Morgens erst mal einen Nescafé und Cini-Mini-Cornflakes, am Mittag ein Maggi-Fertiggericht, dazwischen ein Lion und am Abend noch eine Scheibe Brot mit Schinken von Herta und Thomy-Mayonnaise. Das weltgrößte Lebensmittelunternehmen Nestlé beherbergt 8.000 verschiedene Marken, von denen man sich tagelang ernähren kann – ohne zu merken, dass sie alle zu einem einzigen Konzern gehören. 283.000 Menschen beschäftigt das schweizerische Unternehmen auf fünf Kontinenten, im vergangenen Jahr machte es einen Gewinn von knapp zwölf Milliarden Euro. Nestlé ist der weltgrößte Lieferant von Mineralwasser, produziert ziemlich viel Speiseeis und ist auch im Bereich der Tiernahrung Marktführer. Während der Lebensmitteleinzelhandel noch weitgehend national organisiert ist, treten die Nahrungsmittelhersteller zunehmend in multinationalen Konzernen auf. Die 100 größten Lebensmittelhersteller der Welt stellen ein Viertel der Weltproduktion an Lebensmitteln. Zu ihnen gehören neben Nestlé auch Kraft Foods (u. a. Jacobs Kaffee, Milka, Toblerone, Mirácoli, Philadelphia) und Unilever (u. a. BiFi, Knorr, DuDarfst, Langnese). Für den Verbraucher bedeutet das, dass er seinen Lieblingsschokoriegel nicht nur zu Hause, sondern auch beim Badeurlaub an der brasilianischen Küste und auf der Geschäftsreise in Japan kaufen kann – vielleicht aber keine einheimischen Produkte mehr, weil große Konzerne Mitbewerber mit Dumpingpreisen ausstechen und so lokale Produkte vom Markt verdrängen können.

Die Ausgangsprodukte für seine Kaffee- und Schokoladenprodukte bezieht Nestlé aus Ländern, in denen Menschenrechtsstandards oft nur auf dem Papier bestehen. Zum Beispiel die Elfenbeinküste: Mehr als ein Drittel des weltweit erzeugten Kakaos stammt aus dem afrikanischen Land. Nach Schätzungen der britischen Menschenrechtsorganisation Anti-Slavery International müssen in der Elfenbeinküste bis zu 200.000 Kinder auf Kakaoplantagen arbeiten. Die weltweite Kakaoproduktion wird von einigen wenigen Firmen beherrscht, die ein Netz aus Plantagen, Fabriken und Handelseinrichtungen besitzen. Als Marktführer hat Nestlé großen Einfluss auf die extrem niedrigen und schwankenden Weltmarktpreise von Kakao und damit auch auf die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen. Angesichts immer knapper werdender Wasserressourcen wird seit einigen Jahren außerdem diskutiert, ob städtische Wasserversorgungen privatisiert werden dürfen und damit Teil der Nahrungsmittelindustrie werden – oder in öffentlicher Hand verbleiben sollen. Im 2005 erschienenen Dokumentarfilm »We feed the world« sagte Peter Brabeck-Letmathe, jetziger Verwaltungsratschef von Nestlé, er sei nicht der »extremen Ansicht«, dass es ein Grundrecht auf Wasser gäbe. Stattdessen solle es einen Marktwert haben, um die Wertschätzung für Wasser zu erhöhen. Dies hier ist schon ein Stück vom neuen Heft, in dem es um »Ernährung« gehen wird. Wenn ihr Vorschläge und Ideen zum Thema habt, schreibt uns doch einfach an ideenlabor fluter.de