Worum geht’s?

Am Flughafen von Addis Abeba fällt dem schwedischen Regisseur Joakim Demmer etwas Merkwürdiges auf. Einerseits werden da gerade tonnenweise Nahrungsmittel in Frachtmaschinen verladen – zum Export. Andererseits warten in den Hallen säckeweise soeben eingeflogene Lebensmittelspenden von internationalen Hilfsorganisationen darauf, im Land verteilt zu werden. Wie kann es sein, dass ein Land wie Äthiopien, das immer noch und in den letzten Jahren sogar wieder verstärkt mit Hunger zu kämpfen hat, Nahrungsmittel ins Ausland exportiert? Das ist die Ausgangsfrage für Demmers packenden, über Jahre recherchierten Dokumentarfilm „Das grüne Gold“.

Was soll uns das zeigen?

Wie komplex die Auswüchse des sogenannten Landgrabbings sind. Das heißt in diesem Fall: Ausländische Investoren kaufen günstig große Flächen Land vom Staat Äthiopien, gehen ihren Geschäften nach, nehmen aber auf die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht unbedingt Rücksicht. Anfang der Nullerjahre wird Landgrabbing zum Phänomen. Damals beginnen die Preise von Grundnahrungsmitteln zu steigen. Seit 2008 investieren Pensionsfonds, Versicherungen und Hedgefonds auch massiv in den Agrarmarkt. Ein globaler Wettlauf um fruchtbaren Boden entwickelt sich. Dieser findet besonders in den ärmsten und für Investoren günstigsten Ländern der Welt statt, wie eben Äthiopien. In der Hauptstadt herrscht Goldgräberstimmung, überall wird gebaut, Devisen kommen ins Land, viele davon von internationalen Agrarinvestoren. Auf dem Land dagegen häufen sich die Probleme für die Bevölkerung und die Umwelt: Vertreibungen, gefährliche Arbeitsbedingungen oder struktureller Hunger, den niemand beseitigt. Eine Spirale der Gewalt setzt sich in Bewegung.

Wie wird’s erzählt?

Am Beispiel des jungen äthiopischen Journalisten Argaw Ashine. Der reist in die Gambela-Region im Westen des Landes. Dort baut die Firma Saudi Star auf 10.000 Hektar Basmatireis an. Für die Anuak, die lokale Bevölkerung, ist der zu teuer, außerdem waren sie im Weg. Sie lebten in dem Wald, der gerodet wurde, um den Reis anzubauen. Damit haben sie aber auch ihre Lebensgrundlage verloren. Viele fliehen nach Südsudan, andere greifen die Plantagen an, die von Soldaten geschützt werden. Darüber kann Ashine jedoch schon nicht mehr berichten. Er muss aus Äthiopien fliehen, da er bedroht wird.

Beste Nebenrolle

Eine Band. Die drei Musiker tauchen zweimal im Film auf, ein bisschen wie ein Chor in einer griechischen Tragödie, und singen traurig bis satirisch über die Situation der Kleinbauern in ihrem Land.

Starker Satz

„Tote Esel fürchten keine Hyänen.“ Das sagt ein ehemaliger Angestellter des Gambela-Nationalparks. Erst flieht er aus der Region, weil er politische Repressionen fürchtet, dann kommt er doch zurück, um sich für die vertriebenen Anuak einzusetzen. Am Ende der Doku erfahren wir, dass er zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Der Vorwurf: Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.

Good Job!

Die richtigen Bilder zu finden für ein sperriges Thema wie Landgrabbing ist schwierig. Demmer gelingt das über weite Strecken erstaunlich gut. Die Erzählstimme aus dem Off kennt man aus dem Fernsehen. Sie stammt von Jörg Hartmann, der im Dortmunder „Tatort“ ermittelt.

Ideal für …

... alle, die sich für Landwirtschaft und Landgrabbing interessieren, für Afrika, aber auch für profunde Recherchen und einen filmisch stark umgesetzten Dokumentarfilm.

„Das grüne Gold“, Schweden, Deutschland, Finnland 2017; Regie: Joakim Demmer; 84 Min.