17,50 Euro im Monat. Damit kann man einen guten Burger essen gehen oder einmal günstig shoppen. Aber was wäre, wenn man Burger auf den Tod nicht ausstehen kann und Shoppen noch weniger und trotzdem überweist man jeden Monat brav seinen Beitrag für seine nie gegessenen Burger und seine nie getragene Kleidung? Bei Semestertickets ist es ähnlich – ob man direkt neben der Uni wohnt oder stundenlang mit Zug, Bus und Tram durch die Gegend fährt, zahlen muss jeder, erst dadurch ist es möglich, das Ticket zu einem niedrigen Preis anzubieten. Genauso ist es mit dem Rundfunkbeitrag. Fast alle müssen dafür zahlen, dass der Staat ein breites Angebot von Medien, also Fernsehen, Radio und Internetformate, macht, ganz egal, ob wir diese Angebote nutzen oder eben nicht.

Ein Fernsehen für wirklich alle?  

Aber wie viel Angebot darf es sein? Und wieso lässt man uns, also die Gebührenzahler, nicht gleich darüber abstimmen, ob wir das alles überhaupt noch haben wollen? Diese Frage wird gerade in der Schweiz gestellt. Dort findet im März 2018, angestoßen durch eine Initiative, eine Volksabstimmung über die Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren statt. Wie auch in Deutschland kommt die fundamentale Kritik am staatlich finanzierten Rundfunk vorrangig aus dem rechten politischen Lager. Das wirft dem Schweizer Pendant von ARD und ZDF, der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG), die Eintreibung einer „Zwangsgebühr“ vor. Die widerspreche der freien Medienwahl der Bürger und koste viel Geld. Aktuell sind es in der Schweiz umgerechnet 32,50 Euro monatlich.

Welchen Bildungsauftrag wollen die Öffentlich-Rechtlichen denn mit Fußball, Musikanten, Nordseekrimis, Traumschiff, Quiz- und Kochshows erfüllen?

Der Streit um die Rundfunkgebühren und damit um die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Sender schwelt aber nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland – mal mehr, mal weniger. Vordergründig ist das Thema eigentlich recht simpel. Durch den Rundfunkbeitrag erhalten die öffentlich-rechtlichen Sender ein Jahresbudget von etwa acht Milliarden Euro. Damit werden die Rundfunkanstalten, also ARD, ZDF, die Dritten Programme und deren Radiosender, der Deutschlandfunk und Spartenkanäle wie arte, 3Sat, ZDFneo und andere Angebote finanziert.

Gerade dieses breite mediale Angebot ist für Kritiker ein gefundenes Fressen: So fragte zum Beispiel Jürgen Kaube, Herausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, provokativ, welchen Bildungsauftrag die Öffentlich-Rechtlichen denn mit Fußball, Musikanten, Nordseekrimis, Traumschiff, Quiz- und Kochshows erfüllen wollen.

Der Kommunikationswissenschaftler Dr. Jeffrey Wimmer von der Uni Augsburg sagt: „Sicher kann man sich fragen, ob die Landesrundfunkanstalten zusammen mehr als 24 Kochshows brauchen, aber wir können in Deutschland, was die Qualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angeht, verglichen mit anderen Ländern trotzdem äußerst zufrieden sein.“ Hinzu kommt: Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sollen gar nicht nur informieren. Im Rundfunkstaatsvertrag, der die Aufgabe der Sender festhält, heißt es auch, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinen Programmangeboten zur Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung einen Beitrag zur Sicherung der Meinungsvielfalt und somit zur öffentlichen Meinungsbildung leisten soll.

