In den vergangenen Jahren kostete ein Kilo deutscher Zucker gleich bleibend 0,63 Euro. Diese Stabilität basierte auf einem komplizierten Mechanismus von Preisen, Produktionsquoten und Subventionen, den die EU festgelegt hatte, um die europäischen Landwirte vor internationalen Billiganbietern zu schützen. Dagegen klagten 2005 Brasilien, Thailand und Australien bei der Welthandelsorganisation WTO. Sie bezogen sich auf das GATT-Abkommen von Uruguay aus dem Jahr 1994, das Chancengleichheit auf dem Weltmarkt verlangt. Sie bekamen Recht. Der Zuckermarkt, der im Jahr etwa 63 Milliarden Euro Umsatz macht, wurde reformiert. Seit der Zuckerrübenernte im September 2006 wird der deutsche Zuckerpreis bis 2009 schrittweise gesenkt. Gleichzeitig werden Zuckerimporte nach Europa erlaubt und die finanzielle Unterstützung der Landwirte zurückgefahren. Da deutsche Bauern mit ihren brasilianischen Kollegen in puncto Löhne, Fruchtbarkeit des Bodens und Größe der Äcker kaum konkurrieren können, gibt es Warnungen vor verkarsteten Äckern und brachliegenden Feldern, weil es sich in Deutschland bald nicht mehr rechnet, Zuckerrüben anzubauen. Hinzu kommt, dass die Arbeitsbedingungen der brasilianischen Zuckerrohrschneider von Kritikern mit Sklaverei gleichgesetzt werden: Dort würden etwa durch das Abbrennen des Regenwaldes nicht nur ökologische, sondern auch soziale Standards oftmals untergraben.

Zucker ist längst eine wertvolle Ware geworden, die zu mehr als zum Süßen von Speisen und Getränken verwendet wird. Neben seiner Bedeutung als nachwachsender Rohstoff, beispielsweise für die Herstellung von Kunststoffen, ist er als Kraftstoff in Form von Ethanol inzwischen fast so kostbar wie Erdöl. Seit dem 1. Oktober 2005 kann man auch in Deutschland Autos mit Flexi-Fuel-Motoren oder Total-Flex-Motoren kaufen, betrieben entweder mit Ethanol oder Benzin beziehungsweise nur mit Ethanol. In Brasilien, wo fast 17 Milliarden Liter Ethanol produziert werden, rollte Mitte 2006 das letzte Auto mit reinem Benzinmotor vom Band. Noch ist der Kraftstoff Ethanol preiswert, erst wenn der Ölpreis unter 37 Dollar pro Gallone sinkt, wird Benzin billiger sein als Alkohol aus Zuckerrohr. Doch je höher der Benzinpreis ist, desto mehr Zucker wird in Brasilien zu Treibstoff verarbeitet, was wiederum den Zuckerpreis ansteigen lässt. Zucker als Grundlage für Ethanol könnte übrigens auch die deutschen Landwirte vor dem Ruin bewahren, da dieser Anbau keinen Quoten unterworfen sein wird und laut Plänen der EU-Kommission subventioniert werden soll. Doch obwohl Zucker billiger importiert werden kann, könnte er als Süßstoff teurer werden – aufgrund seiner Zweit-identität als Ethanol-Lieferant. Es gibt deutsche Süßwarenunternehmen, die bereits damit rechnen, ihre Preise für Kekse oder Schokolade in naher Zukunft erhöhen zu müssen.

Zuckerverbrauch 2005/06: 147,5 Mio. Tonnen
Davon entfielen auf (Zahlen gerundet):
Asien 63,3 Mio. t
Europa 31,5 Mio. t, davon EU 18,0 Mio. t
USA 19,2 Mio. t
Südamerika 18,0 Mio. t
Afrika 13,9 Mio. t
Ozeanien 1,50 Mio. t


So viel Zucker ist drin:
19 g in 100 g Kraft Tomatenketchup**47 g in 1,0 l Bionade Holunder**21,6 g in 150 g Andechser Öko-Joghurt, Vanille**13,1 g in 100 ml Actimel Drink Orange**382 g in 400 g Krüger Eistee-Pulver**106 g in 1,0 l Coca-Cola**91,9 g in der 375-g-Packung Dr. Oetker Vitalis Schoko Müsli**234 g in der 600-g-Packung Kellogg’s Frosties**10,5 g in 1 Hanuta-Keks**234 g in der 300-g-Packung Haribo-Goldbären**243 g im 450-g-Glas Nutella**8,6 g in der Salami-Pizza von Dr. Oetker**76,2 g in 100 g Nesquick-Pulver „Das Plus zur Milch“**3,9 g in 0,1 l Berliner Weiße mit Schuss**1,5 g in 100 g Weizentoastbrot**0,074 g in 100 g Salami**64 g in 100 g Rosinen**5–15 % Zuckertensid in 1,0 l Sonett Waschmittel flüssig**96 % in Kinder Em-eukal Hustenbonbons**18,7 g im 115-g-Becher Dany plus Sahne Schoko**5,8 g in 0,25 l Pinar Ayran von Rhöngold**134 g in 500 g Granovita Müsli „Unser Bestes“**1,5 g in 25 g Erbacher Dinkel Power Snack Frucht


Zuckerverbrauch nach Ländern 2004 
in kg Weißzucker pro Kopf (Auswahl):

Kuba 56,9
Brasilien 54,5
Israel 51,7
Australien 47,9
Mexiko 46,3
Schweiz 41,3
EU 15 35,5
Marokko 35,4
Deutschland 34,3
Thailand 33,0
USA 28,2
Albanien 26,0
Pakistan 24,7
Welt 21,0
Indien 17,8
Ghana 9,0
China 8,2

Zuckerproduktion 2005/2006
127 Länder produzieren weltweit Zucker, 79 Länder gewinnen ihn aus 
Zuckerrohr (Ro), 38 nur aus Zuckerrüben (Rü), 10 aus beiden Pflanzen. 2005/2006 wurden 148,8 Millionen Tonnen Zucker produziert, davon 
26 % aus Zuckerrüben (38,3 Millionen Tonnen) und 74 % (109,4 Millionen Tonnen) aus Zuckerrohr. 

Brasilien 29,3 Mio. t Ro
EU 21,2 Mio. t Rü
davon: Frankreich 4,3 Mio. t
Deutschland 4,0 Mio. t 
Polen 2,0 Mio. t
Indien 19,5 Mio. t Ro
China 9,9 Mio. t Ro
USA 7,3 Mio. t (2,3 Mio. t Ro + 5,0 Mio. t Rü)
Mexiko 5,8 Mio. t Ro
Australien 5,5 Mio. t Ro
Thailand 5,0 Mio. t Ro
Pakistan 3,1 Mio. t Ro
Russland 2,4 Mio. t Rü
Türkei 2,0 Mio. t Rü
Ukraine 1,9 Mio. t Rü
Kuba 1,7 Mio. t Ro
sonstige 33,4 Mio. t