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Über den Hass auf Cristiano Ronaldo

Eine kuriose Welle des Hasses habe sich während der EM über Cristiano Ronaldo entladen, schreibt David Hugendick auf der Internetseite des „Zeit-Magazins“. Man habe Ronaldo zur Witzfigur runtergeredet und runtergepostet – weil ihm kein Freistoßtor gelungen sei, weil er als Weltfußballer angeblich doch gar nicht so weltbewegend spielte, weil er bei Missgeschicken wütend aufstampfte und sich zu sehr freute, wenn etwas gelang. Zum Beispiel indem er sich dann popstarmäßig in Pose warf. Ronaldo als Symbol für den modernen kommerzialisierten Plastikfußball? Alles Quatsch, findet der Autor und traut dem Portugiesen sogar eine Wiederbelebung eben jener Fußballideale zu, mit deren Verrat ihn so viele assoziieren. Die Gegenthese von Hugendick lautet: Was wir da sehen, ist womöglich genau die Authentizität „echter Typen“, die heute im Fußball immer alle so schmerzlich vermissen. Man müsse Ronaldo nur als Spieler betrachten, der sich das Kindliche bewahrt habe, mit allen Emotionen im Superlativ – und ebenso unfähig zu Selbstironie wie Kinder.

Das echte Drama des hochbegabten Fußballkindes

Über Fluch und Segen von YouTube für die Musik

Hätte, hätte, Verwertungskette: YouTube hat viel durcheinandergewirbelt in der Medienwelt, besonders auch die Musikbranche – aber es ist nun einmal in der Welt. Zurückdrehen lässt sie die Geschichte nicht, die YouTube in den 10 Jahren seit seiner Gründung geschrieben hat. Dennoch widmet sich das amerikanische „Magnetic Magazine“ noch einmal der grundsätzlichen Frage, ob es nun eher gut oder eher schlecht ist, dass die meiste Musik und die dazugehörigen Videos heute kostenlos auf YouTube gehört und gesehen werden können. Das Ergebnis vermag nicht zu überraschen: Es hat seine Vor- und Nachteile – seine A- und seine B-Seite sozusagen. Aber der Text im „Magnetic Magazine“ gibt einen guten Überblick über die wichtigsten Argumente sind.

Perhaps YouTube has made music less a matter of who you know and more a matter putting your talent out there

Über den designierten britischen Außenminister

Der Politiker Boris Johnson ist eine eher umstrittene Figur, gerade im Zusammenhang mit dem Brexit-Referendum hat er für erhebliche Kontroversen gesorgt. Als die neue britische Premierministerin Theresa May dann am vergangenen Mittwoch ankündigte, Johnson zum neuen Außenminister Großbritanniens machen zu wollen, war daher die Verwunderung vieler Kommentatoren groß. Nicht unbedingt, weil der als ehemaliger Bürgermeister von London und führender Kopf der Out-Kampagne über wenig außenpolitische Erfahrung verfügt. Auch andere vormalige Innenpolitiker haben auf dem diplomatischen Parkett einen Kaltstart hingelegt und sich dann bewährt. Aber für Johnson könnte es dort besonders rutschig werden, heißt es in dem Artikel „Der undiplomatische Chefdiplomat“ in der Neuen Zürcher Zeitung. Denn es gebe kaum einen führenden Kopf in der Weltpolitik, den Johnson noch nicht beleidigt habe. Dann werden einige Beispiele zitiert.

Der undiplomatische Chefdiplomat

Über den heimlichen Sieg von Bernie Sanders

Warum hat es eigentlich nach dem Ende der Vorwahlen in den USA noch ungefähr einen Monat gedauert, bis Bernie Sanders sich schließlich an die Seite seiner parteiinternen Konkurrentin Hillary Clinton gestellt hat? So lange hatte sich Sanders bei Nachfragen nämlich auf die Formel verlegt: „Ich werde alles tun, um Donald Trump als Präsidenten zu verhindern.“ Nach Einschätzung von John Cassidy vom „New Yorker“ war das die ganze Zeit nur ein Code für: „Ich unterstütze nun Hillary“. Aber warum hat Sanders das dann nicht gleich gesagt? Nach Einschätzung des Autors tat er das deshalb nicht, weil er Hillary Clinton erst mal noch Zugeständnissen an sein deutlich weiter links verortetes politisches Programm abringen wollte. Und das habe er nun, in einigen wichtigen Themenfeldern, vom Gesundheitssystem bis zur Todesstrafe, auch erreicht.

