Libanon 

Wie fast alles im Libanon ist auch der Fußball in dem kleinen, von unzähligen Volksgruppen und Religionen bevölkerten Land eng mit Politik und Glauben verbunden. Das heißt: Man ist immer Fan der Mannschaft, die die eigene Volksgruppe repräsentiert. Schiiten, Sunniten, Christen – alle haben „ihre“ Teams, die in der libanesischen Profiliga gegeneinander spielen. Das gemeinsame Spiel ist hingegen weiterhin von geringem Erfolg gekrönt, die Libanesen identifizieren sich bei Weltmeisterschaften notgedrungen mit erfolgreicheren Teams. Anlässlich des WM-Finales 2002 war Beirut, die Hauptstadt des Libanon, deshalb wie so oft gespalten: Wer für Deutschland und wer für Brasilien war, entschied sich allerdings nicht nach der Religion, sondern allein nach Sympathien.
 

Pakistan 

Der Fußball kommt aus Pakistan. Rund 80 Prozent der weltweiten Ballproduktion findet in dem südasiatischen Land statt, ein nicht unbedeutender Anteil durch Kinder. Ansonsten spielt Fußball in Pakistan kaum eine Rolle, trotz allgemein großer Sportbegeisterung. Die Mittel- und Oberschicht begeistert sich für Hockey und Polo, bei den einfachen Leuten ist Kite beliebt, ein recht aggressives Drachensteigen. Und natürlich das von den englischen Kolonialherren eingeführte Kricket: An jeder Straßenecke spielen Kinder den Nationalsport, notfalls mithilfe von Backsteinen, Stöcken und, auch hier, selbst genähten Bällen.

Nicaragua 

Wie in mehreren Ländern Mittelamerikas ist in Nicaragua nicht Fußball, sondern Béisbol der unumstrittene Nationalsport - in den Siebzigern wurde in Nicaragua sogar zweimal die Baseball-WM ausgetragen. Auch heute hat jedes Kind einen selbst gebauten Schläger, jedes Dorf einen Béisbol-Platz, jede Region ihre eigene, kleine Liga. Falls jemand Fußball spielen will, muss er folglich auf das Béisbol-Feld ausweichen und den zentral gelegenen Werferhügel als Hindernis beim Dribbeln in Kauf nehmen. Dementsprechend schwach ist auch die Nationalmannschaft. Erst seit 1994 nimmt sie überhaupt an den Qualifikationsspielen zur WM teil und holte bei vier Anläufen gerade mal einen einzigen Punkt: 2004 beim 2:2 Unentschieden gegen die Insel St. Vincent/Grenadinen.
 

Kenia

Nairobi, die kenianische Hauptstadt, ist gespalten: Im Westen leben die Reichen, darunter die Weißen, in bewachten Straßen und Villen, im Osten die Armen in den Slums und auf den Müllkippen. Wohl am schlimmsten sind die Verhältnisse in Mathare, hier reicht der Müll bis auf das kleine Feld der Mathare Youth Sports Association (MYSA), die vor 17 Jahren gegründet wurde, um den Kindern eine Alternative zum Betteln, Klebstoffschnüffeln und zur allgegenwärtigen Kriminalität zu bieten. Heute spielen mehr als 15000 Kinder und Jugendliche in den 1050 Sportclubs der MYSA, fünf von ihnen haben es bis in die kenianische Nationalmannschaft gebracht. Wenn diese gewinnt, was nicht sonderlich häufig der Fall ist, dann 
jubeln auch die Reichen – drüben, im Westen Nairobis.
 

Kanada

Der kanadische Fußball blickt auf eine lange Geschichte zurück – lange zurückblicken muss man auch, um kanadische Erfolge zu finden. Der höchste Sieg der kanadischen Nationalmannschaft datiert aus dem Jahre 1904, als die USA mit 7:0 geschlagen wurden, der letzte Erfolg war die Teilnahme an der WM 1986. Heute spielt Fußball maximal eine Nebenrolle, Kanada ist fest in der Hand des Eishockeys und die Fußballnationalmannschaft leidet unter ihrer Erfolglosigkeit und dem Desinteresse der Kanadier. Dennoch werden internationale Turniere verfolgt. Dann schlägt das Herz der sonst sehr patriotischen Kanadier für ihre europäischen Abstammungsländer, wie etwa bei der Europameisterschaft 2004, als man in den Straßen Torontos zahlreiche portugiesische und griechische Flaggen sah.
 

