Stump, der so heißt, weil sein rechter Arm seit einem Unfall nur noch ein Stumpf ist, hat eine genaue Vorstellung von seinem Restleben. Er will ein ordentliches Einkommen und in Ruhe seinen Whiskey trinken. Und bisher geht der Plan auch auf. Sein Geld hat er nämlich in ein scheinbar todsicheres Geschäft investiert: in einen Rentner-Trailerpark im sonnigen Florida, wo die Alten und Kranken in Ruhe sterben können. Wobei für Stump die Betonung auf Ruhe liegt: Mit maximaler Leidenschaftslosigkeit tritt er der betagten Kundschaft gegenüber. Stellt eure Wohnwagen ab, genießt ein bisschen das Wetter – und dann sterbt gefälligst schnell.
Seine blutjunge neue Freundin Too Much (auch bei ihr ist der Name Programm) sieht das nur leider ganz anders. Sie schreibt keinen ab, und sei er noch so gebrechlich, sie will, dass es bis zum letzten Atemzug knallt. Nachdem sie Stump in der heißen Badewanne gezeigt hat, wozu so ein Armstumpf unter erotischen Gesichtspunkten gut sein kann, kümmert sie sich ebenso hingebungsvoll um die Alten.
Sie erweckt all die Erloschenen zum Leben, bringt ihre Säfte wieder zum Fließen und macht so einen dicken Strich durch Stumps Kalkül. Die Rentner machen Party, tanzen, plantschen im Sumpf, und manche schlafen sogar wieder miteinander. Um dieses anachronistische Schauspiel zu beenden, erhöht Stump jeden Tag die Whiskeydosis, doch es nutzt nichts. Am Ende sind nicht die Alten, sondern er selbst dem Untergang geweiht.
Der 2012 verstorbene US-Autor Harry Crews hat schon zu Lebzeiten viele Etiketten bekommen: Einen „Hieronymus Bosch der Literatur“ hat man ihn genannt, weil er so apokalyptische Szenarien erschuf. Einen Vertreter des sogenannten „Southern Gothic“ – ein Cluster für düstere Romane aus dem Süden der USA. Und, klar: Weil er selbst aus White-Trash-Verhältnissen stammt, gilt er als megaauthentischer Chronist des amerikanischen Verfalls.
Kann alles sein, sagt aber über ein Buch wie dieses wenig aus. Denn neben aller sinistren Verschrobenheit ist „Florida Forever“, das im englischen Original bereits 1988 erschienen ist, ein ziemlich lustiges Werk. Was sich die überspannte Too Much so an Grenzerfahrungen für ihre Umwelt einfallen lässt, ist bei allem Horror stets komödiantisch. Und dann hat das Buch noch eine verdammt tröstliche Botschaft: Es ist nie zu spät, nicht zu sterben.