Ich bin seit vier Jahren Referentin für Demografie und Jugendpolitik bei der Grünen-Fraktion im Bundestag. Meine Hauptaufgabe besteht darin, den Fraktionsvorstand und die Abgeordneten, die in dem Themenfeld politisch aktiv sind, zu beraten und mit ihnen zu erarbeiten, was wir politisch fordern und nach vorne stellen. Es geht darum, Positionierungen zu erarbeiten und gemeinsam zu überlegen, wie die Fraktion auf Einwürfe der Bundesregierung oder der anderen Fraktionen reagiert.
Meine anderen Aufgaben leiten sich weitgehend von diesen Inhalten ab. Ich formuliere Anträge und Positionspapiere, tausche mich mit Verbänden und Fachexperten aus oder entwickle Veranstaltungskonzepte. Als im vergangenen Jahr viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen, habe ich beispielsweise eine große Konferenz zu geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Deutschland organisiert. Wir haben mit Expertinnen und Experten diskutiert, wie gute Integration in den Schulen, Kitas, den Flüchtlingsunterkünften oder in den Unis gelingen kann. Die Ergebnisse sind im Anschluss in ein Positionspapier der Bundestagsfraktion und verschiedene parlamentarische Anträge eingeflossen.
„Inzwischen bin ich also mittendrin im politischen Geschehen“
Mein Werdegang zur Referentin verlief „klassisch“. Ich habe Politikwissenschaften studiert und im Rahmen meines Studiums ein dreimonatiges Praktikum bei einer Abgeordneten der Grünen-Fraktion gemacht. So bekam ich nicht nur eine erste Orientierung, sondern auch Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen, die mir wenig später davon erzählten, dass eine Stelle für eine studentische Mitarbeiterin ausgeschrieben wurde. Ich habe mich beworben und zwei Jahre als studentische Mitarbeiterin im Büro der damaligen Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, Renate Künast, gearbeitet. Der Anschluss hat danach wieder sehr gut gepasst. Als meine heutige Referentenstelle intern ausgeschrieben wurde, hatte ich gerade mein Studium beendet. Ich habe mich beworben und bin Referentin geworden.
In mein Thema bin ich im Laufe der Zeit hineingewachsen. Im Studium spielten Demografiefragen keine große Rolle. Während meiner Tätigkeit als studentische Mitarbeiterin hatte ich jedoch immer wieder mit Themen zu tun, die im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel stehen.
Inzwischen bin ich also mittendrin im politischen Geschehen. Nach politischer Macht fühlt sich das trotzdem nicht jeden Tag an. Ich arbeite für eine Oppositionsfraktion, der tatsächliche Einfluss, Dinge umzusetzen, ist dadurch ziemlich begrenzt. Manchmal finde ich es schon schade, dass die erarbeiteten Anträge in den Ausschüssen oder im Parlament in aller Regel abgelehnt werden. Das kann frustrieren, aber wer weiß, wie es im Herbst 2017 aussieht.
„Wie das politische Berlin tickt, wie Fraktionen funktionieren und dass jede Partei ein ganz eigenes System ist“
Parteimitglied bin ich nicht. Allerdings teile ich die Werte der Partei. Ich denke, dass man in diesem Umfeld und in der Funktion nur arbeiten kann, wenn man mit der Politik und mit den Grundwerten der Partei übereinstimmt. Ob ich mal in die Partei eintrete, weiß ich nicht. Ich hätte nichts dagegen, aber so fühle ich mich neutraler in meiner Beraterfunktion. So passiert es auch nicht, dass sich Funktionen vermischen. Wenn Kollegen innerhalb der Partei eine andere Funktion haben als in der Arbeitswelt, kommt das schon vor.
Referent werden – wie geht das?
Den ersten Kontakt und die erste Orientierung bekommt man in der Regel in einem Praktikum während des Studiums der Politikwissenschaften. Manchmal ergeben sich daraus weitere Kontakte und Vorteile, wenn etwa studentische Mitarbeiterstellen besetzt werden. Referentenstellen gibt es nicht nur beim Bundestag, sondern auch in den Landtagen, bei der EU, in Ministerien oder bei politischen Stiftungen.
Und was verdiene ich da?
Bezahlt werden Referenten nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der Entgeltgruppe 13. Im ersten Berufsjahr entspricht das 3.573 Euro monatlich.
Obwohl ich wusste, worauf ich mich einlasse, war ich am Anfang überrascht, dass ich nicht nur Aufträge bekomme, sondern selbst mit Ideen zu meinen Vorgesetzten gehen kann. Ich arbeite nicht nur zu, sondern bin gehalten, aus eigener Initiative zu beraten. Mir macht das großen Spaß, und es motiviert mich, mit Kreativität und Eigeninitiative an die Arbeit zu gehen. Was mir an meinem Job auch gefällt, ist, dass er sehr abwechslungsreich ist. Empfehlen kann ich meinen Job auf jeden Fall. Ich finde mein Aufgabenfeld auch nach vier Jahren noch total spannend und lerne ständig Neues dazu.
Wenn jemand sich vorstellen kann, in diesem Beruf zu arbeiten, würde ich dringend dazu raten, Praktika in dem Bereich zu machen und selbst Erfahrungen im politischen Raum zu sammeln. Als studentische Mitarbeiterin habe ich schon vieles mitbekommen, was ich im Studium niemals gelernt hätte. Dabei geht es um ganz unterschiedliche Dinge, zum Beispiel darum, wie das politische Berlin tickt, wie Fraktionen funktionieren und dass jede Partei ein ganz eigenes System mit einer speziellen Funktionsweise ist.
Franziska Gehrke, Referentin für Demografie und Jugendpolitik Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag
Illustration: Frank Höhne