Wahrscheinlich ist die Luft an den meisten Orten der Welt weniger schmutzig als in meiner Heimatstadt Accra, wo sich die Autos durch dichte Abgaswolken schieben und glimmenden Müllhaufen giftige Schwaden entweichen. Dennoch war ich bei meiner Ankunft am Berliner Flughafen am 5. Juni ziemlich überrascht von der guten Luft. Das war nicht unbedingt das, was ich von einer Fast-Vier-Millionen-Stadt erwartet hatte.

Genauso wenig wie das viele Grün. Die Fahrt in die City kam mir vor, als führte sie durch einen großen Park. An sämtlichen Straßen stehen Bäume herum, auf jeder noch so kleinen Verkehrsinsel wachsen Pflanzen, viele Häuser haben einen Garten, und auf den Balkonen sieht man Blumen. Welcome to the jungle.

„Ich dachte, dass ein Land, das zu den größten Verursachern von CO2 gehört, viel schmutziger sein müsste“

Neulich bin ich durch einen Park spaziert, auf einen dieser Hügel, die nach dem Krieg entstanden sind – aus dem Schutt der bombardierten Häuser. Vergrabene Geschichte, auf der Neues wächst. Ebenso erstaunlich finde ich die vielen Fahrräder und dass die Abwasserrohre alle unterirdisch verlaufen. In Ghana fließen die Abwässer oft direkt neben der Straße, und es stinkt genauso, wie man es sich vorstellt. Berlin ist die sauberste Stadt, in der ich je war. Was vielleicht nicht so schwer ist, denn ich war noch nie in einem anderen Land als Ghana (die zwei Tage in Togo zählen jetzt mal nicht). Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht in die Stadt verliebe.

Ich bin auch deshalb so überrascht, weil ich dachte, dass ein Land, das zu den größten Verursachern von CO2 gehört, viel schmutziger sein müsste. Vielleicht denkt man daran nicht so oft, wenn die Luft um einen herum so sauber ist. Aber: Die Kohlekraftwerke, die großen Autos, der ständige Konsum – das alles hat ja globale Auswirkungen. In Accra gibt es eine riesige Müllhalde voll mit alten Handys und Computern – Elektromüll, so weit das Auge reicht. Ich wette, dass viele alte Handys auch aus Deutschland stammen. Vielleicht schaffe ich es ja, diesen Dingen auf die Schliche zu kommen. Aber erst einmal werde ich noch ein wenig durchatmen.

Agomo Atambire ist 27 Jahre alt und kommt aus Ghana, wo er in der Hauptstadt Accra Biotechnologie studiert hat. Zurzeit absolviert er ein sechswöchiges Praktikum in der Redaktion von fluter. Anschließend möchte er seinen Master machen, eventuell auch in Deutschland. 

Teil 2: Hartes Brot – Über das große Bohei ums Essen
Teil 3: Wer raucht das schon – Ärger über den Qualm

Teil 4: Hier war der Terror – an den Orten der Nazis in Berlin
Teil 5: Love ist all around me – Küssen in der Öffentlichkeit
Teil 6: Korrekt gefeiert – Über Festivals, Müll und Dreadlocks

Übersetzung: Oliver Gehrs

Fotos: Leon Reindl