"'Starman' war der Song von Ziggy, der die Leute inspirierte, ihm zu folgen, und es war nur ein Haufen Lügen, aber er machte weiter, und dann wurde er von seinem eigenen Ego zermalmt." (David Bowie, 1974)
Es gibt da auf Youtube diesen Konzertmitschnitt von 1972, der einem innerhalb von dreißig Sekunden die performative Klasse David Bowies vergegenwärtigt. Bowie, begleitet von seiner Band, spielt auf einer kitschig-blauen Akustikgitarre seine eben erst erschienene Single "Starman". Mit seinem brüchigen, unnachahmlichen Timbre singt er: "There's a starman waiting in the sky / He'd like to come and meet us / But he thinks he'd blow our minds." Er singt von einem Starman, der uns gerne kennenlernen möchte, aber lieber im Himmel wartet, weil wir noch nicht bereit für ihn seien – wie er glaubt.
Moment mal, denkt man, sang Bowie da nicht auch ein bisschen von sich? Von dem Star, der auf sein Publikum wartet, das noch nicht bereit für ihn ist? "Starman" allerdings, eine der Single-Auskopplungen
des Ziggy-Stardust-Albums, war ein Riesenerfolg in der Karriere Bowies, ein Übersong mit einer der strahlendsten Hooklines in der Geschichte des Glamrocks.
Es gibt da auf Youtube diesen Konzertmitschnitt von 1972, der einem innerhalb von dreißig Sekunden die performative Klasse David Bowies vergegenwärtigt. Bowie, begleitet von seiner Band, spielt auf einer kitschig-blauen Akustikgitarre seine eben erst erschienene Single "Starman". Mit seinem brüchigen, unnachahmlichen Timbre singt er: "There's a starman waiting in the sky / He'd like to come and meet us / But he thinks he'd blow our minds." Er singt von einem Starman, der uns gerne kennenlernen möchte, aber lieber im Himmel wartet, weil wir noch nicht bereit für ihn seien – wie er glaubt.
Moment mal, denkt man, sang Bowie da nicht auch ein bisschen von sich? Von dem Star, der auf sein Publikum wartet, das noch nicht bereit für ihn ist? "Starman" allerdings, eine der Single-Auskopplungen des Ziggy-Stardust-Albums, war ein Riesenerfolg in der Karriere Bowies, ein Übersong mit einer der strahlendsten Hooklines in der Geschichte des Glamrocks.
Schillerndes Alter Ego
David Bowie, der Verwandlungskünstler, hat, wie man in dem TV-Mitschnitt sehen kann, alles im Griff. Er wirft smarte, verführerische Blicke ins Publikum. Er vergisst nicht, mit seiner Band zu kommunizieren. Man wundert sich, weshalb man ihn in seiner albernen Ziggy-Stardust-Kluft nicht entsprechend albern findet. Bowie trägt einen rotorangen Vokuhila und einen eng anliegenden gold-blau-roten Hippieanzug barocker Anmutung. Der Punkt ist, Bowie ist ein unglaublich überzeugender Performer: grazil, beweglich, treffsicher, ernsthaft.
Über Ziggy Stardust, sein schillerndstes Alter Ego, sagt Bowie: "Damals war ich absolut Ziggy Stardust. Es war keine Rolle mehr. Ich war er." Natürlich fiel Ziggy Stardust nicht aus den Wolken, so wie der sehr von Stanley Kubricks "2001" und "A Clockwork Orange" faszinierte Bowie in seiner Rolle als Außerirdischer in Nicolas Roegs Spielfilm "Der Mann, der vom Himmel fiel" (1976).
Gleichwohl kann man Bowies Glamrock-Album "The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from Mars" durchaus mit einem Raumschiff vergleichen. Es produzierte wahnsinnig viel Feedback-Lärm bei seiner Landung in London, damals vor vierzig Jahren. An Bord hatte es diese unglaublichen Songs, "Ziggy Stardust", "Lady Stardust", "Rock'n'Roll-Suicide" und "Starman" natürlich.
Sprung durch das Schwarze Loch
"Ein Song braucht einen Charakter, eine Form, einen Körper", sagte David Bowie einmal. Auf "Ziggy Stardust" wird Bowie zu einem prophetischen Songschreiber und Rockstar einer traurigen Welt beinahe ohne Zukunft. Zu einem durchgeknallten Drogenfreak, auch das. Aber zu einem mit Durchblick: Ziggy kann nämlich mit Außerirdischen sprechen, mit den sogenannten "Starmen". Zumindest erzählt er das. Um eines dieser unsichtbaren Wesen der Unendlichkeit geht es im Song "Starman". Dieser, ein "black-hole jumper", der durch das Schwarze Loch die Welten wechselt, hat Ziggy in einem Traum aufgesucht, damit er von ihnen kündet. Die Jugend soll die Hoffnung nicht verlieren.
Denn die Welt, so der Plot von "Ziggy Stardust", wird spätestens in fünf Jahren an einem Mangel an Ressourcen zugrunde gehen. Lust auf Rock hat eigentlich niemand, Strom für elektrische Instrumente gibt es keinen. Ziggy schickt sich an, die Welt vor dem sicheren Ende zu bewahren, durch Liebe, Sex – und durch Rock'n'Roll. Diese Idee soll ihm der Starman eingeflüstert haben: "He told me: Let the children lose it / Let the children use it / Let all the Children boogie." Die Kiddies sollen ihren Spaß haben. Das ist also, laut Bowie, eine Devise von ganz oben.
Der Starman meint es gut mit uns Menschen. Er möchte, dass sie es nicht vermasseln. Er weiß, dass sich das Leben lohnt: "He's told us not to blow it / Cause he knows it's all worthwhile." Ziggy verbreitet diese und andere emphatische Nachrichten über das Radio, wird aber irgendwann Opfer seiner Ausschweifungen. Zu viele Drogen, ein viel zu großes Ego. Er verliert seine Fans, sie wenden sich ab. Schließlich verliert er sich selbst. Er hat es vermasselt.
Michael Saager schreibt für verschiedene Magazine und Zeitungen und ist leitender Redakteur des Magazins pony. Er lebt in Berlin.