Behalt mal deine Muscheln: Die Münzen werden eingeführt
Steingeld in Mikronesien, Muschelgeld in China oder Kleidergeld in Nordamerika: Bei der Erfindung von Zahlungsmitteln zeigten sich die Völker der Welt einfallsreich, und lange Zeit dienten wertvolle, nützliche Gegenstände als Tauschmittel. Gewicht, Aussehen und Größe dieses sogenannten Naturalgeldes legten seinen Wert fest – was ein Handelsgeschäft umständlich machte. Eine praktische Erfindung war deshalb das standardisierte Münzgeld. Das erste bekannte Münzgeld stammt aus der Zeit um 630 vor Christus und wurde im Nordwesten der heutigen Türkei gefunden: eiförmige Stücke aus einer Gold-Silber-Legierung mit dem Abbild eines Löwenkopfes. Auch im Römischen Reich und bei den alten Griechen wurden Münzen aus Edelmetallen gefertigt. Die heutigen Münzen kommen nicht mehr ganz so edel daher; seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bestehen sie zum großen Teil aus Kupfer und Metallen oder Legierungen wie Nickel und Stahl – denn im Gegensatz zu früher bestimmt heute nicht das Material einer Münze den Wert, sondern die Kaufkraft des Betrags, der aufgeprägt ist.
Eine Frage der Chemie: die Karriere des Goldes
Allein die Bundesrepublik besitzt aktuell mehr als 3.400 Tonnen Gold – die meisten Barren liegen in Tresoren der Nationalbanken Frankreichs, Englands und der USA. Damit hat Deutschland nach den Vereinigten Staaten von Amerika die zweitgrößten Goldreserven weltweit. Ursprünglich lagerten die Notenbanken das Gold als Deckung für die jeweiligen Landeswährungen, inzwischen halten es die Länder als eine Art Notgroschen für Krisenzeiten. Doch warum hat Gold überhaupt einen Wert? Einfach gesagt: Es war schon immer so. Bereits antike Hochkulturen wie die Ägypter schätzten es, weil sie daraus auf einfache Weise Schmuck herstellen konnten, und es aufgrund seiner chemischen Eigenschaften nicht verwitterte. Weil es außerdem sehr selten ist, hat es einen universellen Tauschwert und wird seit Jahrtausenden als Währung eingesetzt.
Es steht auf dem Papier: die ersten Banknoten
Wenn das Kleingeldfach aus allen Nähten platzt, müssen Scheine her. Das dachten sich auch chinesische Kaufleute der Provinz Sichuan vor mehr als 1.000 Jahren, denen ihr eisernes Münzgeld einfach zu schwer wurde. Anstatt es überallhin mitzuschleppen, deponierten sie es kurzerhand in den Geschäften und nahmen dafür Depotscheine mit auf Reisen. Sie konnten von jedem, der sie besaß, wieder gegen Münzgeld eingetauscht werden. Wenig später wurden die Scheine zum Schutz vor Fälschungen bemalt und mit Geheimzeichen versehen. Die Kaiser der Song-Dynastie entdeckten das Papiergeld auch als Mittel zur Kriegsfinanzierung. Sie ließen es so exzessiv nachdrucken, dass die Scheine schnell entwertet waren und im 15. Jahrhundert wieder abgeschafft wurden.
Wer alles wechseln kann: Für und Wider des Zinses
Wer einen Kredit gibt und dafür Zinsen verlangt, hat in der Regel einen mächtigen und wohlwollenden Verbündeten: die Zeit, die dem Gläubiger mit jeder Sekunde mehr Profit einbringt. Unvorstellbar für Geistliche im Mittelalter, denn wenn die Zeit überhaupt für jemanden arbeitet, dann für den lieben Gott, und alles andere ist Wucher. Deshalb verbot die Kirche im 12. Jahrhundert Zinsen auf geliehenes Geld. Weil aber Kredite ohne Gegenleistung nicht wirklich lukrativ waren und Händler immer häufiger einen Vorschuss für ihr wachsendes Geschäft benötigten, ließen sich findige Geschäftsleute etwas einfallen: Sie stellten für ihren Kredit Schuldverschreibungen aus, sogenannte Wechsel. Zum Schluss konnten sie das oftmals dekorative Wertpapier beim Schuldner vorlegen, der den fälligen Betrag zurückzahlen musste – und obendrein eine Gebühr, die nicht unter das Zinsverbot fiel. Der Gläubiger konnte die Wechsel aber auch weiterverkaufen und sich den Wert von einer Bank auszahlen lassen. Deswegen hatten Wechsel im Mittelalter, wie im Übrigen auch schon bei den Römern, den Charakter eines regulären Zahlungsmittels.
