Jens-Uwe Heins, 
47, Tierfilmer

„Ich empfinde meinen Beruf als Privileg. Wenn ich nach einer Reise im dunklen Schneideraum sitze und die Geräusche höre, dann muss ich nur die Augen schließen und bin wieder dort – zum Beispiel im Regenwald. Durch unsere Filme hat man eine falsche Vorstellung. Denn wenn man dort hinkommt, dann sieht man erst einmal gar nichts – alles ist einfach nur grün. Doch wenn man sich ein bisschen auskennt, kennt man die Parzellen und Lichtungen, zu denen alle Tiere kommen. Denn dort gibt es Salz, das für die Haare und die Knochen wichtig ist. Da sind Elefanten, Antilopen und Gorillas. Es ist einfach toll das anzusehen, wir nennen das immer die Urwaldapotheke.

Doch für mich sind der Regenwald oder die Serengeti nicht schöner als Deutschland, ich filme auch gern die einheimische Natur. Denn es geht auch darum, neugierig zu machen. Es gibt Menschen, die reisen viel herum. Die kennen in Afrika jeden Löwen mit Namen, haben dann aber von der einheimischen Natur überhaupt keine Ahnung und haben noch nicht einmal eine Kuh gesehen. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, denen ist das Interesse schon verloren gegangen. Sie gehen mit ihren Kindern manchmal in den Zoo. Die Kinder stellen dann Fragen, und die Eltern sind zu faul, auf das Schildchen zu gucken, und erzählen dann irgendetwas Falsches – das habe ich selbst schon erlebt. Wobei ein Zoo natürlich auch kein Naturverständnis vermitteln kann. Aber immerhin hat man dort einmal viele verschiedene Tierarten kennengelernt. 

Die Neugierde zu wecken ist auch deshalb wichtig, weil ich ein großes, weltweites Problem auf uns zukommen sehe. Uns geht nämlich allmählich der Platz aus, oder besser gesagt: der Natur. Ich habe wirklich die große Befürchtung, dass die letzten Paradiese kaputtgehen. Das hat zum einen ganz sicher mit dem Bevölkerungswachstum und der steigenden Nachfrage nach Rohstoffen zu tun. Die Holzpreise steigen ja zurzeit ganz erheblich. Wenn man über Sibirien fliegt, dann kann man von oben riesige Schneisen sehen, die in den Wald geschlagen wurden. Die gab es vor einigen Jahren noch nicht. Und in Indonesien wird Regenwald abgeholzt, um Ölpalmen anzupflanzen – für Biosprit!

Es gibt überall Beispiele für das Platzproblem, auch in Afrika. Wir glauben immer, nur bei uns sei es eng, dabei geht das anderen genauso. In den letzten Jahren haben sich in vielen Regionen Afrikas die Elefanten wieder unheimlich vermehrt. Das Problem ist, dass sie sehr viel fressen und dadurch anderen Tieren die Lebensgrundlage entziehen. Nun sind in den vergangenen Jahren wegen des Bürgerkriegs viele Elefanten aus Angola abgewandert, sie leben nun in Südafrika, quasi in Flüchtlingslagern. Dann steht in Deutschland in der Zeitung: Elefanten sollen wieder geschossen werden, und viele sind empört. Die haben das Problem nicht verstanden. 

Gerade bin ich in Syrien unterwegs auf der Suche nach Weißstörchen. Seit ich das letzte Mal hier war, sind viele Feuchtgebiete trockengelegt worden. Dafür gibt es nun riesige Baumwoll- und Getreidefelder und für die Störche immer weniger Plätze, auf denen sie sich niederlassen können. Und jeder Zweite steht in diesem Land leider mit einer Knarre rum und erschießt die Vögel. 

Doch das geschieht auch in Italien, in den Pyrenäen oder in Griechenland, obwohl wir in der EU Gesetze haben, die das eigentlich verbieten. Wir sollten also erst mal vor der eigenen Haustür schauen.“

Ylva Schuberth, 
31, Astronomin

„Als ich das erste Mal durch ein Teleskop schaute, war ich zehn Jahre alt. Der Lehrer hat uns die Nachbargalaxie unserer Milchstraße gezeigt. Sie ist mit bloßem Auge nur mit Glück zu sehen, aber mit dem einfachen Teleskop konnte man schon einiges erkennen. Das hat mich total begeistert. Was ich jetzt mache, ist, grob gesagt, optische Astronomie. Das Schönste ist natürlich, durch ein Fernrohr zu gucken, aber die lichtschwächsten Objekte kann man so nicht sehen. Daher verbringe ich die meiste Zeit am Computer. Die Natur in Form der Sterne kommt für mich also oft als profane digitale Datei daher.

