Acht Meter hohe Mauern, die sich kilometerlang durch Wohngebiete ziehen: So sieht der Frieden in der nordirischen Hauptstadt Belfast aus.
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Ihre Erbauer haben die Mauern Peace Walls genannt, weil sie Katholiken von Protestanten, Nationalisten von Unionisten trennen. Auf einer Seite der Mauer leben die, die sich als Iren sehen und unabhängig sein wollen. Auf der anderen Seite die, die sich Briten nennen und zum Vereinigten Königreich gehören möchten.
Beide Seiten trennt über 20 Jahre nach dem Karfreitagsabkommen, das den gewaltsamen Nordirland-Konflikt so gut wie beendete, nicht nur die Religion, sondern auch die politische Einstellung. Dafür sind die Friedensmauern ein zementierter Beweis.
Der Berliner Fotograf Kai Wiedenhöfer dokumentiert solche Trennungen seit Jahrzehnten: In Belfast, Bagdad und Palästina, in der spanischen Exklave Ceuta, auf Zypern oder in den USA hat er Mauern fotografiert. Begonnen hat Wiedenhöfer damit beim Fall der Berliner Mauer. 30 Jahre ist das her. 50 Jahre sind vergangen, seit die ersten Peace Walls errichtet wurden. Anlässlich beider Jahrestage stellt Wiedenhöfer seine Bilder bis Mitte November 2019 in Belfast aus: Über 30 Mauern aus der ganzen Welt hat er im Großformat, auf 9 x 3 Meter, auf die Friedensmauer tapeziert. „Wall on Wall“ heißt seine Ausstellung, die 2013 schon auf den Resten der Berliner Mauer zu sehen war.
„Es ist eine einfältige Idee, ein Problem lösen zu wollen, indem man eine Mauer baut. Das hat in der Geschichte so gut wie nie geklappt“
Dass sie oft unter bedrohlichen Umständen entstanden sind, ist den Bildern nicht anzusehen. In der mexikanischen Grenzstadt Tijuana packte Wiedenhöfer seine teure Kameraausrüstung unter den Augen von Dealern aus. In Bagdad konnte er es schlicht nicht riskieren, auf das richtige Licht für ein Foto zu warten: Es hätte bedeutet, dass er sich zur Zielscheibe macht. Das Leben eines Ausländers, sagt Wiedenhöfer, ist in vielen Krisenregionen eine begehrte Währung im Kampf um Aufmerksamkeit: „Wenn zehn Iraker sterben, ist das keine Schlagzeile wert. Stirbt ein Ausländer, steht das überall.“
Ob Zäune, Barrikaden, Stacheldraht oder Beton. Ob Trennung zwischen Nationen, Religionen, politischen Gesinnungen oder Arm und Reich. Schauplatz und Grund der Mauern sind für Wiedenhöfer eigentlich irrelevant. Er will ihre Absurdität zeigen. „Es ist eine einfältige Idee, ein Problem lösen zu wollen, indem man eine Mauer baut“, sagt Wiedenhöfer. „Das hat in der Geschichte so gut wie nie geklappt.“
Fotos: Kai Wiedenhöfer