Seit den Gründungstagen sind die USA eine »Nation of Joiners«, ein Land, in dem privates Engagement enorm wichtig ist. Die Hälfte der Amerikaner arbeitet ehrenamtlich in gemeinnützigen Vereinen, Verbänden und religiösen Organisationen. In Deutschland tut das nur etwa ein Drittel. Sogenannte Graswurzel-Bewegungen – Menschen, die sich zusammenschließen, um Politik »von unten« zu machen – haben eine lange Tradition in den USA. fluter stellt wichtige, aber auch skurrile Organisationen vor. 
 

Adbusters 


In New York hing neulich ein riesiges Werbeplakat der hippen Bekleidungsfirma »American Apparel« mit einem gewohnt leicht bekleideten Model, über das ein Unbekannter recht ironisch geschrieben hatte: »Ich frage mich, warum Frauen vergewaltigt werden?« Gut möglich, dass da wieder die »Adbusters« (advertisement = Werbung + busting = zerstören) am Werk waren. Die Kommunikationsguerilleros beklagen visuelle Umweltverschmutzung und dass es kaum noch Lebensbereiche gibt, in denen man sich der Werbung entziehen kann. Die »Adbusters« wurden in Kanada gegründet, sind aber in den USA sehr aktiv. Kein Wunder, dort gibt es schließlich die meiste Werbung. 

www.adbusters.org 
 

Beyond Peak 


Die Ölpreise steigen, die verfügbaren Ölreserven sinken. Es dauert nicht mehr lang, dann bricht die Gesellschaft zusammen. Ein gewalttätiger Verteilungskampf beginnt, jeder will den letzten Tropfen Öl für 
sich gewinnen. Die »Beyond Peak«Gruppe ist für dieses Horrorszenario gewappnet. Sie haben ein Handbuch zur Selbstversorgung erstellt und zeigen auf Spaziergängen durch den Central Parc Pflanzen, die man essen kann. 

 www.beyondpeak.com 
 

Center for Constitutional Rights 


Die Rächer der Entrechteten: Das »Center for Constitutional Rights« wurde 1966 von liberalen Anwälten gegründet, die der Auffassung waren, dass in den USA tagtäglich die Verfassung gebrochen wird. Die Vereinigung setzte sich anfangs vor allem für Afroamerikaner und sozial Benachteiligte ein und lieferte kostenlosen Rechtsbeistand für Bürgerrechtsaktivisten. Heute kämpft das »Center for Constitutional Rights« an vielen Fronten – zum Beispiel dafür, dass die Gefangenen in Guantanamo dieselben Rechte wie alle anderen bekommen. 

http://ccrjustice.org 
 

Church of Euthanasia 


Ihre Anhänger kritisieren Überbevölkerung, provozieren Abtreibungsgegner und propagieren Vegetarismus und zeugungsfreien Sex. Sie fordern ein Gleichgewicht zwischen Menschen und den restlichen Lebewesen unseres Planeten. »Save the planet, kill yourself« – lautet eine ihrer Parolen. Neben Selbstmord sind sie auch für Kannibalismus, allerdings netterweise »limitiert auf den Verzehr von Toten«. 
 

Discordianism 


»Discordianisten« sagen, dass Chaos genauso wichtig ist wie Ordnung, und streben nach Chaos und Meinungsverschiedenheit. 

 www.discordian.com 
 

Earth Liberation Front 


Für diese gewaltbereiten Ökoaktivisten sind die fetten Jahre vorbei. Sie kämpfen für mehr Naturschutz und nehmen dafür Haftstrafen von bis zu 30 Jahren in Kauf. Neben angezündeten Luxusvillen hat die Gruppe auch einen WalMart auf dem Gewissen, den sie mit einem Lastwagen ramponierte. 

 http://earth-liberation-front.org 
 

Electronic Frontier Foundation (EFF) 


Big Brother is watching you – gegen dieses Szenario wehrt sich diese Bürgerrechtsorganisation, die sich für mehr Datenschutz im Cyberspace einsetzt (siehe Seite 38). Sie will die Privatsphäre der US-Bürger wahren, die durch abgehörte Telefonate und gespeicherten E-Mail-Verkehr ausgehöhlt wird. Die »EFF« organisiert Schulungen und verteilt Informationsmaterial. Bei juristischen Problemen, wie beispielsweise Gerichtsverfahren gegen Hacker und Mailboxbetreiber, leistet die »EFF« Rechtsbeistand. 

