In einem Tal südlich von San Francisco, an der amerikanischen Westküste, sitzen seit über 50 Jahren stets die wichtigsten Firmen der Tech-Industrie. Wie an einer Perlenschnur aufgereiht befinden sich hier einige der fortschrittlichsten und mächtigsten Unternehmen der heutigen Zeit, zum Teil Tür an Tür.

Die Grenzen sind nicht fest definiert, aber das Silicon Valley erstreckt sich etwa von San Mateo im Norden bis Gilroy im Süden. Großzügig gemessen ist dieser Korridor etwa 4.000 Quadratkilometer groß, also etwas kleiner als das Ruhrgebiet. Trotzdem kann man mit dem Auto bei den größten Internetfirmen der Welt Klingelstreich spielen. Facebook, Google, Netflix, Intel, Ebay und Apple sind jeweils nicht weiter als 15 Kilometer voneinander entfernt.

Ein wichtiger Faktor für die Entwicklung war und ist auch heute noch die Universität von Stanford

Viele Ereignisse waren dafür verantwortlich, dass das Silicon Valley zum Symbol für die digitale Wirtschaft wurde. Der Anfang dieser Entwicklung liegt noch vor dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1933. Damals eröffnete die U.S. Navy in Mountain View, einem südlichen Vorort von San Francisco, eine Basis für Luftschiffe. Der Militärflugplatz sorgte für viele neue Jobs in der Gegend und lockte Zulieferer und Technikunternehmen an.

Ein zweiter wichtiger Faktor für die Entwicklung war und ist auch heute noch die Universität von Stanford. Nach dem Zweiten Weltkrieg rechnete man dort wegen der Rückkehr vieler junger Soldaten aus dem Einsatz mit einem starken Ansturm auf die Studienplätze. Um die finanziell kränkelnde Universität dafür zu rüsten, wurden zu Beginn der 50er-Jahre unter anderem Grundstücke auf dem riesigen Uni-Campus an junge Technologiefirmen verpachtet. Gleichzeitig konnte man den Absolventen so attraktive Arbeitsplätze vor Ort anbieten und Partnerschaften mit den Unternehmen eingehen.

Einer der ersten Mieter dieser neuen Flächen: das junge Unternehmen Hewlett-Packard, HP, das nur wenige Kilometer entfernt in einer Garage gegründet worden war. Mit dabei waren auch die ersten Chiphersteller: Firmen, die aus einem simplen elektronischen Bauteil, dem Transistor, komplexere Einheiten wie Prozessoren und Speicher bauten, die sich Nullen oder Einsen merken und diese mit elementarer Logik kombinieren können. Auch heute noch ist das die Grundlage für jeden Computer, egal ob im Smartphone, Förderband oder Auto.

 

Nirgendwo auf der Welt wurde und wird auch heute noch so viel Wagniskapital in junge Firmen gepumpt

Diesen Pionieren der Computertechnologie verdankt das Silicon Valley auch seinen Namen. Denn hier etablierten die ersten Elektronikfirmen Silizium als Hauptmaterial für Transistoren. Erst dadurch konnten die Bauteile günstig, klein und massenhaft gefertigt werden. Sie ebneten damit den Weg für den Personal Computer, Laptops, Smartphones, Tablets und das gesamte Internet.

In den 80er- und 90er-Jahren strömten immer mehr Firmen ins Silicon Valley, um auch ein Stück vom riesigen Venture-Capital-Kuchen abzukriegen. Denn nirgendwo auf der Welt wurde und wird auch heute noch so viel Wagniskapital in junge Firmen gepumpt. Diese ungehemmte, nicht selten gierige Risikobereitschaft fand im Jahr 2000 erstmals ein Ende, als die sogenannte Dotcom-Blase platzte und überbewertete Technologiefirmen massenweise pleitegingen. Die Erholung dauerte wegen der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 etwas länger, aber heute übertrifft das Silicon Valley alle bisherigen Kennzahlen. Im März 2017 waren Apple, Amazon, Alphabet (Googles Mutterfirma) und Microsoft die vier wertvollsten Unternehmen der Welt, vor allen Autoherstellern und Ölfirmen.

Durch eine Mischung aus bewundernswertem Gründergeist, der sich auch durch Misserfolge nicht kleinkriegen lässt, einer positiven Grundeinstellung, viel Geld und Sonnenschein ist das Silicon Valley heute noch unangefochten das Epizentrum der Technologie – trotz vieler Probleme und Krisen, die in Zukunft die Bedeutung der Region deutlich verringern könnten. Die Mitbewerber, zum Beispiel aus China, schlafen nämlich nicht: Im November war der Kommunikationskonzern Tencent, der z.B. den Messenger WeChat betreibt, an der Börse erstmals wertvoller als Facebook. 

Titelbild: JASON HENRY/NYT/Redux/laif