Chile

Egal, ob auf der Straße, am Strand oder im Fernsehen: Fußball ist in Chile die Sportart, die Arm und Reich, Alt und Jung begeistert. Für den größten Erfolg der Landesauswahl der letzten Jahre blieb fast das ganze Land auf, um den Anpfiff um vier Uhr nachts mitzuverfolgen: Chile hatte das Endspiel bei den im Fußball unbedeutenden Olympischen Spielen in Sydney erreicht. In der chilenischen Profiliga dominieren seit Jahren zwei Vereine: Colo Colo und Universidad de Chile. Beide kommen, wie fast alle Clubs, aus Santi-ago de Chile, aber ihre Rivalität hat eine besondere Note. Während Universidad de Chile als Zentrum der Linken gilt, hatte Colo Colo zeitweise einen ganz besonderen Präsidenten: den faschis-tischen Diktator Pinochet.
 

Trinidad & Tobago

Fußball fristete auf Trinidad & Tobago bisher ein eher unaufgeregtes Dasein. Die Ligaspiele waren mäßig besucht, Kricket begeistert die Massen. Seit der erfolgreichen Qualifikation für die WM 2006, der ersten für die Soca Warriors überhaupt, ist das ein bisschen anders. Am 19. November 2005, dem Tag des entscheidenden Spiels in Bahrain, unterbrach das Parlament seine Sitzung, Tausende waren schon mittags auf den Straßen und in den Kneipen und der Premierminister rief den nächsten Tag zum Feiertag aus. Plötzlich gab es keinen Zwist mehr zwischen den Einwohnern der beiden Inseln, zwischen den Hindus und Christen, zwischen Arm und Reich – und auf einmal wurden von den überwiegend schwarzen Anhängern auch die wenigen weißen Nationalspieler bejubelt.
 

Südafrika

Orlando Pirates oder Kaizer Chiefs? Südafrikanische Fußballfans müssen sich mit dem Herzen entscheiden, denn oberflächlich sind die Unterschiede marginal: Beide Teams kommen aus Soweto, einem südwestlichen Vorort von Johannesburg. Beide Clubs spielen im selben Stadion und sowohl Pirates als auch Chiefs waren während der Apartheid Clubs der unterdrückten Schwarzen. Überhaupt: Fußball ist in Südafrika eher der Sport der Schwarzen und der Townships, die weiße Minderheit spielt traditionell Kricket und Rugby. Mit dem Ende der Apartheid endete auch die Sperre der Fifa für Südafrika und damit die lange Dürre im südafrikanischen Fußball. 1996 gewannen die Bafana Bafana („die Jungs“) die Afrikameisterschaft, 1998 in Frankreich gab Südafrika sein WM-Debüt. Momentan sorgen zwar die verpasste Qualifikation für die WM 2006 und diverse Skandale für eine Krise, aber das wird 2010, wenn in Südafrika die erste WM des Kontinents ausgetragen wird, vergessen sein.
 

Neuseeland

Gegen Rugby, Segeln, Tennis und Kricket hat Fußball in Neuseeland keine Chance. Fußball ist eine absolute Randsportart, die Nationalmannschaft zieht selbst gegen die schwachen Gegner der Australien/Ozeanien-Qualifikationsgruppe den Kürzeren, zuletzt gegen die Salomon-Inseln. Wenn Fußball gespielt wird, dann allein zum Spaß und meist ohne größere technische Finessen. Nur im Fernsehen hat Fußball einen gewissen Stellenwert: Dank der Zeitumstellung kann man die Spiele der englischen Liga am Sonntagmorgen live ansehen – als sehr frühes Frühstücksfernsehen.

Illustrationen: Florian Gmach