China hat Lust auf Fleisch: Der steigende Wohlstand und der Import westlicher Essgewohnheiten treiben den Konsum in die Höhe. Um den Bedarf zu decken, ist man mittlerweile nicht nur einer der größten Produzenten sowie Importeure von Fleischprodukten (2015 lieferte allein Deutschland 380.000 Tonnen Schweinefleisch nach China) – die Fleischproduktion wird auch zunehmend industrialisiert: Schweine und Kühe werden auf immer engerem Raum gehalten und bekommen viele verschiedene Antibiotika und Hormone gespritzt – wie in Europa auch. Weil das alles trotzdem nicht reicht, geht China noch einen Schritt weiter. Landesweit forschen Wissenschaftler an der Erschaffung neuer Nutztiere. Sie sollen leistungsstärker sein, vor allem fetter und robuster. Dafür arbeiten die Forschungsabteilungen der großen Lebensmittelkonzerne, aber auch verschiedene Institute an Möglichkeiten, ihre Gene zu verändern, vieles davon geschieht ohne staatliche Kontrolle.

Das Ausmaß dieser Aktivitäten ist kaum abzuschätzen. Dass sie aber deutlich zunehmen, weiß Jian Yi. Der 41-Jährige ist Dokumentarfilmer und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Fleischindustrie in China. „Es gibt einen Widerspruch zwischen dem, was die Natur uns bietet, und dem, was wir von ihr verlangen“, sagt Yi über die Fleischproduktion. Er sieht nur zwei Möglichkeiten. Entweder man manipuliere die Natur und erschaffe genetisch manipulierte Tiere, oder man schraube seine Bedürfnisse zurück. „China hat sich leider in den vergangenen Jahren für Ersteres entschieden.“ Dabei sind der Fantasie der Genetiker kaum Grenzen gesetzt: Kühe, die muttermilchähnliche Milch geben, Schweine, die nur die Glieder voll entwickeln, die auch gegessen werden können, oder mehr Rippen als üblich haben. Dazu schnelle Rennpferde und Polizeihunde mit Supernasen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit sieht den Konsum von geklonten Tieren skeptisch. Bisher gebe es nur wenige Studien, um die Wirkungen sicher beurteilen zu können. Aber schon heute beobachte man, dass viele geklonte Tiere früher sterben als ihre normal gezeugten Artgenossen. Andere würden Immunschwächen und Schäden an den Organen aufweisen. Besonders heftig kritisiert Yi das chinesische Unternehmen Boya-Life, das Ende vergangenen Jahres bekannt gab, in der nordöstlichen Stadt Tianjin eine Klonfabrik für Nutztiere zu bauen, für umgerechnet knapp 29 Millionen Euro (200 Millionen Yuan). Dort sollen vor allem Rinder produziert werden, pro Jahr 100.000 Kälber in „Topqualität“, wie Unternehmenschef Xu Xiaochun verspricht. Später sollen es bis zu einer Million werden.

China hat eine lange Geschichte von Lebensmittelskandalen. Mal ging es um in Wasserstoffperoxid marinierte Hühnerfüße, mal um Gammelfleisch, das noch zu Zeiten von Mao verpackt worden war. Die Standards für Lebensmittelsicherheit sind niedrig. Entsprechend alarmiert sind manche Chinesen angesichts der Nachrichten über Klon-Tiere. Zwar versucht Peking die Bevölkerung über die Staatsmedien zu beruhigen, und deklariert das Fleisch als sicher. Auf Weibo, dem chinesischen Facebook, protestieren dennoch viele Nutzer. Einer hat folgenden Vorschlag: „Lasst die Politiker das Fleisch zuerst probieren.“