Während eines Uniaustauschs war ich schon mal in Australien – anderthalb Wochen bei einer Beobachtungskampagne mit einer Forschergruppe. Schon die Hinfahrt war spektakulär. Das Observatorium liegt am Rand der Wüste auf einer Hügelkette in 1200 Meter Höhe. Von dort aus sieht man hinunter in die Ebene und weiß, sie erstreckt sich noch 3000 Kilometer bis Perth, ohne größere Erhebungen. Die nächste Stadt ist 30 Kilometer entfernt. Die Gegend ist sehr schön, mit viel Vegetation. Eigentlich ist das gar nicht so praktisch für Astronomen: Am besten, die Teleskope stehen in trockenen Gegenden auf hohen Bergen, damit in der Luft möglichst wenig Wasserdampf ist. Stattdessen habe ich dort den dicksten Nebel erlebt. Wir saßen wie in einer Wolke, einer weißen Wand. 

Der Anblick des Nachthimmels hat Menschen aller Kontinente, Epochen und Kulturen schon immer fasziniert und tut dies auch heute noch. Auf der Erde sitzen wir recht weit am Rande unserer Galaxie, der Milchstraße – an keinem besonders prominenten Punkt. Die Erde mit all ihrer Schönheit ist letztlich nur ein kleiner Gesteinsbrocken, der einen nicht besonders interessanten Stern umkreist, die Sonne. Aber okay, sie ist unser Muttergestirn, und alle anderen Sterne werden mit ihr verglichen. Sie dient Astronomen als Maßstab und Maßeinheit. Einen Planeten, der unserer Erde wirklich ähnlich ist, hat man bislang nicht gefunden.

Und das macht die Erde dann doch zu etwas Besonderem. Und vielleicht sind wir Menschen dadurch auch etwas Besonderes, weil es uns überhaupt gibt. Wir haben hier Wasser und Sauerstoff zum Atmen. Unsere nächsten Nachbarplaneten Mars und Venus sind nicht besonders einladend. Auf der Venus ist es 450 Grad Celsius heiß. Wegen des hohen Kohlendioxidanteils herrscht dort ein extremer Treibhauseffekt. Der Mars wiederum ist zu klein und zu leicht, um eine ordentliche Atmosphäre zu behalten. Und weil er ziemlich mickrig ist, gibt es große Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Das alles erschwert mögliche Besiedlungspläne des Menschen.

Die Zustände auf der Erde sind also alles andere als selbstverständlich. Das ist ein fein austariertes Gleichgewicht. Nur diese fragile Balance ermöglicht unser Dasein. Aber in ein paar Jahrmilliarden wird davon nichts mehr da sein. Die Sonne wird einen Großteil ihres Brennstoffes verbraucht haben, sich dann zu einem roten Riesen ausdehnen und den Merkur und die Venus verschlucken. Und auch die Erde hat dann Pech gehabt, alles wird verbrennen. 

Alles ist endlich, das ist klar. Aber die Frage ist, ob der Mensch diesen Prozess unbedingt fahrlässig beschleunigen muss.“

Wladyslaw Altermann, 
53, Professor für Geologie

„Ich bin dank meines Berufes viel im Freien, drei bis vier Monate im Jahr. Zuerst hatte ich ein Schiffbaustudium begonnen, aber dabei kommt man ja während des Studiums nicht vom Zeichenbrett weg. Als Geologe verbringe ich jedes Jahr drei bis vier Monate im Gelände. Wir stellen uns immer wieder die Frage: Wie ist die Welt entstanden? Deshalb achten wir auch nicht so sehr auf aktuelle Dinge, sondern auf Entwicklungen über Millionen und Milliarden Jahre. Deshalb finde ich persönlich vieles auch nicht bedrohlich: Gletscher hat es zu neunzig Prozent der Erdgeschichte nicht gegeben, der Meeresspiegel war wesentlich höher, und der CO2-Gehalt war die meiste Zeit um ein Vielfaches höher. Aber ich sehe auch Dinge, die ich für bedrohlich halte. Wir betreiben einen Raubbau an Rohstoffen. Wenn Eisenerz abgebaut wird, dann muss dieses Erz 65 Prozent Eisen enthalten, sonst wird es links liegen gelassen. Dabei wäre es viel besser, das Eisenerz mit minderwertigem zu mischen und so dafür zu sorgen, dass wir später auch noch etwas davon haben. Dasselbe gilt für unsere Energiequellen, Baustoffreserven und andere Rohstoffe. Die Versorgung mit Wasser gehört ganz sicher zu den größten Problemen der Zukunft. Wenn wir die nächsten Jahrzehnte überstehen, dann bitte nicht in Kälte und Dunkelheit, sondern mit dem Komfort, den wir uns erarbeitet haben. Doch ich glaube, die Menschheit gehört zu den Dinosauriern, und die Natur kann sehr gut ohne uns auskommen.“

