Wenn man den Comiczeichner Mawil heute trifft, hört man ihn nur selten stottern. Als Kind hatte er es schwieriger, und so konnte auch schon der Kauf von etwas Hackfleisch zum Problem werden. Wie das so war, damals, und wie Mawil auf eine DDR-Sprachheilschule kam, wo es ein Hightech-Gerät zur Sprachverzögerung gab, aber keine Mädchen, das hat Mawil dokumentiert – als Comic natürlich, den ihr in unserer Bilderstrecke oben komplett anschauen könnt.
Dabei ist „Schtttotttern“, das 2005 für den Kurzgeschichten-Band „Action Sorgenkind“ entstand, weder anklagend noch mitleidheischend, sondern vor allem: wunderbar komisch. Das ist typisch für Mawil, 37, der seit über 15 Jahren Comics macht und dabei oft selbstironisch und mit viel Understatement aus seinem Leben erzählt: von Liebeskummer und verregneten Radurlauben an der Ostsee, von der Gentrifizierung in seinem Berliner Kiez oder dem Leben als Comic-Freiberufler. Es ist Mawils präzisem Timing, seiner feinen Alltagsbeobachtung und seinem Gespür für Dialoge zu verdanken, dass all diese Erlebnisse auch für uns fesselnd sind. Stets geht es bei ihm weniger darum, was erzählt wird, sondern vor allem, wie es erzählt wird.
Zuletzt war es etwas ruhiger geworden um Mawil, mehrere Jahre saß er an „Kinderland“, seiner echten ersten Graphic Novel, die 2014 (wie alle seine Bücher) bei Reprodukt erschienen ist. Hier geht es auf über 300 Seiten um eine Jugend in der DDR kurz vor dem Mauerfall und um die Tischtennisleidenschaft eines 13-jährigen Jungen, der zwar nicht Mawil heißt, aber viel von dessen Biografie teilt. In den deutschen Feuilletons wurde „Kinderland“ gefeiert, und im Juni gewann Mawil dafür den Max-und-Moritz-Preis, Deutschlands wichtigste Comic-Auszeichnung. Die Dankesrede vor mehreren hundert Menschen in Erlangen hielt er ganz locker.