Ein Königreich für dein Erspartes: Staatsanleihen
Schnelles Geld trotz Miesen? Schwierig für die meisten von uns, einfach aber, wenn man ein Staat ist. Entwickelt hat die Staatsanleihe das von seinen vielen Kriegen finanziell gebeutelte Venedig im 12. Jahrhundert. Kurzerhand übergab der Stadtstaat seinen Gläubigern, vornehmlich reichen Bürgern, im Gegenzug für ihr Geld Urkunden mit einem Nominalwert und einem Rentenanspruch, beispielsweise dem Recht auf zukünftige Steuern oder Pachteinnahmen, die sie weiterverkaufen konnten. Je nach politischer Lage – zum Teil handelte es sich sogar um Zwangsdarlehen – erfreuten sich diese Anleihen mehr oder weniger großer Beliebtheit. Zwar stiegen mit zunehmender Flaute im Stadtsäckel die zusätzlich zum Nominalwert ausgezahlten Beträge für neu ausgegebene Anleihen. Mit ihnen aber auch das Risiko, gar kein Geld mehr wiederzusehen. Wenn zum Beispiel ein Krieg verloren ging, für den sich der Staat Geld geliehen hatte: Nach einem teuren Zweifrontenkrieg brach der venezianische Anleihemarkt völlig ein, der Stadtstaat wurde von einer ernsten Finanzkrise geschüttelt.
Mein Giro: Schluss mit dem Münz-Durcheinander
Besonders die Italiener mischten bei der Entwicklung des europäischen Bankenwesens mit – allen voran einige Mitglieder der mächtigen und umtriebigen Florentiner Familie Medici: Bereits im 13. Jahrhundert beschrieb man sie als „banchieri“, also Bankiers; im 14. Jahrhundert machte sich ihr bis dahin weit verzweigtes Bankhaus einen Namen. Von Italien aus verbreitete sich die Abrechnung von Handelsgeschäften über Konten in Nordeuropa – so gründeten zum Beispiel die Niederländer Anfang des 17. Jahrhunderts ihre Amsterdamer „Wisselbank“. Diese Wechselbank ermöglichte es Kaufleuten, Konten in einer einheitlichen Währung einzurichten, schließlich existierten in den Vereinigten Provinzen verschiedene Münzstätten und zahlreiche ausländische Geldstücke, die den Handel erschwerten. Die Wisselbank wurde Vorreiter auf dem Gebiet der Girokonten: Dank der Abbuchungen und Überweisungen konnten immer mehr Transaktionen durchgeführt werden, ohne dass Geldbeträge in materialisierter Form von Käufern zu Verkäufern gelangen mussten – für uns heute ein selbstverständlicher Umgang mit Geld.
Die Kaum-noch-Reserve-Bank: Siegeszug des entmaterialisierten Gelds
Kann es passieren, dass alle Kunden auf einmal ihr Guthaben abheben wollen? Eine Frage, mit der sich bereits Mitte des 17. Jahrhunderts schwedische Banker beschäftigt haben. Sie sind schließlich zu folgendem Schluss gekommen: Ein solches Ereignis ist höchst unwahrscheinlich. Aufgrund dieser Erkenntnis haben die Gründer der Riksbank in Stockholm die Finanzwelt revolutioniert. Denn fortan konnten sie Kredite vergeben und an den Zinsen verdienen, ohne dass sie sämtliche Einlagen als Gold oder Münzen vorhalten mussten. Der Bank reichte ein kleiner Teil der Reserven, um flüssig zu sein. An diesem Punkt begann das Geld sich selbst zu vermehren. Es existierte seitdem immer weniger real und dafür immer mehr nur auf Kontoauszügen und in Bilanzen.