Sabine Kröger, 29,
Staatliche Revierleiterin

„Ich bin sozusagen vorbelastet, denn mein Großvater war Waldarbeiter. Außerdem komme ich selbst vom Land und war immer viel im Wald unterwegs. Eines der schönsten Dinge ist für mich, dass man dort die Jahreszeiten verfolgen kann. Es riecht erst nach Waldboden, dann nach Holunderblüten, später nach reifen Waldhimbeeren. Und man kann die Temperatur spüren.

Ich verbinde mit dem Wald auch viel Emotionales, aber es ist bei mir nicht diese typisch romantische Vorstellung. Durch meinen Opa habe ich nämlich noch etwas anderes gelernt: Der Wald ist das, woher mein Schrank und mein Regal kommen. Er ist auch ein Wirtschaftsfaktor und ein Arbeitsplatz. Oft spreche ich mit Menschen, die sich sehr große Sorgen machen, wenn Holz geerntet wird, weil sie um den Wald fürchten, in dem sie spazieren gehen. Dabei ist doch das Wichtigste die Nachhaltigkeit: Ich will den Wald nicht nur bestaunen, ich darf ihn auch nutzen und muss gleichzeitig dafür sorgen, dass er erhalten bleibt. All dies möchte ich auch vermitteln, wenn ich eine Schulklasse durch den Wald führe. Das kommt recht häufig vor. Im September mache ich das bis zu viermal in der Woche.

Ungefähr sechzig Prozent meiner Arbeit verbringe ich im Freien. Gerade hatten wir mal wieder einen Sturm, da bin ich durch den Wald gefahren und habe die Schäden besichtigt. Waldbesitzer können nach so einem Sturm finanzielle Hilfe bei der Bayerischen Forstverwaltung anfordern, ich berate sie dann und helfe bei der Antragstellung. Viele wissen auch nicht, dass man Fichten mit Borkenkäferbefall so schnell wie möglich beseitigen muss, damit nicht noch mehr Bäume befallen werden. Ich weise die Besitzer, wenn nötig, darauf hin, denn der Borkenkäfer ist ein sehr großes Problem. Alles, was man über ihn wusste, wird jetzt überdacht, weil dieser Schädling sehr von Wärme, Trockenheit und Sturmereignissen profitiert. Seit 2003 ist er eigentlich die ganze Zeit präsent, das war vorher nicht so. Ich sehe das als einen Vorboten des Klimawandels. 

Er ist im Wald bereits sichtbar, allerdings nicht als Momentaufnahme, sondern als schleichender Prozess. Ich merke, dass die durchschnittliche Temperatur zu hoch ist und die Menge der Niederschläge zu gering. In vielen Gegenden Bayerns werden zum Beispiel die Bedingungen für die Fichten immer schlechter, wenn die Böden dort wenig Wasser speichern können und es zu trocken ist. Es gibt viele andere Baum-arten, die mit den zukünftigen Klimaverhältnissen viel besser zurechtkommen werden. Eine Fichte braucht aber etwa achtzig Jahre, bis sie ausgewachsen ist. Deshalb lohnt es sich dann womöglich auch nicht mehr, eine neue zu pflanzen, wenn sie nach vierzig Jahren abgeholzt werden muss. So verändert der Wald ganz allmählich sein Aussehen. Ich merke eben, dass es immer häufiger Trockenzeiten gibt und sich die Zahl der Stürme häuft. Und ich finde auch, es ist meine Aufgabe, das den Menschen mitzuteilen.“