NIKOLAUS & NORDMANNTANNE
Die rosa Speckwangen im vergnügten Opagesicht hat er von Coca-Cola, Gleiches gilt für Rauschebart und roten Mantel: Der Nikolaus, wie wir ihn kennen, ist ein Kunstprodukt, geschaffen zu Werbezwecken von genanntem Softdrink-Hersteller. Aber: Nikolaus gab es tatsächlich. Würde er heute leben, hätte der wundertätige Bischof von Myra, Ende des 3. Jahrhunderts in Kleinasien geboren, einen türkischen Pass. Mittlerweile nimmt man jedoch an, dass sich die legendäre Figur des Heiligen aus zwei Personen zusammensetzt: besagtem Bischof Nikolaus von Myra und dem gleichnamigen Abt von Sion, Bischof von Pinora, aus dem 6. Jahrhundert. Übrigens: Auch der deutsche Weihnachtsbaum-Favorit, die Nordmanntanne, hat ihre Wurzeln unter anderem in der Türkei. 

TULPE
Als Heimat der Tulpe gilt Zentralasien. Turkmenische Nomaden brachten die lale (Türkisch: Tulpe) im 13. Jahr- hundert nach Anatolien. Drei Jahrhunderte später verzaubert sie Konstantinopel, sie schmückt Paläste, Ge- bäude, Textilien. Darum, ob ein niederländischer Tuchhändler oder ein habsburgischer Gesandter die ersten Tulpenzwiebeln nach Europa brachte, ranken sich Legenden. Sicher ist: Die Tulpe ist nicht nur Symbol der Niederlande, sondern auch Nationalblume der Türkei. 

GRUNDIG
2004 übernahmen Beko Elektronik, Ableger des türkischen Industrieriesen Koc, und der britische Konzern Alba je zur Hälfte die Geschäfte des insolventen deutschen Traditionsunternehmens Grundig – einst Symbol für Aufschwung und Wirtschaftswunder made in BRD. Im Bereich der TV-Geräte produzierte sich Koc in kürzester Zeit auf Platz zwei in Europa, die Wiederbelebung der Marke Grundig ist gelungen. 

JOGHURT
Mit Körpertemperatur Joghurt produzieren – eine wunderbare Entdeckung der Thraker, die vom 6. bis 4. Jahrhundert vor Christus auch in Kleinasien siedelten. Um den Gürtel sollen sie ein mit Milch gefülltes Lammfellsäckchen getragen haben. Körperwärme und die Mikroflora im Beutel sorgten für die Milchsäuregärung und damit für einen Ahn unseres heutigen Joghurts. Im 16. Jahrhundert verbreitete sich der Joghurt in Westeuropa: Ein türkischer Arzt soll die Magenschmerzen des französischen Königs Franz I. mit Joghurt gelindert haben. Der Begriff selbst stammt aus dem Thrakischen und bedeutet „dicker machen“. Womit das Milchprodukt gemeint ist, nicht der Körperumfang des Verbrauchers. 

TROMMEL & BECKEN
Bei der Entwicklung der großen Trommel (davul), in der Schlagzeugszene heute besser als Bassdrum bekannt, gaben die Türken einst den Takt vor. Gleiches gilt für die Becken mit ihrem hallenden Zischklang, auch sie stammen aus Asien. Über die Janitscharenmusik gelangten diese Schlaginstrumente „alla turca“ während der Türkenkriegeim16.Jahrhundertindiemitteleuropäischen Militärorchester. Doch nicht nur dorthin: Auch in der Klassik komponierte man perkussionsinspiriert, Mozart etwa Die Entführung aus dem Serail. 

MAVI-JEANS
Kate Winslet hat eine, Juliette Lewis auch, Antonio Banderas schlüpft hinein und auch den Sugababes sollen sie ausge- zeichnet stehen: Mavi-Jeans. 1991 in Istanbul gegründet, verkauft das türkische Unternehmen heute pro Jahr mehr als sieben Millionen „perfect fitting jeans“ in 50 Ländern. Damit gehört Mavi zu den weltweit führenden Jeansproduzenten, was vielleicht am „mediterranen Gefühl“ liegt, das die Hosen laut Marken-Philosophie vermitteln sollen. Weniger einfallsreich als die Kreationen ist im Übrigen der Name: mavi bedeutet übersetzt ganz simpel „blau“. 

GELDAUTOMAT
Karte rein, Scheine raus, und das rund um die Uhr. Wie konnte die Welt je ohne Geldautomaten existieren? Ideengeber für die praktischen Maschinen war der aus derTür- kei stammende Armenier Luther George Simjian. Geboren und aufgewachsen in Südostanatolien, wanderte er in die USA aus und steckte dort im besten Wortsinne eine Menge Geld in seine Erfindung, eine automated teller machine. Die City Bank of New York nahm das Gerät, Baujahr 1939, testweise in Betrieb – mangels Nachfrage aber nur für sechs Monate.Erst in den Sechzigern wurde die Idee von anderen Tüftlern wieder aufgegriffen und weiterentwickelt. Und Simjian? Der bastelte fortan ferngesteuerte Frankiermaschinen und Teleprompter. 

HASELNUSS

In Deutschland muss die Haselnuss für eine Menge herhalten. Für Volkslieder zum Beispiel oder als „Küsschen“, zumindest wenn sie mit Nougatcreme und Schokolade umhüllt ist. Für die Germanen war die Hasel Symbol für Fruchtbarkeit und Zeugungskraft. Ursprünglich stammen die kleinen Kalorienschleudern mit durchschnittlich 61 Prozent Fettgehalt aus Eurasien. Heute kommen drei Viertel der Welthaselnussproduktion aus der Türkei, die Nuss von der Schwarzmeerküste wird in mehr als neunzig Länder exportiert. Stärkster Abnehmer ist Deutschland.