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Ein Bild von amerikanischer Zensur
Vorige Woche erntete Facebook viel Kritik, als es eines der bekanntesten Kriegsfotos der vergangenen Jahrzehnte von einer Nutzerseite löschte. Es ging um das mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Bild „Terror of War“. Das zeigt die neun Jahre alte Kim Phúc, die vor einem Napalm-Angriff aus ihrem Dorf in Vietnam flieht. Weil das Mädchen dabei nackt ist, entfernte Facebook das Bild. Die einen mokierten, die anderen empörten sich darüber. Jane Fae vom britischen „Telegraph“ macht beides, blickt dabei über den Einzelfall hinaus und nimmt Facebooks Richtlinien ins Visier. Ihr Urteil: Facebook fördert kulturelle Homogenität.
The Telegraph: Facebook is imposing prissy American censorship on the whole rest oft he world
Landkarten des Terrors
Schon wieder ein Anschlag? Häufiger als früher, so scheint es, erreichen uns heute die Terrornachrichten. Aber stimmt das überhaupt? Oder wird einfach mehr darüber berichtet? Die traurige Wahrheit: Ja, es sind deutlich mehr geworden. Spiegel Online liefert dazu eine Reihe von interaktiven Grafiken: Besonders seit 2011 ist die Zahl der Terroranschläge und der dabei Getöteten erheblich gestiegen. Klickt man sich durch die Jahrzehnte, wird aber auch deutlich: Geografisch ist der Terror gewandert. Und seit 2015 ist die Zahl der Anschläge wieder leicht zurückgegangen.
Spiegel Online: Datenanalyse – So verlagert sich der Terrorismus
Facebook anno 1846
Was ist das älteste soziale Medium? Myspace? StudiVZ?? Weit gefehlt! – würde Monica Riese von „The Daily Dot“ sagen. Laut der Journalistin reicht die Geschichte der sozialen Medien wesentlich weiter zurück: Beginnend bei dem ersten Telegramm vor über 170 Jahren bis zu neuen Social-Media-Phänomenen wie „Periscope“ oder „Yik Yak“ rekapituliert sie die Geschichte der sozialen Medien. Viele von ihnen verschwanden bald wieder in der Versenkung, waren aber als technologische Vorreiter für die sozialen Medien von heute wichtig.
The daily dot: The definite history of social media
Und was, wenn Kim die Atombombe wirklich werfen will?
Vergangene Woche hat Nordkorea verlauten lassen, dass dem Land der fünfte Atombombentest geglückt sei. Eine Frage wird immer drängender: Was passiert, wenn Kim Jong-un eine Atombombe auf ein echtes Ziel zum Beispiel in Südkorea richtet? Dann wird der südkoreanische Nachbar selbst Raketen starten, um den Diktator zu beseitigen – oder dies zumindest versuchen. Das schreibt Robert Beckhusen auf dem Blog „War is boring“ und beruft sich dabei auf Stimmen aus dem südkoreanischen Militär. Dass Kim Jong-un nach dem Herauskommen der Pläne die Finger von der aus nordkoreanischer Sicht so prestigeträchtigen Waffe lässt, hält er für unwahrscheinlich.
War is boring: South Korea Will Try To Blow Up Kim Yong Un If He Launches Nukes
Hier ist viel zu tun
Über eine Million Geflüchtete sind im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen. Ihre Familie und Freunde mussten viele zurücklassen. Und ihren Job. Eine Arbeit zu finden gestaltet sich hier oft schwierig. Die Zahlen sprechen für sich: Während 375.000 Geflüchtete in Deutschland einen Job suchen, arbeiten nur 135 in den wichtigsten Konzernen und nur zwei für Bundesministerien. Warum so viele Geflüchtete auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht gut ankommen, hat Tania Röttger für das Portal Correctiv recherchiert.
