Was passiert?
Die „Schule Nummer 3“ in Nikolajewka lag 2014 im Kriegsgebiet. Die Stadt wurde eine Zeit lang von den prorussischen Kräften, die bis heute Teile der Ostukraine beherrschen, gehalten und dann von der ukrainischen Armee zurückerobert. Zwei Jahre später geben 13 Schülerinnen und Schüler aus Nikolajewka Einblick in ihr Leben und ihre Gefühlswelt.
Was zeigt uns das?
Dass sich niemand dem Krieg entziehen kann. In allen Geschichten kommt er in irgendeiner Weise vor, er durchdringt den Alltag. Viele der Jugendlichen haben Freunde oder Liebschaften durch den Konflikt verloren. Entweder weil sie im Krieg gefallen sind oder weil sie sich nicht für die „richtige“ Seite entschieden haben. Dabei ist bemerkenswert, wie weit sich die Schüler öffnen und wie reflektiert und lebensweise die meisten von ihnen schon sind – um im nächsten Moment doch noch sehr kindlich zu wirken.
Wie wird’s erzählt?
Formal ist „Shkola nomer 3“ ziemlich streng: Die Jugendlichen erzählen ihre Geschichten allein vor der Kamera. Normalerweise passiert dies anhand eines kleinen mitgebrachten Gegenstands, ein Stofflamm, eine Halskette, ein Mini-Eiffelturm sind darunter. Unterbrochen werden diese Protokolle durch kurze Alltagssequenzen in und um Nikolajewka.
Stärkste Szene
Ist eine, in der ausnahmsweise nicht so viel gesprochen wird. Es ist ein heißer Sommertag, ein Junge springt von einer Brücke in einen kleinen Fluss. Seine Begleiterin ziert sich lange, springt dann aber vollbekleidet auch. Lange sitzen die beiden an einer Art kleinem Wasserfall herum. Dem weiter östlich immer noch wütenden Krieg kann sich zwar niemand entziehen, aber er beherrscht nicht das Leben. Am Ende sind es immer noch Teenager.
Good Job!
Auch wenn die Protagonisten verbal noch etwas unbeholfen sind, manche Erzählungen ein paar Schleifen zu viel drehen, merkt man, dass sie das alles nicht zum ersten Mal erzählen. Die Regie hat großartige Arbeit mit den Protagonisten geleistet, als es darum ging, auf interessante Geschichten zu stoßen und wie man sie aufbaut. Kein Wunder, denn die Grundlage für den Film war ein dokumentarisches Theaterstück, an dem der deutsche Koregisseur Georg Genoux ebenfalls beteiligt war.
Geht gar nicht
Es ist ja zeitgemäß, in Dokumentarfilmen nichts zu erklären. Die Bilder und Töne müssen für sich sprechen, allwissende Erzähler wirken altbacken, man kennt das. Aber hier hätte man schon gerne ein wenig mehr über die Hintergründe und Zusammenhänge erfahren. Wie lange liegt der Krieg zurück? Könnte er wiederkommen? Ist die Schule wieder auf? Was hat es mit dem Theaterstück auf sich? Wer sich für weitere Hintergründe interessiert, kann hier schauen.
Ideal für...
Leute mit Russischkenntnissen (die Kinder sprechen nicht ukrainisch). Alle anderen müssen nämlich permanent die recht kleinen Untertitel lesen, schließlich wird sehr, sehr viel geredet. Und bei 115 Minuten Filmlänge ist das ein wenig anstrengend.
„Shkola nomer 3“, Deutschland/Ukraine 2016; Regie: Yelizaveta Smith, Georg Genoux; 116 Min.
Foto: Berlinale