Das soziale Netzwerk Facebook und der Journalismus – das war schon immer eine komplizierte Geschichte. Einfacher wird sie vermutlich auch in Zukunft nicht, aber nun kommt ein weiteres Kapitel hinzu: Im „Facebook Journalism Project“ will der Konzern deutlich enger mit Redaktionen und Medienhäusern zusammenarbeiten.
Das Projekt ist eine Antwort von Facebook auf die Debatte um „Fake News“, die besonders rund um die Präsidentschaftswahl in den USA entflammt ist. So wurde über Facebook beispielsweise – drei Tage vor der Wahl – die Nachricht verbreitet, es habe ein FBI-Agent Selbstmord begangen, der mit der E-Mail-Affäre der Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, befasst gewesen sein soll. Über ihren Kontrahenten Donald Trump wurde geschrieben, dass er in einem Interview von 1998 die Unterstützer der Republikaner in den USA als die dümmste Wählergruppe bezeichnet habe. Beide Meldungen waren inhaltlich falsch.
„Fundierte Entscheidungen über die Vertrauenswürdigkeit von Nachrichten“
Da sich Facebook nun seit geraumer Zeit mit Forderungen konfrontiert sieht, endlich etwas gegen solche kalkuliert in die Welt gesetzten Falschmeldungen zu unternehmen, kommt das „Journalismus-Projekt“ nicht ganz überraschend. Konkret soll es darum gehen, gemeinsam mit Medienpartnern nach neuen Wegen zu suchen, wie redaktionelle Inhalte auf Facebook präsentiert werden können. Außerdem sollen sowohl Journalisten als auch die Nutzer des Netzwerks fortgebildet werden, damit sie „fundierte Entscheidungen über die Vertrauenswürdigkeit von Nachrichten treffen können“, wie es in der Ankündigung heißt. Dazu soll es Onlinekurse geben. Zumindest die Förderung der Medienkompetenz normaler Nutzer dürfte ein kompliziertes Unterfangen werden. Fast 1,8 Milliarden Menschen weltweit nutzen Facebook pro Monat aktiv.
Als einer der ersten Partner steht das unabhängige Recherchebüro Correctiv fest. Wie dessen Leiter David Schraven mitteilte, werde in den nächsten Wochen getestet, wie die Zusammenarbeit konkret aussehen wird. Nutzer sollen die Möglichkeit bekommen, Beiträge als „Fake News“ zu markieren. Ab einer nicht genannten Verbreitungsschwelle sollen sich dann die Journalisten vom Correctiv mit der Prüfung befassen; von ihnen als falsch beurteilte Inhalte sollen danach mit einem Warnhinweis angezeigt werden. Correctiv soll während der Testphase kein Geld für diese Arbeit erhalten.
„Facebook ist ins Nachrichtenbusiness hineingestolpert, ohne System oder redaktionelle Richtlinien“
Experten bekräftigen schon sehr lange, dass Facebook von vielen Menschen als Nachrichtenseite benutzt wird und der Plattform damit eine Verantwortung zukommt, der sie sich stellen muss. Claire Wardle von der Forschungseinrichtung „Tow Center for Digital Journalism“ analysiert etwa: „Facebook ist ins Nachrichtenbusiness hineingestolpert, ohne System oder redaktionelle Richtlinien. Nun gibt es den Versuch einer Kurskorrektur.“ Allerdings lässt sich zu diesem frühen Zeitpunkt kaum sagen, ob der Kampf gegen „Fake News“ auf diese Weise gelingen kann. Auch wäre es noch zu früh zu sagen, ob das Projekt dazu dienen wird, vor allem die eigene Position auf dem Nachrichtenmarkt zu stärken und neue Vertriebswege zu erschließen.
Aus den Medienhäusern selbst kommt einige Zustimmung. Die „Washington Post“ zitiert auf ihrer Website ihren Informationschef Shailesh Prakash mit der Einschätzung, dass er sich aus der Verbindung der journalistischen Expertise der Medienhäuser und der technischen Expertise von Facebook viel Gutes erhoffe. Die Zeitung zählt ebenfalls zu den bereits bekanntgegebenen Partnern der Facebook-Initiative.
Auch wenn die Details noch unklar sind, scheint Facebook mit dem Projekt seine Rolle als Nachrichtenseite anzunehmen – eine Rolle, gegen die sich das Netzwerk und sein Chef Mark Zuckerberg lange gesträubt haben.
In der ersten Version dieses Artikels war zu lesen, Correctiv werde dem Vernehmen nach von Facebook kein Geld für seine Arbeit erhalten. Diese Aussage ist nicht richtig. Wie Correctiv mitteilte, habe man bislang bloß keine Vorstellung vom Arbeitsaufwand und könne somit die Kosten noch nicht beziffern.