Worum geht es?
Zelda Zoris (Havana Joy) arbeitet als Preisboxerin auf dem Jahrmarkt außerhalb von Frankfurt. Jeden Abend steigt sie in den Ring und vermöbelt überwiegend betrunkene Männer. Als sie auf dem Rummelplatz Ben von Greifenstein (Damian Hardung) begegnet, fühlen die beiden sich sofort zueinander hingezogen. Was Zelda nicht weiß: Ben stammt aus einer jahrhundertealten Vampirdynastie und sie selbst aus einer Familie von Vampirjägern. Obwohl Zeldas und Bens Familie, wortwörtlich, Blutfeinde sind, kommen Zelda und Ben sich näher. Als Zeldas Bruder (Dennis Scheuermann) und Vater (Stipe Erceg) Bens Familie aufspüren und sie töten wollen, muss sich Zelda entscheiden, wen sie vor wem beschützen wird.
Worum geht es eigentlich?
Zelda und Ben unterscheiden sich nicht nur in Sachen Sterblichkeit und Vorliebe für Blut, sondern auch in ihrem sozialen Status: Zelda ist in einer Schaustellerfamilie aufgewachsen, Bens Mutter (Anne Ratte-Polle) führt ein Forschungsunternehmen. Zelda und Ben symbolisieren also die Kluft zwischen Arm und Reich. Über Jahrhunderte haben die von Greifensteins Reichtum und Macht angehäuft, sie leben auf Kosten der weniger privilegierten Mehrheit und beuten sie aus. Sie trinken das Blut, das Menschen freiwillig gegen Geld spenden, oder töten sie sogar dafür. Die Kapitalismuskritik, die in der Geschichte angelegt ist, wird auch klar ausgesprochen. Als Ben vor der Frankfurter Skyline aufzählt, welche Hochhäuser seiner Familie gehören, sagt Zelda: „Ihr blutsaugenden Kapitalisten!“ So platt das Setting auf den ersten Blick auch daherkommen mag, es gibt trotzdem Ambivalenzen: Bens Bruder Theo (Rick Okon) kostet seine Privilegien und seine Unsterblichkeit aus und geht mit seiner Geliebten Agata (Dana Herfurth) auf die Jagd nach menschlichen Opfern. Ben dagegen will sein Verlangen nach frischem Blut unterdrücken und hadert generell mit dem ewigen Leben.
Kennen wir das nicht irgendwoher?
In Literatur und Film waren Vampire schon immer gleichzeitig unheimlich und verführerisch und eine Projektionsfläche für alles Mögliche. In Bram Stokers Roman „Dracula“ von 1897 wurden unter anderem die Auseinandersetzung mit Rassismus und Homosexualität oder Warnungen vor Promiskuität, Gleichberechtigung und technischem Fortschritt hineininterpretiert, in die Vampirfilme der 1980er-Jahre die Angst vor Aids. Bis heute symbolisieren Vampire die dunkle Seite im Menschen. In Literatur und Film sind es meistens junge Frauen, die sich durch die Annäherung an einen Vampir dem Bösen in der Welt stellen. Das sah man unter anderem bei „Buffy – Im Bann der Dämonen“ mit einer Vampirjägerin als Hauptfigur und in den „Twilight“-Büchern und -Filmen. Ein Machtgefälle gibt es auch in der ZDF-Serie „Love sucks“ – theoretisch. Zelda gleicht es von Anfang an aus durch ihre toughe, abgeklärte Art. Gleich in der ersten Folge boxt sie Ben k.o., und auch seine Familie sieht sie nicht als Bedrohung. Sie muss nicht gerettet werden, sondern rettet sich selbst.
Wer erzählt hier – und wie?
Serienschöpfer Marc O. Seng hat schon mit der Serie „Dark“ und dem Superheldenfilm „Freaks“ (beide Netflix) Erfahrung mit Mystery und Fantasy gesammelt. Die Autorin Julia Penner hat mit den Serien „37 Sekunden“ (ARD) und „Wir“ (ZDF) Einfühlungsvermögen bewiesen und der Drehbuchautor Thorsten Wettcke etliche Fernsehkrimis (u.a. „Tatort“) geschrieben. Co-Regisseur Andreas Prochaska hat den düsteren Alpenwestern „Das finstere Tal“ inszeniert und seine Kollegin Lea Becker das Schuldrama „Flügel aus Beton“. „Love sucks“ vereint ihre Stärken: Die Serie nimmt alle Figuren und ihre Bedürfnisse ernst. Zeldas und Bens Liebesgeschichte ist leidenschaftlich erzählt. Es gibt neben etlichen Vampirsymbolen – Sonnenlicht und Holzpflöcke sind auch 2024 noch tödlich – einige Referenzen an Shakespeares „Romeo und Julia“. Im Kontrast dazu stehen echte Horrormomente, zum Beispiel bei einer Orgie in der Villa der von Greifensteins oder wenn die Vampire im Blutrausch und mit glühenden Augen ihre Zähne fletschen. Die Bilder (Kamera: Carmen Treichl, Julian Krubasik) sind sinnlich und finster, besonders beeindruckend ist der Kontrast zwischen kühler Großstadt und der grellen Rummelplatzwelt. Im deutschen Fernsehen ist man es gewohnt, dass die Motive der Figuren und die Handlung genau auserzählt werden. „Love sucks“ traut dem Publikum da mehr zu und entwickelt schnell Spannung und einen großen Sog.
Bestes Zitat:
Als Bens Mutter Zelda zum ersten Mal sieht und mustert, kommentiert sie trocken: „Wir bringen doch kein Essen von der Straße mit nach Hause.“
Gruseligster Moment:
Bens Cousine Xandra (Lotte Engels) ist schon als Kind zum Vampir geworden, körperlich ist sie seitdem nicht gealtert, geistig aber schon. Sie raucht, trinkt Alkohol, redet vulgär daher – und tötet, ohne mit der Wimper zu zucken. Der Effekt ist aus Horrorfilmen bekannt: Kleine Mädchen sind immer am unheimlichsten!
„Love sucks“ läuft ab 11. Oktober in der ZDF-Mediathek und ab 31. Oktober auf ZDFneo.
Fotos: ZDF/Frank Dicks