Ausziehen will ich vor allem, um etwas Neues kennenzulernen, eine neue Art zu leben. Ich selbst denke, dass ich kein so unordentlicher Mensch bin, auch wenn mein Zimmer ab und zu gegen mich spricht. Den Haushalt zu führen, wie ich möchte, und mehr Eigenverantwortung zu tragen, darauf freue ich mich, weil ich es als angenehm empfinde, wenn ich mich nur auf mich verlassen muss. Bei uns hat eigentlich jeder seine Freiräume.
Ich spiele E-Bass, gerade Jack White, Bonaparte, die Babyshambles oder Tocotronic. Einmal die Woche gehe ich auf eine Kunstschule und zweimal zu Vorlesungen an der Uni, in theoretischer und praktischer Philosophie. Das klingt wahrscheinlich klischeehaft, aber am meisten interessiert mich daran ganz klassisch die Frage nach dem Sein.
Wie gehe ich damit um, dass ich weiß, dass ich bin, wie es bei Descartes heißt? Dass man am Wochenende unbedingt zusammen mit der Familie essen muss, wenn ich Essen eher als zweckmäßig ansehe, kann natürlich nerven. Und dass ich mit meinen Geschwistern streite, wo ich sie doch sehr mag, ist schade. Meine Schwester ist noch jünger, und mein Bruder wohnt nicht mehr zu Hause; letztes Jahr habe ich ihn kaum gesehen, und wenn ich ihn gesehen habe, dann hat sich das eine Weile so angefühlt, als hätten wir uns stängig in den Haaren. Grundsätzlich sind meine Eltern nicht besonders streng. Es gibt nicht viele Regeln, dennoch möchte ich selbst entscheiden, was ich für richtig und für falsch halte.
Wenn ich mir die Zukunft erträumen darf, dann sieht sie so aus, dass ich erst in eine WG ziehe. Da bin ich nicht gleich ganz auf mich allein gestellt und mit Menschen zusammen, denen es ähnlich geht wie mir. Dann, nach einem abgeschlossenen Studium, würde ich gern alleine wohnen und als Redakteur arbeiten, bei einer Philosophie- oder Theaterzeitschrift vielleicht. Wobei mein eigentliches Ziel ist, in die Politik zu gehen – Bundestagsabgeordneter in Berlin zu werden. Dort zieht es mich wieder hin, ich bin in Berlin geboren und Ende der zweiten Klasse mit meiner Familie nach Bremen gezogen. Ich könnte mir aber auch vorstellen, nach dem Abi ein Jahr ins Ausland zu gehen. Obwohl ich nicht so der super Sprachentyp bin. Nur eine eigene Familie zu haben, kann ich mir im Moment überhaupt nicht vorstellen. Mit der Politik, die es gibt, Parteien, die von Konzernen Geld annehmen, mit dem CO2-Ausstoß oder Regenwäldern in Ecuador, die zu Ölfeldern werden, halte ich die Welt gerade nicht für einen idealen Platz, um Kinder hineinzu-setzen. Andererseits hat das auch egoistische Gründe: Ohne Kind habe ich mehr Zeit für meine Freunde und mich.