Der Fußballkrieg


Die innenpolitische Situation in Honduras und El Salvador war angespannt, als die Nachbarländer im Sommer 1969 in der WM-Qualifikation aufeinander trafen. El Salvador versuchte auf Kosten von Honduras eine Wirtschaftskrise zu vermeiden, Honduras plante, salvadorianische Siedler zu vertreiben. Schon beim Hinspiel hatte es Unruhen gegeben, nach dem Entscheidungsspiel eskalierte die Situation vollends: Nachdem in der Verlängerung das 3:2 für El Salvador gefallen war, kam es in Honduras zu Ausschreitungen mit Todesopfern, die sich mit den Unruhen um die Vertreibung der salvadorianischen Siedler mischten. Die Regierung von El Salvador schickte daraufhin am 14. Juli 1969 Truppen ins Nachbarland, der so genannte Fußballkrieg begann. Innerhalb von vier Tagen wurden 6000 Menschen verletzt, 3000 Menschen getötet. Dann endeten die Kämpfe auf Druck der Organisation Amerikanischer Staaten. El Salvador qualifizierte sich für die WM 1970.
 

Die Welt zu Gast bei Diktatoren


Argentinien, WM-Gastgeber von 1978, war in den Jahren vor der WM von schweren wirtschaftlichen und politischen Krisen erschüttert worden, in deren Wirren 1976 eine rechtskonservative Militärdiktatur unter Jorge Rafael Videla die Macht übernommen hatte – was die Fifa nicht daran hinderte, am Austragungsland festzuhalten. Und das, obwohl die Militärjunta viele hundert Regimegegner hatte ermorden lassen und tausende Menschen ohne Prozess verhaftet wurden oder spurlos verschwanden. Schließlich ging der Stadienbau gut voran und die Sicherheit der WM schien gewährleis-tet. Immerhin: Einige Spieler und der Trainer der argentinischen Mannschaft, César Luis Menotti, verweigerten "ihrem Präsidenten" nach dem WM-Sieg den Handschlag. Sie hätten für das argentinische Volk gespielt und gewonnen – nicht für die Militärjunta.

Großdeutsch raus


Es war die größte Zeit des österreichischen Fußballs: In den dreißiger Jahren begeisterte die Nationalmannschaft mit ihrem technisch versierten Kurzpassspiel, die Finalteilnahme bei den Olympischen Spielen 1936 machte berechtigte Hoffnung auf ein gutes Abschneiden bei der WM 1938 in Frankreich. Doch mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich am 12. März 1938 zerplatzte dieser Traum, die Österreicher wurden mit der deutschen Auswahl zwangsvereinigt. Diese war zwar amtierender WM-Dritter, doch pflegte sie einen gänzlich anderen, wesentlich kampfbetonteren Stil. Bei der WM musste Reichstrainer Sepp Herberger auf politischen Druck Spieler beider Mannschaften im Verhältnis 6:5 aufstellen, ohne dass diese sich aufeinander hatten einspielen können. Gleich in der ersten Runde scheiterte die favorisierte großdeutsche Mannschaft an der Schweiz.
 

Eine Niederlage als Sieg


2001 erreichte der Konflikt um Tibets Unabhängigkeit von China Kopenhagen. Ein dänisch-tibetanischer Freundschaftsverein hatte die in indischen und nepalesischen Flüchtlingslagern gebildete Nationalmannschaft Tibets zu einem Freundschaftsspiel gegen das zu Dänemark gehörende, aber teilautonome Grönland eingeladen. Die chinesische Regierung protestierte erfolglos. Das Spiel fand statt, in der 13. Minute ging Tibet sogar in Führung. Grönlands Politiker hatten indes ganz andere Sorgen: Sie fürchteten, China könnte so verärgert sein, dass es den für Grönlands Wirtschaft wichtigen Krabbenhandel boykottieren würde. Am Ende gewann Grönland 4:1. Der Handel mit den Krabben ging unbeeinträchtigt weiter.
 

