Thema – Nazis

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Der Aussteiger

Im Film „Skin“ von Guy Nattiv kehrt ein gewalttätiger Neonazi der Szene den Rücken – und das tut ganz schön weh

  • 3 Min.
Film "Skin" (Foto: Guy Nattiv)

Worum geht’s? 

Bryon Widner ist ein Rassist. Der gewalttätige white suprematist lebt im Mittleren Westen der USA, lässt keine Prügelei aus und feiert jedes seiner hate crimes mit einer Tätowierung – viele davon trägt er im Gesicht. Doch dort sieht man zwischen den rassistischen Symbolen bald immer mehr Zweifel aufkommen. Als er die dreifache Mutter Julie kennenlernt, wird ihm klar, dass er aussteigen will aus der Szene, die ihn quasi adoptiert hat, als er ein obdachloser Teenager war. Doch seine Nazi-Wahlfamilie will ihn nicht ziehen lassen. 

Was soll uns das sagen? 

Es ist unendlich schwierig auszusteigen, wenn man einmal dabei ist. Der Spielfilm des israelischen Regisseurs Guy Nattiv erzählt von der Brutalität der Neonazi-Szene einerseits und vom inneren Gruppenzwang andererseits. Und er basiert auf der wahren Geschichte von Bryon, die allerdings angereichert wird mit ein paar dramatischen Zuspitzungen. Wer ihm letztlich hilft, eine neue Identität anzunehmen und vor seiner gewalttätigen Ex-Clique zu fliehen, ist Daryle Jenkins – auch ihn gibt es wirklich. Der Aktivist gründete den Verein One People’s Project, der die extreme Rechte in den USA seit dem Jahr 2000 beobachtet. Seit der Wahl Donald Trumps ist er ein gefragter Experte geworden.

A reformed skinhead, Bryon Widner was desperate to rid himself of the racist tattoos that covered hi

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Kein Filmtrailer, sondern ein Clip über den echten Bryon Widner, der schon noch ganz gut tätowiert ist, aber eben nicht mehr mit rassistischen Symbolen im Gesicht.

Wie wird’s erzählt?

Ziemlich schmerzhaft. Den erzählerischen Rahmen bilden die 25 Sitzungen innerhalb von 612 Tagen, bei denen Bryon sich die zahllosen Tätowierungen entfernen lässt. Immer wieder sehen wir in extremen Close-ups, wie der Laser die Tinte auf der Haut wegbrennt. Die Leiden, die diese im Film auch metaphorische Prozedur mitbringt, quälen einen auf dem Kinositz. Auch sonst lässt der Film praktisch keine Körperlichkeit aus. Es wird geprügelt, geschossen, gesoffen, gekotzt, gevögelt. Das Brutalste ist aber die autoritäre Enge des Vinlanders Social Club. Beeindruckend gespielt sind neben Bryon (Jamie Bell) auch Fred (Bill Camp) und Shareen (Vera Faminga) – die charismatischen, messianischen Chefs der Nazi-Truppe, von denen sich Bryon zu lösen versucht. Vor allem die manipulative Shareen, die alle „Mum“ nennen müssen, scheint das Zentrum der Macht zu sein. Sie weiß, wie man Nachwuchs für die Bewegung rekrutiert. 

Schwierig

Der Film drückt ein bisschen zu sehr auf die Tube. Gerade gegen Ende setzt er zu viel auf Action. Dabei verrutschen auch mal die Maßstäbe. In einer Schlüsselszene wird Bryon auf der Flucht von seinen Nazi-Freunden überfallen, er kann sich in einen Wohnwagen retten, aber seine Peiniger schnappen seinen geliebten Rottweiler „Boss“ und erhängen ihn. Die Szene wird als emotionaler Höhepunkt mit viel Geigenmusik inszeniert. Als die Neonazi-Truppe kurz vorher vier muslimische Männer ohne Aufenthaltspapiere auf einem Schrottplatz verbrennt, geht das in einem Actiongewitter aus schnellen Schnitten und Flammen unter. 

Ideal für … 

… alle, die auch härteren Stoff aushalten und ein paar Einblicke haben wollen in die extreme Rechte, die in den USA seit einigen Jahren im Aufwind ist. 

Ab 3.10. im Kino.

Titelbild: Guy Nattiv

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.