In großen Teilen Afrikas passt das bis heute ganz gut, denn dort gründen sich vielerorts neue Kirchen, die viel Gutes tun, aber von denen manche auch gefährliche Ideen verbreiten.

Als in Westafrika 2014 die Ebola-Epidemie ausbrach, wandten sich die nigerianischen Behörden nicht nur an die Weltgesundheitsorganisation und „Ärzte ohne Grenzen“, sondern auch an den selbst ernannten Gottesmann T. B. Joshua. Der Gesundheitsminister des Bundesstaates Lagos bat Joshua, Ebola-Kranke aus Liberia, Sierra Leone und Guinea – den hauptsächlich betroffenen Ländern – davon abzubringen, bei ihm in Nigeria Heilung zu suchen. Man befürchtete, dass Joshuas Kirche zu einem Hort der Seuche würde, an dem sich Tausende Gläubige mit dem Virus infizieren könnten. Joshua willigte ein. Zugleich aber schickte er 4.000 Flaschen eines vermeintlichen Heilwassers nach Sierra Leone. Auf Facebook verkündete er den Erfolg seiner Maßnahme: Eine Mitarbeiterin des Außenministeriums von Sierra Leone habe sich bei ihm für die großzügige Spende bedankt, sein Heilwasser habe eine wichtige Rolle im Kampf gegen Ebola gespielt.

Temitope Balogun Joshua, bekannt als Pastor T. B. Joshua, ist einer der bekanntesten Prediger Afrikas. Seine „Synagogue, Church of All Nations“ mit Sitz in Lagos empfängt jede Woche Zehntausende Gläubige zur Messe und zählt zahlreiche Prominente zu ihren Anhängern. Darunter Malawis ehemalige Präsidentin Joyce Banda, die Joshuas vermeintliche Wundertaten auf dessen eigenem TV-Sender Emmanuel TV bezeugt. Der Sender ist weltweit per Satellit zu empfangen und mit über 500.000 Abonnenten und weit mehr als 200 Millionen Videoaufrufen Nigerias erfolgreichster YouTube-Channel. Joshua behauptet, Kranke geheilt und sogar Tote zum Leben erweckt zu haben. Außerdem will er den Tod Michael Jacksons und den Absturz des Malaysia-Airlines-Flugs MH370 prophezeit haben. Seiner Anhängerschaft verspricht Joshua Geld und Fruchtbarkeit.

Die Heilsbotschaften kommen gut an. Während die Kirchen in Europa über Mitgliederschwund klagen, steigen Prediger wie T. B. Joshua in vielen afrikanischen Ländern zu religiösen Autoritäten, einflussreichen Medienmogulen und regelrechten Popstars auf. Ob die „Life Changers International Church“ in Malawi, Kenias „Jesus Celebration Centre“ oder die „Mountain of Fire and Miracles Ministries“ in Nigeria – überall schießen unzählige neu gegründete Kirchen mit oft fantastischen Namen wie Pilze aus dem Boden. Katholiken und Protestanten, Evangelikale, Methodisten, Zeugen Jehovas, Pfingstkirchen und andere freikirchliche Sekten wetteifern um neue Anhänger. Eine Missionierungswelle schwappt über den Kontinent. Das Christentum verbreitet sich dank des Bevölkerungswachstums in keiner Weltregion so schnell wie in Afrika.

Vor allem in den Ländern, wo es an staatlicher Versorgung der Bürger fehlt. T. B. Joshua unterhält Lagerhäuser, in denen er eigenen Angaben zufolge Reisvorräte im Wert von rund 50.000 Euro für Bedürftige bereithält. Die Ausgabe der Notrationen wird öffentlichkeitswirksam über Emmanuel TV ausgestrahlt. Nach dem verheerenden Erdbeben von 2010 schickte Joshua sogar ein Erste-Hilfe-Team nach Haiti, das dort die Klinik Emmanuel aufbaute. Für benachteiligte Jugendliche gründete Joshua 2008 den Fußballverein My People FC. Für sein humanitäres Engagement ehrte die nigerianische Regierung Joshua mit einem der höchsten Orden des Landes.

