1) Der Abischnitt
Ein bestandenes Abitur ist oft die Voraussetzung dafür, ein Studium an jeder beliebigen der gut 400 Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen im Land zu beginnen. Doch was und wo man studiert, ist nicht unbedingt frei wählbar. Fast jeder zweite Studiengang ist aktuell zulassungsbeschränkt – das heißt, bei diesen Studienangeboten bewerben sich mehr Personen, als Plätze zur Verfügung stehen. In diesen Fällen entscheidet der Numerus clausus (NC). Studieren darf nur, wer einen gewissen Abischnitt hat.
Dass das nicht immer gerecht ist, hat vor ein paar Jahren sogar das Bundesverfassungsgericht beanstandet. Eines von seinen Argumenten: Die Anforderungen an das Abitur unterscheiden sich in den Bundesländern so stark, dass die Abschlussnoten wenig vergleichbar sind. Tatsächlich erzielen Abiturienten und Abiturientinnen in Thüringen seit Jahren die mit Abstand besten Schnitte. Wer also in Erfurt zur Schule geht, hat statistisch gesehen deutlich bessere Chancen, einen der begehrten Studienplätze in Humanmedizin oder Psychologie zu ergattern, als Absolvierende aus Stuttgart, Kiel oder Mainz. Wegen dieser Verzerrung müssen Hochschulen mittlerweile auch andere Kriterien bei der Auswahl ihrer Studierenden berücksichtigen, etwa praktische Erfahrungen oder Eignungstests. Welche genau, das bleibt den Hochschulen überlassen. Das wichtigste Kriterium bei der Studienplatzvergabe ist aber nach wie vor: die Abinote.
2) Die Arbeitslosenzahl
Im Jahr 2019, kurz bevor die Pandemie den Arbeitsmarkt lähmte, hatte die Bundesregierung Grund zum Feiern. Die Arbeitslosenzahl befand sich auf dem niedrigsten Wert seit der deutschen Wiedervereinigung: unter 2,3 Millionen. Keine 15 Jahre früher waren es schon mal mehr als doppelt so viele. Zu der Statistik werden in Deutschland alle Personen gerechnet, die sich bei einer Arbeitsagentur, einem Jobcenter oder einer Kommune arbeitssuchend melden und für eine Jobvermittlung zur Verfügung stehen. In Wahrheit ist die Zahl der Arbeitslosen aber höher – im Jubeljahr 2019 fielen nach Schätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung fast eine Million Menschen aus der offiziellen Statistik, unter anderem weil sie gar nicht beim Amt gemeldet waren, sich in Warteschleifen des Bildungs- und Ausbildungssystems befanden oder gerade an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme wie einer Umschulung teilnahmen. Im internationalen Vergleich hat Deutschland eine eher niedrige Arbeitslosenquote, allerdings zum Preis eines florierenden Niedriglohnsektors, den die Politik in der Vergangenheit gezielt gefördert hat und in dem vor Corona fast acht Millionen Menschen beschäftigt waren. Hunderttausende dieser Minijobber haben nun in der Pandemie ihre Arbeit verloren – auch deshalb sprang die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 2020 um fast eine halbe Million in die Höhe. Mittlerweile nähert sie sich aber wieder früheren Bestwerten.
3) Inflation
Sie ist ein Gradmesser für die Gesundheit einer Volkswirtschaft. Von Inflation spricht man, wenn das allgemeine Preisniveau anhaltend über einen bestimmten Zeitraum steigt. Je höher die Preissteigerung, desto schneller verliert die Währung ihren Wert. Heißt: Die Kaufkraft des Geldes sinkt, die Menschen können sich für ihr Geld weniger leisten. In Deutschland hat die Preisentwicklung – mit Ausnahme einzelner Steigerungen wie zuletzt bei den Mieten – selten für öffentliches Aufsehen gesorgt. Im vergangenen Jahr jedoch lag die Inflation im Jahresdurchschnitt mit 3,1 Prozent gegenüber 2020 plötzlich so hoch wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Und sie steigt munter weiter: Im Mai 2022 lag sie schon bei 7,9 Prozent. Ökonomen führen den Anstieg unter anderem auf pandemiebedingte Lieferengpässe und teurere Rohstoffe zurück. Aktuell treibt der Krieg in der Ukraine die Energiepreise in die Höhe. Um eine Inflation zu bremsen, können die Zentralbanken der jeweiligen Staaten den Geldumlauf drosseln – zum Beispiel über Leitzinserhöhungen. Weil das aber auch die Konjunktur abwürgen kann, schrecken Währungshüter vor solchen Maßnahmen zurück. Den EU-Staaten passt das gut, so können sie günstig Kredite aufnehmen, die sie derzeit dringend benötigen (siehe Punkt 4). Für die Bürger aber bedeutet das: Die Preise werden erst mal weiter steigen.
