Seetaucher, Wasservögel, die auf Englisch „Loons“ heißen, können nicht nur fliegen, sondern auch vorzüglich schwimmen und tauchen. Und wie seine tierischen Vorbilder ist auch der „Loon Copter“ nicht nur in der Lage, durch die Luft zu surren. Er kann auf dem Wasser umhergleiten und bei Bedarf sogar abtauchen. Forscher der Oakland University haben die kleine Amphibiendrohne entwickelt. Mit ihrer eingebauten Kamera soll sie beispielsweise Rettungseinsätze auf dem Meer überwachen oder auslaufendes Öl an Pipelines aufspüren.

Auch bei internationalen Hilfsorganisationen sind Drohnen seit einiger Zeit ein Trendthema

Die zahlreichen produktiven Einsatzmöglichkeiten haben den „Loon Copter“ im Frühjahr 2016 zum Sieger des alljährlichen Wettbewerbs „Drones for Good“ im arabischen Emirat Dubai gemacht. Für die weltweit größte Auszeichnung für zivile Anwendungen von Drohnentechnologie bewarben sich in diesem Jahr mehr als 1000 Tüftler aus 165 Ländern. Die Entwicklungen sollen laut Kriterienkatalog unter anderem „eine Lösung für eine wirkliche menschliche Notlage“ darstellen. Mit dem Wettbewerb will Dubais Herrscher Scheich Muhammad bin Raschid Al Maktum Firmen und Organisationen anlocken, die mit Drohnen der Menschheit etwas Gutes tun wollen.

Drohnen sorgen für Internetverbindungen, finden verirrte Wanderer und düngen quadratmetergenau

Al Maktums Plan hat Potenzial, denn die Möglichkeiten dazu sind nahezu endlos. So können Drohnen etwa als Relaisstationen Internetverbindungen herstellen oder mit abgeworfenen Samenkapseln entwaldete Landstriche wieder aufforsten. Dank der kleinen Flugkörper sind Landwirte in der Lage, ihre Felder auf den Quadratmeter genau dort zu düngen, wo gerade Nährstoffe fehlen. Und mit Drohnen lassen sich auch Waldbrände entdecken, Wilderer jagen oder verirrte Wanderer aufspüren. Die Lebensretter von der DLRG überwachen beispielsweise südlich von Hamburg Schwimmer in der Elbe mit einem ferngesteuerten Fluggerät.

Auch bei internationalen Hilfsorganisationen sind Drohnen seit einiger Zeit ein Trendthema, berichtet Yves Daccord, Generaldirektor des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). So surrten schon kurz nach dem Erdbeben im April 2016 in Ecuador die ersten Drohnen durch den Luftraum des Landes. Die kanadische Hilfsorganisation Global Medics hatte sie losgeschickt, um sich einen Überblick zu verschaffen. Die Infrarotkameras der kleinen Helfer erstellen unter anderem Wärmebilder, um Verschüttete aufzuspüren.

In manchen Ländern sind Straßen häufig auch ohne Erdbeben schon unpassierbar. Hier eignen sich Drohnen dazu, Sendungen schnell und sicher selbst in abgelegene Regionen zu transportieren. So versorgen die Vereinten Nationen bei einem Pilotprojekt im westafrikanischen Ghana Frauen auf dem Land mit Verhütungsmitteln. Der Probelauf ist schon jetzt so erfolgreich, dass andere afrikanische Länder wie Simbabwe oder Äthiopien ähnliche Programme starten wollen. Und in Malawi im Süden Afrikas nutzt die UNICEF Drohnen, um die Blutproben von Neugeborenen sehr schnell in Labore zu transportieren, wo sie auf HIV getestet werden.

In Uganda soll ein Drohnen-Flughafen entstehen

Einen regelrechten Drohnen-Flughafen plant der ehemalige Afrika-Korrespondent des britischen Magazins „The Economist“, Jonathan Ledgard, zurzeit in der ugandischen Hauptstadt Kigali. Bis 2020 will er von hier aus Medikamente, Spritzen oder Verbände in schwer zugängliche Regionen des Landes schaffen. Irgendwann sollen Waren über ein ganzes Netzwerk solcher Drohnenstationen durch das gesamte Land transportiert werden. Die zeltartigen Gebäude dafür hat der Stararchitekt Norman Foster entworfen.

Weil viele beim Ausdruck „Drohnen“ zuerst an unheilbringende Tötungsmaschinen denken, nennen zivile Anwender ihre Geräte oft lieber „Unmanned Aerial Vehicle“

Aber nicht nur bei humanitären Einsätzen können Drohnen beweisen, dass sie mehr können als spionieren, überwachen, töten. So haben Filmemacher aus den Industriestaaten Drohnen inzwischen für spektakuläre Kameraflüge entdeckt. In einem aktuellen Clip der Hamburger Elbphilharmonie stürzen sich zwei Kameradrohnen nach einem rasenden Flug die Fassade des Gebäudes hinab. Und die französische Rockband Phoenix ließ sich für einen Videoclip einsam im Park des Schlosses Versailles filmen – von einer Drohne, die zwischendurch immer wieder in den Himmel steigt und von dort einen atemberaubenden Blick auf die umliegende Parklandschaft bietet.

Dies alles sind Anwendungen, die nur noch wenig zu tun haben mit den Einsatzgebieten, für die das Militär die ferngesteuerten Fluggeräte einst erfunden hat. Weil viele Menschen bei dem Ausdruck „Drohnen“ aber immer noch zuerst an unheilbringende Tötungsmaschinen denken, nennen zivile Anwender ihre Geräte oft lieber „Unmanned Aerial Vehicle“ (UAV). Die Namensänderung nützt jedoch oft wenig. In Ländern wie Pakistan oder Somalia, berichtet etwa Michiel Hofman von Ärzte ohne Grenzen, liefen die Menschen reflexartig davon, wenn sie das Surren von Hilfsdrohnen hören. Dabei bringen die nicht Tod und Verderben – sondern Medikamente.

Titelbild: Renke Brandt