Ländersache


Bei Fußball-Länderspielen spielen Länder gegeneinander, so einfach ist das. Was aber ist mit den Ländern, die es auf der politischen Weltkarte nicht gibt, mit Autonomieregionen, mit Völkern, die keinen eigenen Staat haben und folglich auch von der Fifa nicht anerkannt werden? Diesen Mannschaften wollen die belgischen Erfinder des alternativen "Viva World Cup" eine Plattform geben. Lappland soll gegen Tschetschenien spielen können, der Kosovo gegen Nordzypern, Kurdistan gegen das Baskenland und die Shetlandinseln gegen den Vatikan – auch mit dem Ziel, dem Wunsch einiger dieser Verbände Nachdruck zu verleihen, Mitglied in der Fifa zu werden. Eine Ausnahme unter den Ausnahmen ist Monaco: Das Fürstentum ist ein anerkannter Staat, verzichtet aber auf einen eigenen Fußballverband und eine eigene Nationalmannschaft, damit der Fußballverein AS Monaco in der französischen Liga spielen darf.
 

Staatsräson


Arthur Friedenreich, 1892 geborener Sohn eines deutschen Ingenieurs und einer schwarzen Wäscherin, schoss während seiner Laufbahn über 1300 Tore. Bei der Copa América 1921 in Brasilien selbst durfte er dennoch nicht auflaufen: Staatspräsident Epitácio Pessoa untersagte Farbigen die Turnierteilnahme, Brasilien wurde auch deshalb lediglich Zweiter. Die allgemeine Verärgerung darüber war so groß, dass Pessoa den Beschluss widerrufen musste: Friedenreich und andere dunkelhäutige Spieler durften – wieder – für Brasilien auflaufen. Allerdings nicht ohne Einschränkungen: Vor jedem Spiel muss-ten sie die krausen Haare glätten und ihre Haut mit Reismehl einreiben.
 

Wo liegt Israel?


Als Israel bei der WM-Qualifikation erstmals 1958 auf Ägypten, den Sudan und Indonesien treffen sollte, zogen die muslimischen Länder ihre Teilnahme zurück: Unter keinen Umständen wollten sie in Israel auflaufen, fast hätte Israel sich dadurch für die WM qualifiziert. 1974 hatten sich die Verhältnisse verschoben, nun musste Israel in Folge der wachsenden Bedeutung der arabischen Mitglieder aus dem asiatischen Fußballverband austreten. Eine kleine Odyssee begann: 1978 spielte Israel in der Ostasien-Gruppe, 1982 in einer der Europa-Gruppen und 1986 in der Ozeanien-Gruppe um einen WM-Platz. Seit Beginn der neunziger Jahre haben die Israelis nun endgültig in Europa ihre fußballerische Heimat gefunden. 1994 wurden sie UEFA-Mitglied und spielen seitdem auch in der Qualifikation zur Europameisterschaft mit.
 

Wir gegen uns


Die Vorrundenpartie der Nationalmannschaften von BRD und DDR bei der WM 1974 war die erste Begegnung der beiden deutschen Staaten auf dem Fußballfeld: Freundschaftsspiele zwischen Ost- und Westmannschaften waren nicht üblich, bei Pflichtspielen waren die deutschen Staaten nie zueinander gelost worden. In der westdeutschen Mannschaft spielten Beckenbauer, Netzer und Gerd Müller, die BRD war amtierender Europameister, die DDR nahm zum ersten Mal überhaupt an einer WM teil. Entsprechend siegesgewiss titelte Bild: "Warum wir heute gewinnen." Doch die DDR konnte das Spiel lange offen halten und gewann schließlich durch das Tor von Jürgen Sparwasser. Erst als im Februar 1990 die Qualifikationsgruppen für die EM 1992 ausgelost wurden, landeten BRD und DDR dann doch noch mal in einer Gruppe, während der Prozess der Wiedervereinigung bereits voranschritt. Nun titelte Bild: "Wir gegen uns – So ein Quatsch!" Die DDR spielte schließlich nicht mit, die deutsche Mannschaft zog ins EM-Finale ein, mit zehn westdeutschen Spielern und dem Ostdeutschen Matthias Sammer.

Illustration: Damentennis & Ruzi