Seit wann weißt du von deiner HIV-Infektion?

Seit dem Frühsommer 2005, da war ich 17.

Wie kam es, dass du einen Test gemacht hast?

Drei bis vier Wochen, nachdem ich mit der Person geschlafen hatte, die mich angesteckt hat, habe ich mich ziemlich schwummerig gefühlt und bin zum Arzt gegangen. Der hat pro forma dann auch einen HIV-Test gemacht, und so habe ich davon erfahren. Vorher hatte ich mich mit dem Thema nicht groß auseinandergesetzt.

Hast du dir jemals, auch als du jünger warst, viele Gedanken um die Zukunft gemacht?

Nein, nie. Ich habe immer von einem Tag auf den anderen gelebt und wenig Pläne gemacht.

Wie hat sich das durch die Infektion geändert?

Überhaupt nicht. Es gibt ein paar Dinge, die man im Leben planen muss: Umzüge, oder wenn man seinen Geburtstag groß feiern möchte. Alles andere, den Fun, also Urlaub, Freunde treffen, Kino und so weiter, mache ich frei Schnauze. Man gewöhnt sich ja auch an die Infektion. Vor diesem Interview habe ich ganz lange überhaupt nicht darüber nachgedacht. Ich ignoriere die Infektion so gut wie möglich. Manchmal geht das natürlich nicht, dann wache ich morgens auf und denke: Du hast die Krankheit in dir. Aber sie gehört zu meinem Alltag, in dem beispielsweise das Autofahren im Berliner Schnee viel gefährlicher für mein Leben ist.

Welche Pläne oder Vorsätze hattest du vor der Infektion?

Ich habe eine Ausbildung zum Hotelfachmann gemacht und hatte schon immer vor, nach Australien auszuwandern und dort in einem Luxushotel zu arbeiten. Das konnte ich mir dann abschminken, weil man dazu einen negativen HIV-Test vorlegen muss. Ich war aber immer ein Kämpfer und bin dann eben Flugbegleiter geworden, denn einer meiner Träume war es auch, zu fliegen.

Wie verlief deine Infektion bisher, und was für eine Prognose hast du?

Ich will gar keine Prognose haben. Bislang hatte ich bei den Bluttests, die ich alle drei bis vier Monate machen muss, immer gute Ergebnisse und muss bislang auch keine Medikamente einnehmen. Wenn das so weitergeht, kann ich ziemlich alt werden. 60 oder 65 Jahre – das fände ich nicht schlecht. Ich habe auch keine Angst vor meiner Krankheit, sondern eher Respekt, weil ich weiß, dass sie jederzeit meinen Körper beherrschen könnte, wenn ich mich gehen lasse. Das tue ich aber nicht, sondern nehme morgens und abends Vitamintabletten und versuche auch ansonsten, gesund zu leben.

Hast du eine Vorstellung von dir selbst im Jahr 2020?

Ich wäre gern verheiratet. Mein Freund ist nicht so begeistert davon – aber ich bleibe am Ball. Außerdem wäre ich gern Senior Cabin Crew Member und wünsche mir eine Eigentumswohnung in Mitte oder Tiergarten. Und viel reisen möchte ich weiterhin. Aber das wäre es auch schon.

* Name von der Redaktion geändert.