Wer oder was sind die G20?
Der Name G20 für die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Mitglieder sind 19 Staaten und die Europäische Union – Deutschland ist als Staat und auch als Teil der EU dabei. Die in den G20 repräsentierten Staaten machen zwei Drittel der Weltbevölkerung und knapp über 80 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts sowie drei Viertel des Welthandels aus. Sie produzieren aber auch 80 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Gerade hat Deutschland den Vorsitz dieser Gruppe, deshalb findet das Treffen im Juli auch in Hamburg statt. Die Deutschen wollen laut der Bundesregierung neben aktuellen Großthemen den Schwerpunkt auf „den Zugang zu erneuerbaren Energien in Afrika, eine bessere Vorbereitung weltweit auf Gesundheitskrisen und den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen“ legen. In Hamburg sollen diese Themen mit allen Teilnehmern diskutiert werden. Dazu gehören zum Beispiel auch China, Südafrika, Australien oder Indien – zusätzlich wurden auch Vertreter der Afrikanischen Union und weitere Gäste eingeladen.
Warum gibt es die G20?
Die G20 wurden 1999 als ein Forum für Finanzminister und Notenbankchefs aus den führenden Industrie- und Schwellenländern gegründet – als Reaktion auf die sogenannte Asienkrise. Damals brach aufgrund einer Kreditblase die Wirtschaft in Ländern wie Indonesien und Thailand zusammen. Das Ziel der G20 ist, Entwicklungen im globalen Finanzsystem zu beobachten und solchen Krisen besser zu begegnen oder sie gar zu verhindern. Deshalb nehmen an den Treffen zum Beispiel auch die Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank teil, aber auch Vertreter der Vereinten Nationen und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Als dann 2007 die globale Finanzkrise (vor allem in den USA und Europa) ausbrach wurde entschieden, künftige Gipfel auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs zu veranstalten, und damit die Treffen noch prominenter zu verankern. Der erste Gipfel dieser Art fand 2008 in Washington statt. Hier wurde zum Beispiel über eine strengere Regulierung der Finanzmärkte diskutiert.
Wieso werden die Treffen kritisiert?
Die G20 sind eine erweiterte Runde zu den besser bekannten G7 (früher G8, bevor Russland 2014 aufgrund der Krim-Annexion ausgeschlossen wurde), die von vielen Kritikern als zu exklusiver Staaten-Club gescholten werden. Die Gruppen haben ähnliche Programme, wobei im Kreis der G7/G8 häufiger über Sicherheitspolitik gesprochen wird, während die G20 sich mehr auf die globale Wirtschafts- und Finanzpolitik konzentrieren. Trotzdem wird auch dieser größere Kreis als zu klein kritisiert, weil beispielsweise über die Interessen Afrikas gesprochen und entschieden wird – und mit Südafrika sitzt lediglich ein einziges afrikanisches Land mit am Tisch. Gegner betonen, dass auch bei einer Erweiterung auf 19 Staaten plus EU immer noch der allergrößte Teil der ingsgesamt 193 Staaten der Welt außen vor bleiben. Außerdem nutzen viele Gipfelgegner die Treffen auch zum Protest gegen beispielsweise die Politik des US-Präsidenten Donald Trump oder zur generelleren Globalisierungskritik. Bei den Protestmärschen sind auch Organisationen wie Greenpeace, der BUND, Oxfam oder die NaturFreunde Deutschland dabei.
Was haben die Gipfel bisher so beschlossen?
Die G20-Treffen waren bisher vor allem dafür gedacht, der nächsten globalen Finanzkrise besser vorzubeugen. Beim ersten Gipfel in Washington wurde ein sogenannter 47-Punkte-Plan verabschiedet, der helfen sollte, die Finanzmärkte besser zu kontrollieren. Ein Jahr später in London wurden als Absicherung gegen Krisen beschlossen, dass Banken mehr Eigenkapital vorhalten müssen und dass Bankergehälter begrenzt werden sollen. Ein weiteres G20-Thema ist die weltweite Steuerhinterziehung. Hier haben die Staaten einen automatischen Austausch von Daten vereinbart. Nicht alle Beschlüssen folgen allerdings auch Taten. Denn globale Vereinbarungen sind häufig schon deshalb nicht besonders streng, weil Kompromisse zwischen so vielen verschiedenen Staaten und Interessen sehr schwierig zu finden sind.
Was ist beim Gipfel in Hamburg zu erwarten?
Wenn so viele Staatschefs nach Hamburg kommen, dann ist das ein echter Albtraum für diejenigen, die den Gipfel schützen müssen. Um (terroristische) Anschläge und das Aufeinandertreffen mit Gegendemonstranten zu verhindern, werden solche Treffen meist radikal abgeschirmt. Diesmal aber findet das Treffen in den Hamburger Messehallen mitten in der Großstadt statt, mit Einwohnern, Berufsverkehr und Alltagsleben. Und in direkter Nachbarschaft zum Schanzenviertel, das für seine linksradikale Szene und Krawalle geradezu berühmt ist. Die Stadt wird wohl einige Tage lang ziemlich lahmgelegt sein. Schon bei einer Kundgebung am 2. Juli, also dem Sonntag vor dem Gipfel, wollen Zehntausende demonstrieren. Ein Bündnis aus Organisationen wie Greenpeace und Campact organisiert eine Demo auf der Binnenalster mit hunderten Flößen, Kanus und Booten, einen Protestmarsch Richtung Messe und eine Kundgebung in St. Pauli. Die Forderungen des Bündnisses: mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Anstrengungen zur Klimarettung. Am 8. Juli soll es eine Großdemo geben, bei der bis zu 150.000 Menschen erwartet werden. Die Polizei hat Karten mit Sicherheitszonen, Kontroll- und Informationsstellen rund um die Messe veröffentlicht. Nicht alle Demonstranten wollen sich während der Proteste an die Regeln halten, die Veranstalter und Polizei aufstellen: Das Bündnis „BlockG20“ ruft zum Beispiel dazu auf, in die Rote Zone einzudringen und Zufahrtstraßen zur Messe zu blockieren. Andere wollen nach Medienberichten massenhaft heliumgefüllte Ballons steigen lassen, um den Flugverkehr zu stören. Streit gibt es derzeit noch um einen bis vor Kurzem „blaue Zone“ genannten Bereich, in dem sich zwar Menschen aufhalten, aber nicht demonstrieren dürfen sollen.
Wie liefen die bisherigen Gipfel ab?
Bei vielen Treffen in der Vergangenheit kam es zu Gewalt zwischen Demonstranten und Polizisten. Besonders schlimm war es 2001 beim Treffen der G8 in Genua, damals wurde der Demonstrant Carlo Giuliani von einem Polizisten erschossen, Hunderte wurden verletzt, Inhaftierte gefoltert. Die Politiker tagten damals, es war noch vor den Anschlägen des 11. September, sehr zentral in der Stadt. Seither werden sie viel stärker abgeriegelt. Straßenschlachten wie in Genua mit Toten und sehr vielen Verletzten gab es nicht mehr, aber auch der Protest beim deutschen G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 lief nicht nur friedlich ab: Demonstranten warfen Steine, griffen ein Polizeifahrzeug an, die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Beim G7-Treffen 2015 auf Schloss Elmau in Bayern dagegen blieben gewalttätige Proteste aus. In Hamburg rechnet die Polizei nach Medienangaben mit etwa 4000 gewaltbereiten Demonstranten aus Deutschland und vor allem auch aus dem Ausland.
Titelbild: picture-alliance/dpa