4) Verschuldung
Das vergangene Jahr hielt gleich zwei haushaltspolitische Rekorde parat: 215 Milliarden Euro nahm die Bundesregierung 2021 an Nettokrediten auf – so viel wie nie zuvor. Und auch die öffentliche Verschuldung erreichte einen neuen Höchststand: 2,32 Billionen Euro. Vor 20 Jahren war der Schuldenberg noch etwa halb so groß. Und vor der Pandemie und den gewaltigen Hilfspaketen kam der deutsche Staat einige Jahre lang sogar ganz ohne neue Schulden aus. Jetzt benötigt er mehr Geld, als er über Steuern und andere Abgaben einnimmt. Er macht also Schulden, um seinen Haushalt auszugleichen. Auch in diesem Jahr will die Bundesregierung knapp 140 Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen. Aus Sicht vieler Ökonomen kein Problem, solange die Zinsen niedrig sind und die Wirtschaft schneller wächst als die Schulden. So wie in den Jahren nach der Finanzkrise. Trotz massiver Neuverschuldung blieben Deutschland dank des Wachstums Steuererhöhungen oder drastische Einschnitte erspart. Ob es erneut so kommt, ist offen. Schließlich will die Ampelkoalition ab kommendem Jahr wieder die 2016 eingeführte (und seit Beginn der Pandemie ausgesetzte) Schuldenbremse einhalten. Sie bedeutet, dass Bund und Länder ohne neue Kredite auskommen sollen. Manche Experten befürchten, dass dringend notwendige Investitionen deshalb unterbleiben, und fordern mehr Flexibilität im Umgang mit Staatsschulden. Diesen Weg scheint auch die EU-Kommission gehen zu wollen. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt, eine Art Schuldenbremse für den Euroraum (zurzeit ebenfalls ausgesetzt), soll reformiert werden, weil viele der Länder die Kriterien für Schuldenquoten und Haushaltsdefizite nicht mehr erfüllen. Auch Deutschland nicht.
5) Wirtschaftswachstum
Kaum eine Nachricht löst hierzulande so viele Sorgen aus wie die über einen bevorstehenden Wachstumseinbruch. Also darüber, dass das Wirtschaftswachstum über mindestens zwei aufeinanderfolgende Quartale abnimmt. Ökonomen sprechen dann von einer Rezession. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und den damit verbundenen Folgen für die Wirtschaft haben die Warnungen vor dieser Entwicklung wieder zugenommen. Vorherige Rezessionen zeigen, warum: Immer wenn das Wirtschaftswachstum stark schrumpft, hat das meist erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt – was wiederum der Wirtschaftsentwicklung schadet und damit potenziell den Wohlstand aller gefährdet. Zumindest nach der verbreiteten Auffassung, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP), das die Wirtschaftsleistung eines Staates misst, auch dessen Wohlstand treffend beschreibt. Diese Gleichsetzung greift jedoch selbst Ökonomen zu kurz. Wie gut es einer Gesellschaft geht, könne nicht allein an der Menge der produzierten Waren und Dienstleistungen gemessen werden. Demnach nämlich müsste es den Menschen in Deutschland heute deutlich besser gehen als vor 30 Jahren. In dem Zeitraum hat sich das BIP schließlich mehr als verdoppelt. Alternative Messinstrumente wie der Nationale Wohlfahrtsindex, der neben wirtschaftlicher Leistung etwa auch die Einkommensverteilung, Umwelteinflüsse oder Ehrenämter in den Blick nimmt, zeigen aber, dass es einer Gesellschaft schlechter gehen kann, selbst wenn die Wirtschaft wächst. Viel grundsätzlicher ist eine andere Kritik am Wirtschaftswachstum, nämlich dass kapitalistische Gesellschaften einem regelrechten Wachstumszwang unterworfen seien – die Ressourcen des Planeten aber endlich sind. Die Regierung in Berlin setzt wie die EU-Kommission daher neuerdings auf „klimaneutrales Wachstum“. Experten bezweifeln, dass dies überhaupt möglich ist. Sicher ist nur: Deutschland hat 1967 ein „angemessenes“ und „stetiges“ Wirtschaftswachstum als Ziel seiner Wirtschaftspolitik festgelegt – und ist seither nicht davon abgerückt.