www.eff.org 
 

Emily’s List 


Alle fragen immer, wer diese Emily sei. Dabei bedeutet das einfach: »Early money is like yeast.« Also: Frühes Geld ist wie Hefe, weil es aufquillt und zu mehr wird. Bei »Emily’s List« geht es darum, Geld für weibliche Politiker der Demokraten zu spenden, die für das Recht auf Abtreibung kämpfen. Und darin sind die Mitglieder von »Emily’s List« gut, um nicht zu sagen: phänomenal. Im Wahljahr 2004 lagen sie mit ihren Spenden an der Spitze aller Vereinigungen, sogar weit vor der »NRA«. 

www.emilyslist.org 
 

Focus on the Family 


Die Mission kommt von ganz oben: Die evangelikale Organisation »Focus on the Family« behauptet, ein Sprachrohr Gottes zu sein und Politik nach biblischen Grundsätzen zu machen. Homosexualität ist für sie eine Krankheit und Darwins Evolutionslehre ein dummer Scherz. »Focus on the Family« setzt sich für körperliche Züchtigung von Kindern ein und kämpft vehement gegen Abtreibung und Sex vor der Ehe. Natürlich wehren sich Schwulenverbände, Pädagogen und Wissenschaftler gegen solche Ideen. Doch »Focus on the Family« ist mächtig. Das Herzstück der Vereinigung ist eine tägliche Radiosendung mit dem Gründer James Dobson, die nach eigenen Angaben 220 Millionen Menschen in 160 Ländern hören können. 

www.focusonthefamily.com 
 

Ginkgo-Baum-Hasser 


GinkgoBäume in Hiroshima überlebten die Atombombe. Aber der Baum ist nicht allein für seine Lebensausdauer bekannt, sondern auch dafür, dass er zum Himmel stinkt. Weil jeder zehnte Baum in Manhattan ein Ginkgo ist, der vor sich hinmieft, gibt es die »AntiGinkgo Tolerance Group« (AGTG): »Dieser Baum ist es, der dir deinen erholsamen Spaziergang durch den Gestank nach vergammeltem Käse und Erbrochenem unerträglich macht.«

Keuschheitsfans 


Don’t do it: Die Mitglieder der Organisation »Celibrate« kämpfen für sexuelle Enthaltsamkeit und Jungfräulichkeit – also für mehr Spaß durch weniger Sex. Man könnte in ihrem Sinne auch reimen: »Say it loud – I’m keusch and I’m proud«. 

www.celibrate.org 
 

Ku-Klux-Klan 


Vor allem in den Südstaaten gibt es sie noch: Rassisten, die sich unter weißen Kapuzen verstecken und Hass verbreiten. In den 1920erJahren war der KKK eine einflussreiche Terrororganisation, die mit brennenden Kreuzen demonstrierte und Mordanschläge auf Afroamerikaner verübte. Zwischen drei und fünf Millionen Amerikaner waren Mitglieder dieses Geheimbundes. Der heutige Klan hat damit nicht mehr viel zu tun: Er besteht aus ein paar Tausend Anhängern, die in Kleinstgruppen zersplittert sind und keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung haben. 
 

Log Cabin Republicans (LCR) 


Dies sind schwule und lesbische Republikaner. Auf ihrer Website erklären sie: »Wir sind loyale Republikaner« und »wir glauben an niedrige Steuern, einen schlanken Staat, eine starke Verteidigung, freie Märkte, persönliche Verantwortung und individuelle Freiheit.« Dumm nur, dass die Republikaner den Homosexuellen viele Rechte absprechen. 

http://online.logcabin.org 
 

National Rifle Association (NRA) 


Auweia: Die »National Rifle Association« hat mehr als vier Millionen Mitglieder – und alle können schießen. Seit über 100 Jahren verteidigen sie das Recht auf Waffenbesitz, das in den USA sogar in der Verfassung verankert ist. Sie ist eine der mächtigsten konservativen Vereinigungen des Landes und nimmt regelmäßig starken Einfluss auf die Politik. Außerdem veranstaltet die »NRA« Schießwettbewerbe und Demonstrationen, auf denen man Sprüche lesen kann wie: Guns don’t kill people, people do. Präsident der NRA war lange Zeit der Filmschauspieler Charlton Heston, den der Filmemacher Michael Moore für seinen Film »Bowling for Columbine« über das Massaker an der Columbine Highschool besucht und mit kritischen Fragen bombardiert hatte. 

www.nra.org 
 

Mothers Against Drunk Driving (MADD) 


