Wer dem Reichtum dieser Welt auf die Spur kommt, stellt schnell fest: Der Wohlstand ist enorm, er ist ungleich verteilt, und er zehrt an seinen Voraussetzungen. Die kapitalistische Wirtschaftsweise und ihre auf Privateigentum, unternehmerischem Gewinnstreben und Konkurrenz aufbauenden Dynamiken haben völlig neue Dimensionen der Erzeugung und Anwendung von Reichtum geschaffen. Beispiele wie die Schweiz zeigen, dass auch arme Länder unter günstigen Voraussetzungen innerhalb kurzer Zeit reich werden und bleiben können. In Asien und anderswo gibt es diese Transformationen auch in der Gegenwart.

Aber wie alles im Kapitalismus hat dieser Fortschritt seinen Preis, hier ist es ein mehrfacher. Zum einen sind die Ökonomien nach wie vor auf der Ausbeutung und zum Teil auch der permanenten Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit errichtet. Nur langsam wächst das Bewusstsein dafür, und die globale politische Absicherung des Verbliebenen ist bestenfalls mühselig. Zum anderen sind das Gewinnstreben und die in der globalisierten Konsumkultur zirkulierenden Anreize und Bedürfnisse zwar starke Motoren gesellschaftlicher Entwicklung. Die Wege zum Reichtum sind inzwischen ebenso vielfältig wie die Stile seiner Präsentation. Aber es ist auch eine materielle Fixierung, die den kulturellen Reichtum anderer Traditionen, Werte und Lebensentwürfe geringschätzt und angreift. Dabei kann die Achtsamkeit für diese immateriellen Reichtümer, für das darin geborgene Erfahrungswissen eine wichtige Ressource sein, um neue Lösungen akuter Probleme zu finden.

Und schließlich steht bei aller Pracht des Reichtums im Kapitalismus immer auch ein Elefant im Raum – die grassierende Ungleichheit seiner Verteilung. Sowohl zwischen den Nationen als auch innerhalb der Gesellschaften. Für die Mehrheit bleibt Reichtum eine Fata Morgana und seine Exklusivität eine unerbittliche Wahrheit. Der Sozialstaat und die Kulturen der Gemeingüter können das mildern und den Zusammenhalt der Gesellschaften sichern helfen. Aber wenn die Abkoppelung der Eliten von demokratischer Kontrolle stark genug ist und wenn die Ungleichheit maßlose Formen annimmt, wird sie zur strukturellen Gewalt, die die ganze Gesellschaft erschüttert. Die USA und Venezuela zeigen, dass das von rechts und links im politischen Spektrum vollzogen werden kann.

Am Horizont der Kämpfe um den Reichtum bleibt auch heutzutage die Frage nach dem guten Leben, nach dem Glück und dem Wozu. Kann es gelingen, nachhaltigere Verhältnisse der Entwicklung und Verteilung der unterschiedlichsten Reichtümer zu etablieren? Gibt es andere Balancen zwischen der Dynamik des Fortschritts und dem Reichtum an Möglichkeiten für die Vielen? Die Antworten darauf werden sich kaum in den auf Pracht, Protz und Absicherung des Besitzes bedachten Kulturen der Reichen und Schönen finden lassen.