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Warum ein Großteil des EU-Haushalts an die Landwirtschaft geht und wer davon profitiert

Ein FAQ

  • 7 Min.

Warum und seit wann werden überhaupt Subventionen gezahlt?

Die Agrarsubventionen wurden 1962 mit dem Ziel eingeführt, Nachkriegseuropa mit genügend Lebensmitteln zu fairen Preisen zu versorgen. Die Zuschüsse sollten die Preisschwankungen abfedern und den Landwirten ein angemessenes Einkommen ermöglichen.

Um wie viel Geld geht es?

Rund 58 Milliarden Euro an Subven- tionen hat die EU 2017 für Agrarpolitik und die Förderung des ländlichen Raums ausgegeben. Das sind 37 Prozent des gesamten EU-Haushalts und somit der größte Ausgabeposten. Jeder EU-Bürger zahlt also durchschnittlich umgerechnet rund 113 Euro pro Jahr für diesen Bereich.

Welche Länder profitieren am meisten von den Subventionen?

Innerhalb der EU geht das meiste Geld an süd- und osteuropäische Länder. Unangefochten an der Spitze steht Frankreich. Aber auch die deutschen Bauern bekommen viel Unterstützung aus Brüssel, 2016 waren es rund 6,3 Milliarden Euro.

Wie wird das Geld verteilt?

Die EU verteilt die Gelder nach zwei Prinzipien: Direktzahlungen und Förderprogramme. Je mehr Hektar Land ein Betrieb hat, umso mehr Subventionen gibt’s von der EU. Was auf den Feldern angebaut wird, spielte früher keine Rolle. Erst seit 2015 ist ein Teil der Subventionen an bestimmte Umweltschutzmaßnahmen gekoppelt. Dadurch sollen die Artenvielfalt und die Böden geschützt werden. Um die Subventionen voll zu erhalten, muss ein Landwirt mindestens fünf Prozent seiner Anbaufläche als Pufferfläche frei halten oder darauf beispielsweise Hecken pflanzen, Dauergrünlandflächen wie Weiden und Wiesen erhalten und vielfältige Pflanzenkulturen anbauen. 2017 gab es von der EU pro Hektar Land 280 Euro. Viele landwirtschaftliche Betriebe sind auf diese Zahlungen angewiesen, im Durchschnitt machen die Direktzahlungen rund 40 Prozent ihres Einkommens aus. Anders als die Direktzahlungen sind die Förderprogramme nicht unbedingt unmittelbar auf die Landwirtschaft ausgerichtet, sondern sollen den ländlichen Raum allgemein fit für die Zukunft machen. Die Gelder fließen beispielsweise in den Ökolandbau, in Klimaschutzmaßnahmen oder den Tourismus. Im Gegensatz zu den Direktzahlungen kommt nur ein Teil des Geldes von der EU, den Rest zahlt das jeweilige Mitgliedsland.

Und wo ist das Problem?

Kritiker werfen der aktuellen EU-Agrarpolitik vor, dass Fehlanreize entstünden, immer mehr Ackerland zu schaffen und riesige Mastbetriebe zu bauen – schließlich werde Masse statt Klasse finanziell belohnt. Diese Koppelung der Subventionen an die Ackerfläche führe zu einem Ungleichgewicht im Markt. Die großen Betriebe bekämen immer mehr Gelder und würden noch größer, die kleinen verschwänden nach und nach vom Markt. Tatsächlich bekommen die zehn Prozent der Betriebe mit dem höchsten Einkommen über die Hälfte der EU-Direktzahlungen. Rund ein Siebtel des gesamten EU-Haushalts geht damit an etwa 750.000 Landwirtschaftsbetriebe, denen es sowieso schon gut geht. Wer viel Land hat, der bekommt viele Subventionen. Das war nicht immer so. Bis 2003 vergab die EU ihre Gelder nach der produzierten Menge. Dadurch entstanden die berühmten Milchseen und Butterberge, und in den 1980er-Jahren überschwemmten über den europäischen Bedarf hinaus produzierte subventionierte Produkte die Märkte unter anderem in Entwicklungsländern.

Warum leiden die Bauern in Afrika unter den EU- Subventionen?

Auf afrikanischen Märkten landen zum Beispiel Hähnchenflügel aus Holland oder Tomatenmark aus Italien. Produkte, die in Europa mit Fördergeldern produziert wurden. Zwar wird der Export von zu viel hergestellten Lebensmitteln nicht mehr – wie noch bis 2015 – direkt bezuschusst, aber durch die Fördergelder für den Anbau sind die europäischen Produkte trotzdem konkurrenzlos günstig und verdrängen in den importierenden Ländern regionale Produkte.

Lässt sich die EU-Agrarpolitik anders gestalten?

Zurzeit fließen fast 80 Prozent der EU- Subventionen über Direktzahlungen an die Bauern, mit mehr oder weniger geringen Auflagen. Kritiker wie zum Beispiel der Naturschutzbund Deutschland fordern deshalb eine Abschaffung der Direktzahlungen. Ihrer Meinung nach sollten Subventionen nur noch an die Betriebe gehen, die eine Leistung für die Gesellschaft erbringen – sich also um den Umweltschutz kümmern und nachhaltig die Felder bewirtschaften.

Was hat das mit dem Brexit zu tun?

Weil Großbritannien rund 12 Milliarden Euro pro Jahr zum EU-Haushalt beigetragen hat, muss die EU sparen. Der Entwurf für den neuen Haushalt ab 2021 sieht vor, die Agrarsubventionen um fünf Prozent zurückzufahren und Großbetriebe weniger zu fördern. Dafür sollen die Direktzahlungen bei maximal 100.000 Euro pro Betrieb gedeckelt werden, kleinere und mittlere Betriebe sollen mehr Fördergelder pro Hektar bekommen. Auch die Umweltauflagen will die EU erhöhen. Wie die genau aussehen, darf aber jeder Nationalstaat selbst entscheiden. Umweltverbände halten die Vorschläge deswegen für unzureichend. Sie fordern, Subventionen nur noch für umweltfreundliche Landwirtschaft zu vergeben.

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