Manche Prediger hetzen gegen Homosexuelle und befürworten harte Strafen für sie

Einige Kilometer nördlich von Lagos wird außerdem die vermutlich größte christliche Messe der Welt gefeiert: Hunderttausende Menschen finden in der Kirche der „Redeemed Christian Church of God“ (RCCG) Platz. Wobei es sich nicht um eine Kirche im klassischen Sinne, sondern vielmehr um ein mehrere Quadratkilometer großes Areal handelt, auf dem einige riesige – Bierzelten nicht unähnliche – Hallen stehen. 2008 ernannte „Newsweek“ den RCCG-Leiter Enoch Adeboye zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt.

Großen Einfluss hat auch T. B. Joshua: Als sich junge Demonstrierende in Kamerun auf seine Lehren beriefen, ver-hängte Kameruns Regierung ein Einreiseverbot gegen den Prediger und bezeichnete ihn laut nigerianischen Medien als „Agenten des Teufels“.

2015 musste sich Joshua gegen den Vorwurf wehren, einen Terroranschlag in Kamerun vorausgesagt zu haben. Auch ist gegen ihn ein Prozess anhängig: Mindestens 115 Menschen starben, als 2014 in Lagos ein Gästehaus seiner Kirche einstürzte. Joshuas Anwälte torpedieren das Gerichtsverfahren, das jedoch fortgesetzt werden soll.

Auch andere Prediger wie der junge Shepherd Bushiri, dessen „Enlightened Christian Gathering Church“ im südlichen Afrika ganze Fußballstadien füllt, nutzen ihre Reichweite für politische Aufrufe. So wiegelte Bushiri die Menschen in seinem Heimatland Malawi gegen Homosexuelle auf: Schwule hätten keine Rechte, Homosexualität sei eine Sünde. Ähnlich homophobe Propaganda verbreiten Kirchen in Südafrika, Liberia oder der DR Kongo. In Uganda betrieben evangelikale Missionare aus den USA sogar Lobbyismus für ein Gesetz, das die Todesstrafe für Homosexuelle vorsah. Eine Ausnahme ist das „House of Rainbow“, in Nigeria bekannt als die „schwule Kirche“, deren schwuler Pastor Jide Macaulay sexuelle Minderheiten begrüßt.

Wer seine Pforten für Minderheiten und Benachteiligte öffnet, erreicht jedoch längst noch nicht die Popularität eines Shepherd Bushiri, von dessen vermeintlichen Wundertaten sich auf You- Tube zahlreiche Aufnahmen finden: Vor Tausenden Anhängern erweckt Bushiri einen toten Jungen zu neuem Leben. Aidskranke berichteten von ihrer Heilung. Und natürlich kann Bushiri über dem Boden schweben. Sein Zauber beeindruckt offenbar viele Gläubige – und lässt bei Bushiri die Kasse klingeln. Online kann man von ihm beworbenes Salböl für 60 Dollar pro Fläschchen kaufen. Eine süd afrikanische Zeitung berichtet, eine Privataudienz bei Bushiri koste umgerechnet über 300 Euro. Bushiri bestreitet, dass er sich an den Einnahmen bereichert. Dennoch konnte er seiner Anhängerschaft auf Facebook vergangenes Jahr nicht ohne Stolz verkünden, seinen dritten Privatjet in zwei Jahren gekauft zu haben: Die Fotos zeigen ein luxuriös ausgestattetes Flugzeug. Kaufpreis: 37 Millionen Dollar. Einem Facebook- Nutzer, der anmerkte, dass Bushiri mit dem Geld lieber Bedürftigen helfen sollte, entgegnete der Prediger: „Wann verkaufst du dein Handy, mit dem du diese Nachricht geschrieben hast, um das Geld den Armen zu spenden?“ Seinen Erfolg rechtfertigt der Prediger als Gottes Willen. In Bushiris eigenen Worten: „Ich bin ein Gewinner.“