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Unter Linken
Tatsächlich, es gibt sie immer noch: Nachwuchs-Sozialisten. Rund 2.500 von ihnen trafen sich zum Jugendcamp der internationalen sozialistischen Falken-Jugend auf dem Willy-Brandt-Zeltlagerlatz im bayerischen Reinwarzhofen. Auch mit dabei: der Krautreporter Rico Grimm, der sich eine Reportage voller Klassenkampf, Weltveränderungspläne und großer politischer Utopien erhoffte. Was er stattdessen vorfand: eine Frau in einem lila Pudelkostüm und ein zähes Ringen um Kompromisse im Kleinen, sei es bei der Geschlechteraufteilung der Toiletten, beim Umgang mit Besuchen der Polizei oder in einer spontan eingerichteten Partyhöhle – was natürlich auch alles politisch ist, nur ganz anders als erwartet.
Mit der Angst
Panik bei jeder U-Bahn-Fahrt. Kalter Angstschweiß im Meeting. Alltagssituationen, die zu unüberwindlichen Hindernissen werden. Das ist keine Anstellerei, sondern eine Krankheit: Jeder sechste Erwachsene in Deutschland leidet unter Angststörungen, nur spricht fast niemand darüber. Franziska Seyboldt hat die Geschichte ihrer Angst für die taz aufgeschrieben. Sie beschreibt, wie sie über viele Jahre sich und ihre Reaktionen besser verstehen lernte und letztlich einen Weg fand, die Angst zu akzeptieren. „Wenn das dein zukünftiger Arbeitgeber liest, bekommst du keinen Job mehr“, hatten ihre Freunde gesagt. Denn ein Nicht-Können, ein Eingeständnis von Schwäche, das will sich in den Augen der meisten nicht mit unserer Leistungsgesellschaft vertragen. Doch Franziska Seyboldt schreibt ihren Text ganz bewusst nicht unter Pseudonym. Eine schonungslos offene Einsicht, mitreißend, wichtig und gar nicht schwer geschrieben.
Voll die Panik
Noch einmal Angst, aber ganz anders: hier geht es um die Sorge mancher US-Amerikaner um ihre Kinder – und darum, was für absurde Formen diese inzwischen angenommen hat. Der Schweizer Washington-Korrespondent Sacha Batthyany beschreibt ein Land, in dem Kinder nicht mehr draußen spielen, weil jeder noch so kurze unbeaufsichtigte Moment dazu führen kann, dass die Eltern juristischen Ärger am Hals haben. Eingebettet sind die zahlreichen Beispiele in Batthyanys Analyse, dass die USA eine geradezu erotische Beziehung zur Angst habe. Sie sei „der Kitt in der amerikanischen Gesellschaft“, schreibt er.
Vor der Front
Ein wenig in Vergessenheit geraten ist hierzulande, dass in der Ostukraine noch immer Kriegszustand herrscht. Nur weniger Kilometer von der Frontlinie entfernt steht in Donezk die Schule Nr. 58. Der Unterricht hier geht weiter, auch wenn drei Viertel der Schüler weggezogen sind und auch wenn das Schulgebäude schon fünfmal von Bomben getroffen wurde. Geführt wird die Schule Nr. 58 von prorussischem Personal, die Kinder lernen hier auch Landesverteidigung. Und wenn mal wieder bombardiert wird? Dann liegt für die Kleinsten ein Stapel Not-Teddybären zum Trösten im Klassenzimmer bereit. Ein Jahr lang, von Mai 2015 bis Mai 2016, waren Per Christian Selmer-Anderssen und Kyrre Lien für Al-Jazeera immer wieder vor Ort und haben in Bild und Text eine fesselnde Langzeitreportage mitgebracht.
Schauen
Ziemlich verzerrt
Landkarten haben Macht, denn sie bestimmen unseren Blick auf die Welt. Besonders tricky an ihnen ist, dass sie so unschuldig neutral um die Ecke kommen: Da wird doch bloß die Realität abgebildet. Was schon deswegen nicht stimmt, weil man die Oberfläche einer Kugel – also der Erde – nie optimal auf eine zweidimensionale Fläche übertragen kann. Bei den Weltkarten der bis heute gängigen Mercator-Projektion ist beispielsweise die Region um die beiden Pole sehr verzerrt dargestellt – aufgeblasen nämlich. Und so erscheint Grönland größer als Afrika und Skandinavien größer als Indien, was nicht annähernd stimmt. Kritiker der Mercator-Projektion sagen, dass diese Darstellung eurozentrisch ist und die Länder um den Äquator im wahrsten Sinne des Wortes an den Rand drängt.
Für eine bessere Vergleichbarkeit will die interaktive Weltkarte von „The True Size“ sorgen. Alle Länder der Erde lassen sich hier nehmen und über die Weltkarte schieben und drehen: geht es zu den Polen, werden sie größer, gen Äquator schrumpfen sie. Bis Grönland nur noch so klein ist wie … aber probiert es selber aus.
Hören
Tiefe Bohrung
Die Schwankungen des Ölpreises gehören zum Standardrepertoire der Wirtschaftsnachrichten. Sie betreffen jeden Gasofen- und Autobesitzer, sie können auch Volkswirtschaften durcheinander wirbeln, wie aktuell Venezuela. Doch wieso schwankt beim Öl der Preis so viel sichtbarer als bei jedem anderen Konsumgut unseres täglichen Lebens? Und wie hat Fracking den ganzen Ölmarkt in den letzten Jahren verändert? Diesen Fragen gehen Stacey Vanek Smith und Robert Smith in einem fünfteiligen Podcast-Special von „Planet Money“ für das US-amerikanische National Public Radio nach – sehr anschaulich und doch tiefgehend. Und um ein besseres Gefühl für den Ölmarkt zu bekommen, sind sie zuerst nach Kansas gefahren, um dort echtes Rohöl zu kaufen.
Titelbild: Renke Brandt