Plastik ist eine geniale Erfindung – der Stoff, aus dem Wunschmaschinen sind. Universell formbar, vielseitig einsetzbar und dabei leicht verfügbar und preiswert. Die Welt der Kunststoffe ist faszinierend und allgegenwärtig. Mehr als 40.000 Jahre haben die Menschen verschiedene, zum Teil immer noch einflussreiche Kulturen hervorgebracht. Fast die gesamte Zeit gelang das ohne Plastik. Nach nur wenigen Jahrzehnten aber scheint es noch nicht einmal mehr vorstellbar, wie ein Leben ohne Plastik gehen soll.

Plastik kann alles Mögliche sein: Verpackung, Maschine, Waffe, Möbelstück. Werkzeug und Kulturträger. Es ist in unserer Infrastruktur, in allen Phasen der industriellen Produktion genauso wie in unseren Haushalten, in der Technik des Alltags, in unserer Kleidung und sogar auf unserer Haut. Kunststoffhersteller und Petrochemie sind weltweit vernetzt. Die plastifizierte Welt ist immer wieder eine schöne neue, bunte und praktische Welt.

Wie stets im Kapitalismus hat diese Dynamik ihre Kehrseiten: Plastik hält eine Ewigkeit und wird – etwa als Verpackung – oft nur für Sekunden genutzt. Es verspricht uns Hygiene, aber seine Weichmacher können giftig sein. Es soll kontrollierbar sein, aber wenn es sich zersetzt, werden gefährliche Stoffe frei. Auf den Weltmeeren kommen in manchen Gebieten Hunderttausende Mikroplastikteilchen auf nur einen Quadratkilometer, auf dem Pazifik schwimmen Müllteppiche, die Schätzungen zufolge größer sind als Deutschland.

Plastik entsteht aus Erdöl, und für eine oft minimale Gebrauchszeit nutzen wir Ressourcen, die Millionen Jahre für ihre Entstehung brauchten und die endlich sind. Es wird immer klarer: Die Stoffbilanz des Ganzen geht nicht auf. Plastik kann ja nur deshalb so billig sein, weil in den Marktpreis nicht die gesamten Kosten eingehen. So aber schaffen wir eine Welt der organisierten Achtlosigkeit, in der das beruhigte Gewissen Vorrang hat vor störendem oder fehlendem Wissen. Beim Nachdenken über Plastik kommen die Umrisse einer politischen Stofflehre in den Blick. Die Suche nach Alternativen, nach einem anderen Stoffwechsel rührt an die Grundlagen der Gesellschaft. Warum und wofür brauchen wir Kunststoffe? Was sind sie uns wert, was fließt in die Wertschätzung ein, was bestimmt den Preis, wer entscheidet und setzt die Rahmenbedingungen? Welche anderen Möglichkeiten der Gewinnung, der Nutzung gibt es? Erste Antworten gibt es, Forschungen und Initiativen dazu sind entstanden.

Vieles erinnert an die Debatten und Entscheidungen im Energiesektor, wo fossile Brennstoffe zunehmend durch regenerative Energien ersetzt werden. Eine vergleichbare globale und umfassende Anstrengung wird für Plastik ebenfalls notwendig sein.