanzmarkt zeigen drastisch, dass da einiges nicht stimmt. Die USA sind ein tief gespaltenes Land im Übergang – so wie in den vergangenen Jahren kann es nicht weitergehen, aber wie genau es weitergehen soll, darüber wird nicht nur im Wahlkampf gestritten werden. Trotz aller Probleme ist der Freiheitsmythos der USA lebendig, die Größe des Landes und die Vielfalt der Kulturen faszinieren Millionen von Menschen. Allein zwischen 2000 und 2007 lockte der Traum vom »American Way of Life« mehr als zehn Millionen Einwanderer in die USA. Die Vereinigten Staaten sind Integrationsweltmeister.

Beispielgebend ist auch das private Engagement der Amerikaner. Sie nehmen ihr Schicksal viel mehr als wir selbst in die Hand – unzählige Gruppen schließen sich in Vereinen und Netzwerken zusammen. Zu jedem Problem gibt es widerstreitende Initiativen, um es zu lösen. Alles Gründe, warum in diesem Schuljahr wieder 30 000 Austauschschüler aus der ganzen Welt das Land der unbegrenzten Möglichkeiten selbst erleben wollen. fluter unternimmt einen Streifzug durch dieses ebenso faszinierende wie widersprüchliche Land. Wenn es lediglich um einen Bruchteil des gigantischen Rüstungsetats geht, kann es schon mal passieren, dass ein kleinkrimineller Jugendlicher einen 300-Millionen-Dollar-Auftrag bekommt. Die Kehrseite des Internets und Web-2.0-Fortschritts ist die permanente und allgemeine Überwachung. Der Mythos von der Eroberung des weiten leeren Landes durch mutige Männer und Frauen, die ihr Schicksal und das Recht in die eigene Hand nehmen, blendet die massenhaften Verbrechen an den Indianern aus. Ebenso die unheimlichen Konsequenzen des Festhaltens an der Todes strafe, wenn Rechtsirrtümer den Staat zum Mörder machen können. Und doch wird niemand Präsident, der sich offen gegen die Todesstrafe ausspricht. 
 
»Change« ist nicht nur das Generalthema im US-Wahlkampf. Auch in unserem Heft hat sich einiges geändert: neues Team, neue Rubriken und neues Layout. Dies ist die erste Ausgabe, die wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Dummy Media aus Berlin gestaltet haben. Wie gefällt euch das neue fluter-Gesicht? Wir freuen uns auf euer Feedback im Forum auf fluter.de.

Thorsten Schilling