Eine Zeitlang hieß Manchester nicht Manchester, sondern Madchester. Das war um 1990, als aus einer Mischung aus Independent, Psychedelia und elektronischer Musik ein Stil entstand, der Rave genannt wurde – in Anlehnung an die meist illegalen Partys, die ab 1988 im Freien stattfanden. Bis Mitte der 80er dominierten in Manchester Bands wie The Smiths und New Order. Als in der Haçienda, dem Club, der auch vom Label Factory Records finanziert wurde, um 1987 House aus Chicago lief und die Droge Ecstasy populär wurde, veränderte sich auch die Musik. Bands wie die Happy Mondays oder The Stone Roses verbanden Dance-Rhythmen mit euphorischen Pianoloops und hypnotischen Gitarrenläufen. Wichtig war, nicht wie die Musik aus London zu klingen. Als 1997 die Haçienda schloss, war der nächste Hype schon längst am laufen: Britpop.

Top Ten Manchester von Heiko Hoffmann, Chefredakteur des Musikmagazins Groove
 und regelmäßiger Besucher in der Haçienda

1. Stone Roses: „Fool’s Gold“

Die Stone Roses verkörperten wie kaum eine andere Gruppe den Prototyp der Madchester-Szene: Indie-Bands, die plötzlich Dance-Musik machen. Wie in diesem Fall von 1989: Neun Minuten Wahwah-Gitarren-Irrsinn zum Groove-Loop.

2. Happy Mondays: „Step On“

Wie auch schon Joy Division wurden die Happy Mondays von Tony Wilson für sein Label Factory Records entdeckt. In seinem Club Haçienda waren die Happy Mondays quasi die Hausband. In ihrem Hit „Step On“ – einer Coverversion von John Kongos – kombinierten sie mit Hilfe des DJ-Produzenten Paul Oakenfold Funk, Psychedelia, Gitarren-Rock und Dance-Beats. Eine Zeitlang wurde dieser Stilmix, in Anspielung an den Kleidungsstil der Szene, auch baggy genannt.

3. My Bloody Valentine: „Soon“ (Andy Weatherall Remix)

Mit der Madchester-Szene hatte My Bloody Valentine zwar nichts zu schaffen: Aber dieser Remix von Andy Weatherall wurde zu einem der größten Clubhits der Szene – er sampelt übrigens Westbams „Alarm Clock“ aus demselben Jahr: 1990.

4. The Farm: „Stepping Stone“ (Terry Farley Remix)

Auch bei diesem Song stellte der Remix das Original in den Schatten. Verantwortlich dafür war Terry Farley, der mit Andy Weatherall auch das Fanzine und Label Boy’s Own betrieb. Und wieder wurde dafür ein Dance-Hit aus Deutschland gesampelt: „The Power“ von Snap.

5. Northside: „Shall We Take A Trip“

Viele der erfolgreichsten Madchester-Songs stammten von sogenannten One-Hit-Wonders wie den Mock Turtles, Soup Dragons oder eben North Side. Die Verherrlichung eines LSD-Trips brachte „Shall We Take A Trip“ auf den Index der BBC.

6. The Charlatans: „The Only One I Know“

Dieser größte Hit der Charlatans basiert auf einem Orgelmotiv von Deep Purples „Hush“. Und es existiert auch eine gemeinsame Coverversion von Robbie Williams und Mark Ronson von „The Only One I Know“.

7. Inspiral Carpets: „This Is How It Feels“

„This Is How It Feels“ war 1990 erste Charts-Hit für die Inspiral Carpets. Damals arbeitete noch Noel Gallagher – später Oasis – als Roadie bei der Band aus Manchester.

8. James: „Sit Down“

Eine Zeitlang waren James mindestens so bekannt für ihre T-Shirts mit Blumenmotiven wie für ihre Musik. Das änderte sich mit „Sit Down“, das nur knapp Platz eins der britischen Charts verfehlte.

9. Paris Angels: „Perfume“

Diese siebenköpfige Gruppe aus Greater Manchester um Sängerin Jane Gill veröffentlichte nur ein Album. Darauf zu hören auch dieser schöne Snythie-Pop-Hit „Perfume“.

10. Flowered Up: „Weekender“

1992 war die Zeit der Madchester-Szene eigentlich fast schon vorbei, und Britpop stand vor der Tür. Flowered Up aus London vertonten auf dieser 13 Minuten langen Single ein Ecstasy-angereichertes Wochenende der 48-Hour-Party-People.