Bis in die 80erJahre hinein wurden betrunkene Unfallverursacher in den USA nicht in geschlossene Gefängnisse, sondern in den offenen Strafvollzug (»halfwayhouses«) geschickt. Nachdem Candy Lightners 13jährige Tochter Cari von einem Betrunkenen überfahren wurde, gründete die Mutter diese Organisation. Sie konnte nicht zuschauen, wie der Mann, der ihre Tochter überfahren hatte, zwar in einem »halfwayhouse« übernachtete, aber dennoch jeden Tag mit seinem Auto zur Arbeit fuhr. 

www.madd.org 
 

MoveOn 


Wäre ExPräsident Bill Clinton 1998 nicht in einen Sexskandal verwickelt gewesen, in dem eine Praktikantin und eine Zigarre die Hauptrollen spielten, würde es die NonGovernmentOrganisation 
»MoveOn« nicht geben. Das Forum gründete sich aus Protest gegen die mediale Aufmerksamkeit für Clintons Bettgeschichten und hat sich nichts Geringerem als der »Rückeroberung der Demokratie« verschrieben. Heute zählt »MoveOn« knapp 3½ Millionen Mitglieder. Als Gebrauchsanleitung für politischem Aktivismus hat »MoveOn« das Handbuch »50 Ways to Love Your Country« verfasst. Die Organisation rief auch zur Erstellung von AntiBushSpots auf (www.bushin30seconds.org) und sammelt Unterschriften für politische Petitionen – beispielsweise gegen einen Zusatzartikel zur Verfassung, der das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehen bannen soll. 

www.moveon.org 
 

PETA 


Wenn über den Broadway ein Lieferwagen mit blutverschmierten Frauen in Pelzen auf der Ladefläche vorbeifährt, sind das garantiert PETAAktivisten. Die »People for the Ethical Treatment of Animals« (dt.: 
Menschen für den ethischen Umgang mit Tieren) sind mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern weltweit die größte Tierrechtsorganisation. Sie wurde 1980 in Norfolk, USA gegründet. Die Organisation kämpft gegen Massentierhaltung, Pelztierhaltung und Tierversuche. 

www.peta.org 
 

Primitivisten 


»Green Anarchy« (auf Deutsch »Grüne Anarchie«) ist eine anarchoprimitivistische Zeitschrift, die halbjährlich von einer Gruppe aus der Öko-Hochburg Eugene, Oregon, herausgegeben wird. Die Zeitschrift bezeichnet sich selbst als »eine antizivilisationistische Zeitschrift für Theorie und Praxis«. 

Sierra Club 


Für alle, denen Greenpeace zu durchgeknallt ist: Der »Sierra Club« ist die älteste Umweltorganisation der USA – und einer der Gründe dafür, dass es so viele Naturschutzparks gibt. Die Mitglieder des »Sierra Clubs« wandern und klettern gerne. Außerdem wollen sie Staudämme abbauen, Atomkraftwerke schließen und Wind- und Solarkraftwerke bauen. 

www.sierraclub.org 
 

Students for Concealed Carry on Campus 


(»Studenten für das verdeckte Tragen von Waffen auf dem Campus«) Um sich vor potenziellen Amokläufern zu schützen, wollen amerikanische Studenten künftig bewaffnet auf den Campus kommen. »Der einzige Weg eine Person mit einer Knarre zu stoppen, ist eine andere Person mit einer Knarre«, lautet das Credo der Bewegung. Sie rührt fleißig die Werbetrommel im Internet. 11000 Unterstützer haben die Waffenfans bereits. 

www.concealedcampus.org 
 

Ufo-Feinde 


»The Church of the SubGenius« ist eine Gruppe, die Religionen, Verschwörungstheorien und UFOs verspottet. Bekannt wurde die Kirche in der Subkultur der 1980er und 1990er Jahre. Heute gibt es nur noch versprengte Reste. 

www.subgenius.com 
 

War Resisters 


Im Ersten Weltkrieg wurden Kriegsdienstverweigerer eingesperrt, zur Zeit des Zweiten Weltkriegs wurden sie mit dem Tode bestraft. Deshalb gründeten Kriegsdienstverweigerer die »War Resisters«, ein Netzwerk von aktiven Pazifisten. Sie sind für die Abschaffung von Militarismus in allen Formen: sie protestieren gegen Anwerber der USArmy in Schulen und wollen Kriegsspielzeug verbieten lassen. Weltweit unterstützen sie Männer und Frauen, die sich gegen Kriegsdienst wehren. 

www.warresisters.org