It’s fair to say that the Clinton campaign and our campaign are coming closer and closer together

Über die Frage nach der Wahrheit im Netz

„How technology disrupted the truth“, so lautet die Überschrift über einem Artikel des englischen „Guardian“. Und dieser Beitrag erscheint über den Verdacht, mit irgendeiner Sensation nur mal schnell möglichst viele Klicks generieren zu wollen, doch recht erhaben. Man muss sich für diesen langen und profunden Text schon etwas Zeit nehmen, wird aber belohnt. Mit tieferen Einsichten in die Mechanismen des Umgangs mit der Wahrheit im Netz. Die habe als Währung nämlich eine grundstürzende Abwertung erfahren, heißt es dort. Dass Nachrichten nach der Logik der Filterblase immer mehr über soziale Medien ausgeliefert und dann geteilt werden, erschüttere nicht nur den Journalismus ins Mark, es gefährde den Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft – so die These des Textes. Und dafür werden eine Menge Argumente und Beispiele geliefert: über die Kampagne der Brexit-Befürworter, die es – laut Text – mit den Fakten nicht so genau nahmen, bis hin zu sogenannten Newsfarmen, die gezielt sensationelle Falschmeldungen verbreiten, um Klicks zu generieren und Werbetreibende anzuziehen.

Social media has swallowed the news. But the consequences go far beyond journalism

SCHAUEN

Das Leben mit dem Terror

Wieder gab es einen furchtbaren Anschlag in Frankreich.  Terror erscheint immer mehr als etwas, womit Europa rechnen muss . „Leben mit dem Terror“ – so lautet die Überschrift eines Online-Themenschwerpunkts von Arte. In vier Dokumentarfilmen hat sich der französisch-deutsche Kultursender mit der Frage befasst, wie dem Terrorismus Einhalt geboten werden kann. In dem dazugehörigen Dossier geht es um Fragen wie: Was treibt junge Europäer in die Arme des IS?  Welche Mittel stehen dem Staat zur Verfügung, um seine Bürger zu schützen?

Politik und Gesellschaft suchen nach Lösungen, um dem Terror und den Terroristen zu begegnen

Wie man Diskriminierung in den USA auch auf den Punkt bringen kann

Ein Video von einer Veranstaltung der Organisation „Occupy Democrats“, die 2012 als Gegenbewegung zu konservativen Tea-Party gegründet wurde, zeigt eine Frau im fortgeschrittenen Alter, der es gelingt, durch eine einzige Frage an ein vorwiegend Weißes Publikum das Problem des Rassismus in den Vereinigten Staaten sichtbar zu machen. Ihre Forderung: Wer hier im Raum genauso behandelt werden will wie Schwarze Menschen in den USA, soll bitte aufstehen. Keiner steht auf – ein Eingeständnis, dass sich jeder des Rassismus im Land bewusst sei, schlussfolgert die ältere Dame.

White audience left speechless about a brilliant question about race

Warum gute Freunde jetzt manchmal Regenbögen kotzen

Wenn die Freundin im Livebild bei Snapchat plötzlich Baby-Kulleraugen hat und einen Regenbogen ausspuckt oder wenn einen der Kumpel mit Hundeschnauze und hängender Hundezunge vom Screen anblickt, dann nennt man das „Augmented Reality“. Wer im Smartphone-Zeitalter groß geworden ist, nimmt diese Dinge, wie sie gerade auf den Bildschirm kommen. Doch es würde sich lohnen, genauer hinzusehen, was für eine Art von Technik dahintersteht und wer damit eigentlich Geld verdienen will. Beides wird in einem sehenswerten Video von Voxcom erklärt. So viel schon einmal vorweg: Produktnamen direkt im Gesicht unserer besten Freunde zu platzieren, damit wir die Werbung endlich wieder richtig wahrnehmen, ist aus Sicht der Werbeindustrie natürlich eine sehr plausible Idee. Übrigens geht es da um eine Technologie zur Gesichtserkennung, über deren Einsatz auf einer großen russischen Social Media-Plattform wir schon in dem Artikel „Der digitale Gesichtsverlust“ berichtet haben.

Snapchat filters: the engineering behind augmented-reality selfies

HÖREN

Wie man echte Vinyl-Kompetenz aufbaut

Nicht auszuschließen, dass der Artikel „Unter Erbsenzählern“ in unserem  Special Musik & Markt manche ein wenig verunsichert zurückgelassen hat: Wie soll ich mich das nächste Mal im Plattenladen denn bloß verhalten, um als echter Sammler durchzugehen und nicht nur als „Mitkommer“? Der australische Podcast „Vinyl Guide“ von Nat Goyer, einem erklärten Vinyl-Maniac, ist eine Möglichkeit, in Vinyl-Fragen künftig noch souveräner Spur zu halten. Jede Woche gibt es ein Audiofeature über eine Lieblingsplatte des Moderators, der davon nach eigenen Informationen 1500 Stück besitzt – mit Bandinterviews, biografischen Porträts der Musiker und einer Menge Insiderwissen zum Übernehmen und Angeben. Damit auch du in Zukunft eine Pressung von der anderen unterscheiden kannst. In der aktuellen Sendung geht es um die Punkrock-Legende Tesco Vee (The Meatmen).

The Vinyl Guide Podcast with Nate Goyer#

Foto: Renke Brandt