Frisches Geld: Aufkommen der Zentralbanken
Mit der schwedischen Riksbank bahnte sich die finanzielle Innovationswelle ihren Weg durch das 17. Jahrhundert – die Bank gilt heute als ein Vorläufer der modernen Zentralbanken. Gegen Ende des Jahrhunderts gründeten auch die Engländer ihre „Bank of England“, eine Aktiengesellschaft, die den Staat bei der Kriegsfinanzierung unterstützte und die im Gegenzug einige Privilegien erhielt. In den folgenden drei Jahrhunderten entstanden immer mehr Zentralbanken, die meist gesetzlich festgelegte Ziele haben: Sie versorgen Banken mit frischem Geld und sollen den Wert des Geldes und das Preisniveau im Land stabil halten. Die letzte große Innovation in Europa fand 1998 statt: Mit dem Euro kam auch eine gemeinsame Währungsbehörde für die Mitgliedsstaaten der Währungsunion; der Sitz der heutigen Europäischen Zentralbank befindet sich in Frankfurt am Main.
Erste Aktien: Große Unternehmen geben Anteilsscheine aus
Das Börsenparkett war immer schon ein hartes Pflaster. Bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts stießen, schoben und schrien sich die Händler gegenseitig an und warfen sich so manche Unverschämtheit an den Kopf. Anfangs unter freiem Himmel, später überdacht, ging es laut zu an der Amsterdamer Börse, jeder konnte mitmachen – wie beim Wetten auf Pferderennen. Objekte der Begierde waren die ersten Aktien der Geschichte. Mehrere niederländische Kaufmannskompanien hatten sich zur Vereinigten Ostindienkompanie, einer der größten Handelsgesellschaften des Jahrhunderts, zusammengeschlossen und das Eigentum in „acties“ aufgeteilt. Sogar Hausangestellte beeilten sich, Anteile zu erwerben, und schnell entwickelte sich ein florierender Markt für die begehrten Quittungen. Auch die Amsterdamer Bankiers sprangen auf den Zug auf: Sie akzeptierten die Aktien als Sicherheit und vergaben sogar Kredite für den Ankauf der Anteile. Wodurch die Verbindung zwischen dem Aktienmarkt und der Kreditschöpfung entstand.
Hand drauf: Geschäfte mit Rohstoffen
Für amerikanische Bauern war die Terminbörse ein echter Segen. So konnten sie ab 1848 auf dem Parkett der Chicago Board of Trade Mais, Weizen oder etwa Schweinebäuche verkaufen, lange bevor sie die Ernte einfuhren oder die Ferkel schlachteten. Mit sogenannten Optionen sicherten sie sich gegen eventuellen Preisverfall ab, da sie das Geld für künftige Lieferungen auf der Stelle bekamen. Auf der anderen Seite verließen sich die Käufer darauf, dass die Produkte zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert würden – oder sie verkauften die Verträge gewinnbringend weiter, wenn die Waren in der Zwischenzeit im Wert gestiegen waren. Kein Wunder also, dass sich neben Müllern und Fleischern schnell auch Spekulanten für den Handel interessierten, und Rohstoffe seitdem wieder zu einer harten Währung geworden sind. Inzwischen sind internationale Finanzgeschäfte mit Agrarprodukten umstritten, da sie unter Verdacht stehen, die Preise für Lebensmittel in die Höhe zu treiben und so das weltweite Hungerproblem zu verschärfen.
Das macht dann eine Milliarde: die Hyperinflation in Deutschland
Ein schwaches Steuersystem, ein teurer Krieg und eine hohe Reparationslast als Folge des Versailler Vertrags: So steuerten die Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg auf eine beispiellose Hyperinflation zu. Bereits zwischen 1914 und 1918 stieg die Menge der umlaufenden Banknoten um mehrere hundert Prozent an. Nach Kriegsende war das Land zahlungsunfähig, und seine Regierung pumpte immer mehr neu gedrucktes Geld in den Umlauf. Es folgte eine der radikalsten Geldentwertungen in der Geschichte. Immer mehr Geld war immer weniger wert. Wer seinen Lohn nicht gleich wieder ausgab, konnte sich schon Tage später kaum mehr etwas dafür kaufen. Kostete ein Ei im Juni 1923 noch 800 Mark, bezahlte man im Dezember schon 320 Milliarden dafür. Erst die Währungsreform änderte das. Zunächst mit der neuen Rentenmark, das Münzgesetz vom 30. August 1924 führte dann offiziell die Reichsmark ein – zum Kurs von eins zu einer Billion.