Warum arbeitest du nicht?

Das ist ja eine Art Arbeit. Ich sitze hier sechs Tage in der Woche, oft schon um neun. Da kommen schon ein paar Stunden zusammen.

Lohnt es sich denn?

Kommt auf den Tag an. Manchmal sind es nach sieben Stunden nur vier Euro, manchmal aber auch 15.

Warum bettelst du überhaupt?

Moment. Ich bettele nicht, ich schnorre. Ich sitze ja nicht hier mit einem Schild, auf dem „Ich habe Hunger“ steht. Ich entertaine die Leute. Hier geht keiner vorbei, der danach nicht ein Lächeln auf dem Gesicht hat.

Hast du nie gearbeitet?

Schon. Ich habe sogar eine Ausbildung als Gärtner und Landschaftspfleger. Ich kann auf Bäume klettern, und einen Lkw-Führerschein habe ich auch. Aber meine Firma hat irgendwann Pleite gemacht, danach habe ich Hartz IV bekommen, und dann sollte ich so seltsame Ein-Euro-Jobs annehmen. Aber das läuft nicht mit mir. Ich finde, für ehrliche Arbeit soll man auch ehrliches Geld bekommen. Und mir für weniger als fünf Euro in der Stunde das Kreuz zu ruinieren – darauf habe ich keine Lust. Ich bin raus aus dem System. Ich will nichts vom Staat, und der Staat bekommt nichts von mir.

Lebst du nur von dem Geld, das du schnorrst?

Sag das mal keinem, aber ab und zu arbeite ich eben schwarz. Da bekomme ich so zwischen sieben und zehn Euro die Stunde. Ich gebe ja nicht allzu viel aus. Zum Wohnen habe ich zum Beispiel einen alten Bauwagen.

Ist der Hund neben dir so eine Art Marketingmaß­ nahme, damit du mehr Mitleid bekommst?

Mitleid will ich gar nicht haben. Der Hund ist mir zuge- laufen, den wollte keiner. Ich schaffe mir doch kein Tier an, damit es beim Schnorren besser läuft.

Hat es dich Überwindung gekostet, als du dich zum ers­ten Mal hier vor den Lidl gesetzt hast?

Ja, klar. Das erste Mal ist schwer. Es kommen ja auch ständig Leute, die sagen: Geh arbeiten! Meistens sind das selbst Arbeitslose. Am schlimmsten sind die Hartz-IV-Empfänger.

Wissen deine Eltern, was du machst?

Klar. Die finden das nicht so schlimm. Die wissen ja, was ich draufhabe.

Wirst du irgendwann wieder normal arbeiten?

Ich denke schon. Ich habe ja viele Qualifikationen. Ich darf zum Beispiel Lastwagen bis zu 40 Tonnen fahren, selbst Bagger. Außerdem bin ich ein Multitalent. Das ist ja beim Schnorren überhaupt das Allerwichtigste. Ich sehe das hier sowieso als eine Art Weiterbildungsmaßnahme – vor allem in Sachen Überleben.