Er wäre sicherlich nicht auf der Straße gelandet, ­hätte bestimmt auch so einen passablen Job gefunden. Aber hätte sich seine schwedische Heimatstadt Malmö in den 1990er-Jahren nicht zu einem umfassenden Facelift entschieden, Oskar Rozenberg Hallberg wäre jetzt bestimmt ein anderer: nicht international für seine Leichtfüßigkeit bekannt, nicht von den Sponsoren in die USA geschickt und ganz sicher nicht schon mit 17 Jahren auf dem Cover des europaweit erscheinenden Magazins „Kingpin“ zu sehen gewesen. Mit anderen Worten: Dass Oskar heute einer der besten Skateboarder Europas ist, daran hat Malmö einen entscheidenden Anteil.

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So einen Spielplatz hat nicht jeder: Oskar beim BS Nosegrind in Malmös „Stapelbäddsparken“ (Foto: Nils Svensson)
(Foto: Nils Svensson)

So einen Spielplatz hat nicht jeder: Oskar beim BS Nosegrind in Malmös „Stapelbäddsparken“

Skater und die Stadt, das ist in der Regel eine echte Hassliebe. Skater brauchen die Stadt, also den urbanen Raum, seine Architektur, Beton, Asphalt, Marmor, Granit – sonst könnten sie kaum ihrer Leidenschaft nachgehen. Doch die Stadt macht es den Skatern oft schwer: Sie stellt Verbotsschilder auf, verhängt Bußgelder, macht aufregendes Terrain mit Hubbeln und Huckeln unbefahrbar. Wenn die Stadt den Skatern dann doch mal etwas Gutes will, entpuppt sich dies nicht selten als Flop: Dann gibt es für den örtlichen Skatepark Ruhezeiten, die Rampen entsprechen nicht den Anforderungen der Zielgruppe, oder das Ganze ­ähnelt eher einem Kinderspielplatz.

Als sich Oskar vor bald zehn Jahren erstmals dafür interessierte, auf einem Brett mit vier Rollen durch die Straßen zu fahren, hatte Malmö gerade einen der besten Skateparks Europas bauen lassen, mitten im auf­gemöbelten Westhafen-Viertel: eine rund zwei Millionen Euro teure, 3.000 Quadratmeter große Be­tonlandschaft mit schier unendlich vielen „Lines“ und wunderbar glatten Rundungen. Dort übte der damals neunjährige Oskar nicht selten acht Stunden am Tag seine Tricks.

Malmös Geheimrezept: Die Stadt kooperiert mit den Skatern

Verantwortlich für den Park ist die lokale Skateboard-Organisation Bryggeriet, die seit 1998 eine besondere Zusammenarbeit mit der Stadt pflegt. Bryggeriet fungiert als Bindeglied zwischen Skatern und der Politik, plant Skateparks, organisiert Veranstaltungen und betreibt sogar ein Gymnasium, in dem Skateboarding auf dem Lehrplan steht. „Unser Ziel ist es, Malmö zur bestmöglichen Skateboard-Stadt zu machen“, sagt Nils Svensson, eine der treibenden Kräfte hinter Bryggeriet. Die Bilanz ist bemerkenswert: Malmö ist mittlerweile international bekannt für seine sechs Skateparks, mehrere Wettbewerbe und seine „Do it yourself“-Bewegung. Es gehört nämlich zur Politik der Stadt, selbst gebaute Rampen und Skaten im öffentlichen Raum zu dulden, teils sogar zu fördern. Um ungenutzte Flächen zu beleben, baut die Stadt schon mal nach Skater-Wünschen – mit glattem Boden und haltbaren Materialien, um Lärm und Schäden in Grenzen zu halten.

„Skateboarding gehört zur Marke Malmö und hebt uns von anderen europäischen Städten ab“, erklärt Gustav Svanborg Edén, Projektmanager für Skateboard-Entwicklung bei der Stadt. Neben Tausenden Menschen, die das jährlich anziehe, gehe es dabei vor allem um soziale Aspekte: Parks und „Spots“ seien Plattformen, um Gleichgesinnte zu treffen – ganz unabhängig von Alter, Geschlecht und sozialem Milieu. Und da die Skater stets eingebunden werden, mitentscheiden und beim Bau selbst Hand anlegen dürfen, werden diese Orte von allen Skatern respektiert. Graffiti oder Müll sucht man dort vergebens.

„Das ist einfach ein gutes Umfeld, jeder hat das gleiche Interesse“, sagt Oskar, der auf dem besten Weg zum Profiskater ist. Doch ohne Bryggeriet würde er heute wohl nicht mehr skaten, denkt er. Ehrgeiz und Talent allein reichen eben nicht, auch das Drumherum muss stimmen – und in Malmö stimmt es.

Als unser Autor Lukas Wohner noch regelmäßiger auf dem Skateboard stand, ist er selbst mehrmals in Malmö gewesen. Wenn er jetzt die Bilder vom jungen Oskar sieht, juckt es ihn in den Füßen.