Um dem Musikantenstadl- und Kochshow-Argument etwas entgegenhalten zu können, versuchen sich die öffentlich-rechtlichen Sender auch immer wieder an jungen Formaten. Ein gutes Beispiel für den Versuch, mit einem frischeren Angebot im Internet Fuß zu fassen, ist „funk“, das 2016 gestartete Jugendprogramm von ARD und ZDF. Es sollte junge Nutzer ansprechen, die sich immer mehr vom klassischen Fernsehen abwenden. Investiert wurden dafür 45 Millionen Euro, prominente Gesichter wie Ronja von Rönne und LeFloid wurden engagiert, der Erfolg blieb bisher allerdings eher überschaubar. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie kennen nur etwa 20 Prozent der 14- bis 29-Jährigen das Inhalte-Netzwerk namentlich.

Die, die übers Programm entscheiden

Eine weitere Frage im Diskurs lautet: Wie unabhängig können Sender, die durch eine staatlich organisierte „Zwangsabgabe“ finanziert werden, wirklich sein? Nicht nur ausgewiesene Kritiker der Rundfunkgebühren bemängeln die Verfilzung von Politik und öffentlich-rechtlichen Sendern. Besonders oft stehen die Rundfunkräte in der Kritik. In ihnen sitzen neben Mitgliedern von Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden nämlich auch Politiker verschiedener Parteien. Sie kontrollieren das Programm, sie kontrollieren den Haushalt, sie wählen die Intendanten, die wiederum das Programm verantworten. Kurz: Sie sind am Ende die großen Entscheider.

„Dieses System sorgt natürlich dafür, dass die öffentlich-rechtlichen Sender schon sehr stark politisch dominiert werden, und das schadet ihnen mehrfach. Sie sind einerseits nicht wirklich unabhängig und leiden andererseits auch darunter, dass die Entscheidungsträger oft zu alt sind, um die kommende Bedeutung der digitalen Medien zu verstehen“, sagt Wimmer.

Aber ist das, was die Öffentlich-Rechtlichen berichten, journalistisch tatsächlich nicht mehr unabhängig, weil Politiker in den Rundfunkräten sitzen? Es gibt zumindest auch gute Beispiele, die das widerlegen: Da wäre die Geschichte von Hans-Michael Strepp, dem Pressesprecher der CSU. Der meldete sich beim letzten bayerischen Landtagswahlkampf per Telefon und mehrmals per SMS bei der Redaktion der „heute“-Nachrichten und wollte verhindern, dass über den Parteitag der SPD berichtet wird. Seine Anrufe wurden von den Öffentlich-Rechtlichen publik gemacht, Strepp musste von seinem Amt zurücktreten.

Nach einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wurde die Anzahl der Staatsvertreter in den entscheidenden Gremien auf ein Drittel begrenzt

Wenn es allerdings um die Besetzung von Spitzenposten bei den Öffentlich-Rechtlichen geht, laufen die Dinge subtiler ab: Etwa wenn die Unionsvertreter, die den ZDF-Verwaltungsrat dominierten, einen mutmaßlich SPD-nahen Journalisten als erneuten Chefredakteur des ZDF zu verhindern versuchten. Doch auch dieses Vorgehen wurde schnell publik, und prominente Journalisten des Senders wie Claus Kleber, Marietta Slomka und Maybrit Illner protestierten gegen die Einmischung der Politik. Dem schlossen sich zahlreiche Printmedien, Politiker und Staatsrechtler an. Nach einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wurde die Anzahl der Staatsvertreter in den entscheidenden Gremien schließlich auf ein Drittel begrenzt, dafür sitzen dort seit letztem Jahr mehr Vertreter unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen.

Das ist auch im Sinne der Rundfunkfreiheit, die im Grundgesetz verankert ist und gewährleisten soll, dass auch die Öffentlich-Rechtlichen ohne staatliche Gängelung berichten können. Durch diese Freiheit, gesichert durch die breite Aufmerksamkeit der Gesellschaft und die Rundfunkgebühren, können die öffentlich-rechtlichen Sender auch starke Waffen für unabhängigen Journalismus sein. Zumindest in der Schweiz haben sie das aber offenbar nicht deutlich genug gezeigt.

Foto: Renke Brandt