Correctiv: Warum so wenige Geflüchtete in Deutschland einen Job finden
Da geht noch einiges, Russland
Nicht nur in Berlin ist Sonntag Wahltag, sondern auch in Russland. Dort wird die Duma, das russische Parlament, neu gewählt. Im Moment regiert Präsident Putins Partei „Einiges Russland“ mit absoluter Mehrheit. Doch für die könnte es Umfragen zufolge diesmal knapp werden. Schlecht für Putin, gut für die Opposition. Dabei war das Jahr 2016 bisher nicht einfach für die Oppositionspolitiker. Auf „bellingcat“ berichtet Lincoln Pigman darüber, wie Oppositionelle in Russland eingeschüchtert und angegriffen werden.
Bellingcat: Coercion and Corruption – Following Russia’s 2016 Election Season
Übelkeit vom Info-Junk
Nicht nur was das Essen angeht, werden wir von immer neuen nicht unbedingt gesunden Produkten überschwemmt, schreibt Mike Sturm auf „ExtraNewsfeed“. Auch mental seien wir mittlerweile völlig überfüttert. Immer mehr Inhalte würden produziert, die gleichzeitig qualitativ schlechter würden. Seine These: Wenn wir das Gehirn mit dem geistigen Äquivalent von Fast Food füttern, dann wird es träge und macht Fehler. Also lieber auf qualitativ hochwertige Informationen setzen und weiter fluter lesen! Oder eben ausnahmsweise die hier verlinkten Artikel.
ExtraNewsfeed: The Next Obesity Epidemic
Schauen
Hart umkämpft
Bei der Präsidentschaftswahl in den USA werden vor allem sie wichtig: die Swing States. Warum das so ist und was das für den Wahlkampf bedeutet, zeigt das Video der „Neuen Zürcher Zeitung“. In nur drei Minuten kriegt man eine ganz gute Idee von den Grundzügen des US-Wahlsystems.
NZZ: Warum die Swing States über die US-Wahlen entscheiden
Passend dazu gibt es von „POLITICO“ eine Karte mit den aktuellen Umfrageergebnissen in elf Swing States (Tipp: runterscrollen!): Trump’s shrinking swing state map
Alles hat seine Grenzen, Google
Apropos Karten! Die Grenzen von Ländern verlaufen auf Landkarten, so wie die Grenzen von Ländern in der Realität verlaufen. Klare Sache, oder? Im Normalfall ist das auch so. Aber was tut ein Kartograf oder eine Kartografin, wenn zwei oder mehr Staaten Anspruch auf ein und dasselbe Gebiet erheben? Man könnte sich entweder nach den internationalen Standards der UN richten. Für die Halbinsel Krim hieße das: Die Vereinten Nationen erkennen die Annexion der Krim durch Russland nicht an, daher wird die Krim als der Ukraine zugehörig dargestellt. Oder man macht es wie Google Maps und erstellt zwei unterschiedliche Karten: eine für den internationalen Raum und die Ukraine, in der die Krim der Ukraine zugerechnet wird. Und eine für Russland, in der die Krim zu Russland gehört. Weitere Beispiele, wie Google seine Karten je nach Land den geopolitischen Machtverhältnissen anpasst, findet ihr in der neuen Folge von „Mit offenen Karten“ von ARTE.
Jay Z über die US-Drogenpolitik
Überfüllte Gefängnisse, drakonische Strafen, Diskriminierung: Jay Z schaut sich für für die „New York Times“ die Drogenpolitik in den USA an und kommt zu dem Ergebnis: Der Kampf gegen die Drogen ist ein „epic fail“. Systematisch rechnet der Rapper, der früher selbst gedealt hat, mit den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden ab. Die würden vor allem Afroamerikaner ins Visier nehmen. Das Video ist toll illustriert und wird vom Musiker selbst besprochen. Unser Urteil: Auch für nicht Jay-Z-Fans durchaus sehenswert!
New York Times: ‘The War on Drugs Is an Epic Fail’
Titelbild: Renke Brandt