Auf einmal stapelten sich die Schokoladen-Kartons an der ukrainischrussischen Grenze meterhoch. Eigentlich sollten sie mit Lastwagen gen Osten exportiert werden, aber da machten die russischen Zöllner nicht mit. Denn ihre Verbraucherschutzbehörde hatte ein paar Tage zuvor im Juli 2013 verfügt, dass die Pralinen der ukrainischen Firma Roshen nicht mehr ins Land eingeführt werden dürfen – wegen angeblich enthaltener krebserregender Stoffe.

Russland ist eine Wirtschaftsmacht und setzt diese Stärke gern mal ein, um seine Nachbarn politisch gefügig zu halten. Der moldawische Wein, bedeutendes Exportgut der armen südosteuropäischen Republik, durfte 2006 plötzlich wegen Verunreinigung nicht mehr nach Russland geliefert werden. Die Ukraine traf es noch härter, selbst Gemüse und Porzellan standen letztes Jahr auf der Verbotsliste. Und Armenien musste eine Erhöhung des Gaspreises verschmerzen, als es erwog, ein Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen.

Überhaupt: das Gas. Russland sitzt auf einem Viertel der weltweiten Erdgasreserven, viele seiner Nachbarn und auch die EU sind darauf angewiesen. Dementsprechend hat Russlands Präsident Wladimir Putin auch ein großes Faustpfand. Russland hat zum Beispiel die Gaspreise erhöht und baut gleichzeitig eine Gas-Pipeline, die aus Russland über die Ostsee direkt nach Deutschland führt und nicht mehr auf die Ukraine als Durchgangsstaat angewiesen ist.

Die EU strebt zwar im Rahmen der "Östlichen Partnerschaft" eine enge Kooperation mit Weißrussland, der Ukraine, Moldawien, Georgien, Aserbaidschan und Armenien an. Gleichzeitig sind die Länder aber von der Gnade des russischen Präsidenten Putin abhängig. So kommt ein Drittel aller Importe der Ukraine aus Russland, in Aserbaidschan sind es 13 Prozent, in Armenien 25 Prozent. Noch krasser ist aber die Abhängigkeit Weißrusslands von seinem großen Nachbarn, mit dem es sich ebenfalls regelmäßig um Gaspreise streitet: Mehr als die Hälfte seiner Importe kommen aus Russland. Nächstgrößter Handelspartner ist Deutschland – mit 5,9 Prozent. Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko, oft als "letzter Diktator Europas" bezeichnet, ist außerdem in Europa politisch isoliert. Als Putin neben Kasachstan 2007 auch Weißrussland eine Zollunion vorschlug, sagte Lukaschenko deswegen schnell zu. Mit seinen Nachbarn soll man es sich schließlich nicht verscherzen.