Karin Öhler, 22
Auf Snapchat folge ich dem Berliner Blogger Riccardo Simonetti. Der setzt sich sehr für die Rechte von Homosexuellen ein und hat am Internationalen Tag gegen Homophobie eine Aktion von Ben & Jerry’s unterstützt. Die hatten eine Seite eingerichtet, über die man eine vorformulierte E-Mail an Bundestagsabgeordnete schicken konnte, damit die sich für die Ehe für alle einsetzen. Ich finde, die sollte man endlich einführen, Deutschland ist da ja sehr rückständig. Also habe ich auf den Link geklickt, den Riccardo eingebettet hatte. Vielleicht nützt es was.
Jessica Angioni, 21
Was Influencer betrifft, bin ich meistens skeptisch. Ist doch komisch, wenn jemand auf Snapchat einen Wein anpreist, aber ein paar Videos vorher gesagt hat, dass er gar keinen Wein mag. Über eine Freundin bekomme ich manchmal mit, wie diese Angebote zustande kommen. Sie bekommt regelmäßig Haarglätter oder Make-up-Stifte zugeschickt. In den Anfragen der Unternehmen steht dann immer so was wie: „Wäre schön, wenn du was Gutes dazu sagst, mach es aber nicht allzu auffällig.“ Klar, wenn die User merken, dass es sich um Werbung handelt – insbesondere wenn sie nicht als solche gekennzeichnet ist –, beschweren sie sich in den Kommentaren. Diese Freundin kommt übrigens aus dem gleichen Kaff wie ich und hatte über Nacht 20.000 Follower. Da war uns allen klar, dass sie sich die gekauft hat. Hat sie später auch ihrem Freund gestanden. Irgendwie traurig.
Moritz Keilholz, 21
Vor etwa einem Jahr habe ich auf Facebook ein Foto von Fidel Castro gesehen, auf dem er einen Trainingsanzug von Adidas trägt. Definitiv eine faszinierende Figur, auch wenn man moralisch über ihn streiten kann. Ich fand es ziemlich ironisch, dass nun genau der Mann Adidas trägt, der den Realsozialismus relativ lange unter großem Druck von außen durchgesetzt hat. Das hat mir gefallen. Deswegen habe ich mir kurz darauf diesen Trainingsanzug gekauft, den Adidas Firebird in Schwarz-Weiß. Wenn jemand wie Fidel Castro sowas trägt, hat das einen gewissen Kultfaktor. Vor allem die Jacke ziehe ich nach wie vor gerne an.
Anna Schierlinger, 25
Früher habe ich meine Schminke einfach in der Drogerie gekauft und bin wunderbar durch die Welt gegangen, auch ohne Techniken wie Contouring und Strobing. Dann habe ich aber die Videos von Youtubern wie Jaclyn Hill oder Kathleen Lights gesehen – und mir Produkte aus den USA einfliegen lassen, von deren Existenz ich kurz davor noch nicht mal gewusst habe. Bestimmte Bronzer, irgendwelche Lidschatten. Eine Zeit lang hatte ich da echt einen Sammeltrieb. Ich besitze zum Beispiel alle Paletten von Urban Decay Naked. Fünf Stück, sie kosten jeweils über 50 Euro. Wirklich benutzen tue ich aber nur eine. Heute würde ich mir nicht noch mal alle kaufen.
Laura Inzenhofer, 21
Im Prinzip finde ich Influencer-Marketing gut, weil es eine persönliche Vermittlung von Produkten ist. Nur weil die Leute bezahlt werden, heißt das ja nicht, dass die Produkte schlecht sind. Aber wenn ich Bibis Beauty Palace sehe, löst das in mir sofort Ablehnung aus. Allein die Clickbaiting-Titel über ihren Videos: „Ganz krasse News“ oder „Große Story“. De facto bringt Bibi dann aber nur eine neue Sorte ihres Duschschaums oder so raus. Um Content und Information geht’s da nicht mehr wirklich. Das finde ich vor allem wegen ihrer Zielgruppe schwierig: Mädchen zwischen 12 und 15, die nicht das Budget haben, sich Duschgel für fünf Euro zu kaufen. Denen das Geld aus der Tasche zu ziehen, finde ich dreist. Die Modebloggerin Lina Mallon ist da wesentlich verantwortungsbewusster. Die markiert auch alles, wofür sie bezahlt wird, und sagt es, wenn die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen nicht gut lief. Da fühle ich mich ehrlicher informiert.
Josef Wirnshofer war sehr überrascht, wie oft er während der Recherche Antworten wie diese gehört hat: „Influencer? Social Media? Och nee, dafür ist meine Generation zu alt.“ Wobei die antwortende Person meist kaum älter als 21 war.