Frankreich ist für Deutschland ein wichtiger Partner. Deshalb kommt hier viel politische Prominenz vorbei. Das ist nicht geeignet für jemanden, der einen geregelten Tagesablauf schätzt und täglich pünktlich Feierabend machen will. Was für Frankreich hinzukommt: Wer hier arbeitet, muss Französisch sprechen. Das bedeutet für viele, dass sie noch einmal Sprachunterricht nehmen. Auf anderen Auslandsstellen reicht Englisch vollkommen aus. In Warschau, Budapest oder Bukarest erwartet niemand, dass man Gespräche in Polnisch, Ungarisch oder Rumänisch führen kann. In Frankreich ist das anders. 

Auslandsmitarbeiter bei einer politischen Stiftung - wie werde ich das?

Studium der Politischen Wissenschaften oder ähnlicher Fächer. Während des Studiums unbedingt um Praktika oder Studentenjobs in dem Bereich bemühen. Wer für eine politische Stiftung arbeiten möchte, sollte die Werte der Partei teilen. Für Jobs im Ausland sind Fremdsprachenkenntnisse und Auslandspraktika erforderlich.

Was verdiene ich da? 

Politische Stiftungen bezahlen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, kurz TVöD. Ein Referent bekommt zum Beispiel in der Entgeltgruppe 13 im ersten Berufsjahr etwa 3573 Euro brutto monatlich. Auslandsmitarbeiter werden nach einem Manteltarifvertrag des Auswärtigen Amtes bezahlt. Es gibt, vereinfacht gesagt, je nach Standort und Berufsjahren unterschiedliche Auslandszuschüsse. 

Die Aufgabe: politische Beziehungspflege

Meine offizielle Berufsbezeichnung ist Auslandsmitarbeiter, genauer „Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Paris“. Das Auslandsbüro ist eine Repräsentanz der Stiftung in einem anderen Land. Weltweit gibt es rund 80 Auslandsbüros der KAS. Insgesamt betreiben die politischen Stiftungen etwa 250 Auslandsvertretungen. Diese Auslandsvertretungen verstehen sich als Partner der deutschen Außenpolitik.

Meine Aufgabe ist es, die deutsch-französischen Beziehungen im politischen Bereich zu pflegen. Andere Akteure pflegen die Beziehungen in anderen Bereichen: Der DAAD kümmert sich um den internationalen Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern, das Goethe-Institut um den Kulturaustausch. Die politischen Stiftungen beschäftigen sich mit dem Dialog und dem inhaltlichen Austausch unter Politikern. Hier in Paris gibt es neben der KAS auch noch Auslandsbüros der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung. Wir im KAS-Büro beschäftigen uns vor allem mit dem Austausch von Politikern der bürgerlichen Parteien, also CDU und CSU mit den Républicains. 

„Das ist nicht geeignet für jemanden, der einen geregelten Tagesablauf schätzt“

Wenn deutsche Politiker etwas über die französische Politik wissen wollen oder andersrum, können sie sich an uns wenden. Wenn Fragen an uns herangetragen werden, erstellen wir Studien, schreiben Berichte oder laden Akteure ein, um sie in unterschiedlichen Gesprächsformaten wie Podiumsdiskussionen oder Konferenzen zusammenzuführen.

Aktuell spielt die im Frühjahr 2017 stattfindende Präsidentschaftswahl eine große Rolle. Wir haben für deutsche Politiker und Experten Termine vereinbart mit Nicolas Sarkozy oder François Fillon, aber auch mit verschiedenen Abgeordneten der französischen Nationalversammlung oder mit Bürgermeistern und Regionalräten.

Ganz nah an den politischen Entscheidern

Manchmal werde ich gefragt, wie nah ich an der Macht bin. Da stelle ich gerne die Gegenfrage: Was ist Macht? Ich habe viel mit Leuten zu tun, die in der Verantwortung stehen. Darunter sind viele hochrangige Politiker, das liegt angesichts der engen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich auf der Hand. Vor einiger Zeit haben wir mit Bundestagspräsident Norbert Lammert eine Veranstaltung über die deutsche Flüchtlingspolitik durchgeführt. Wir haben insgesamt viel zu tun mit Abgeordneten aus dem Bundestag und den Landtagen, Ministern oder Staatssekretären und Mitgliedern der Regierung. 

„Manchmal werde ich gefragt, wie nah ich an der Macht bin. Da stelle ich gerne die Gegenfrage: Was ist Macht?“

Ich habe Politische Wissenschaften und Romanistik studiert und während des Studiums nach einem Praktikum im Bundestag bei einer Abgeordneten gearbeitet. Nach der Doktorarbeit habe ich bei der Konrad-Adenauer-Stiftung angefangen, das hat sich so ergeben und gut gepasst. Zunächst war ich Referent für Grundsatzfragen für internationale Zusammenarbeit, danach habe ich fünf Jahre lang das Vorstandsbüro geleitet. Vor eineinhalb Jahren bin ich als Leiter des Auslandsbüros nach Paris gegangen. Ich habe zwei Mitarbeiterinnen, eine Französin und eine Deutsche.

Bei meiner Arbeit in Paris gab es auch für mich einige Überraschungen. Es gibt zwischen Deutschen und Franzosen zum Beispiel große kommunikative Unterschiede – die musste ich erst einmal selbst erleben. Franzosen sagen ungerne „Nein“. Wenn ich einen französischen Kollegen einlade, wird er die Einladung annehmen, dann aber nicht unbedingt kommen. Eine Absage bekomme ich so gut wie nie, der Kollege meldet sich nicht mehr, und wenn man sich dann wieder trifft, ist das auch kein Thema. Zu sagen „Nein, ich kann nicht“ gilt als unhöflich. Ein Franzose würde das verstehen. Der Deutsche fühlt sich im Unklaren gelassen. Ich lerne also, anders zu planen. Wenn ich nach zwei Tagen keine Absage habe, ist das eine Absage.

Was ich an der Arbeit für politische Stiftungen sehr interessant finde, ist, dass es Jobs in ganz unterschiedlichen Bereichen gibt. Bei der KAS gibt es beispielsweise einen Archivar, der das Archiv der Partei organisiert, bei der Begabtenförderung hat man viel mit jungen Menschen zu tun, im Bereich „politische Bildung“ wird die Öffentlichkeit über aktuelle politische Fragen informiert.

Bei welcher der Stiftungen man arbeitet, hat meist mit der politischen Orientierung zu tun. Eine Parteizugehörigkeit ist keine zwingende Voraussetzung, aber mit den politischen Zielen sollte sich schon jeder identifizieren können. Ich bin selbst Parteimitglied, weil ich das als Ausdruck meiner Zugehörigkeit zu einer politischen Idee verstehe, die ich für unterstützenswert halte.

Nino Galetti leitet das Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Paris.

Illustration: Frank Höhne