Alan Benson, 56 Jahre, langjähriges Mitglied der „American Church“ in Berlin. Alan arbeitet als technischer Übersetzer und ist für die „Democrats Abroad Germany“ aktiv.

Ähnlich wie die AfD spricht Trump Menschen an, die Angst haben. Angst, weil sie ihre Arbeit verloren haben – etwa nach Mexiko oder China – oder fürchten, sie zu verlieren. Mit dem Versprechen „Jobs“ erreicht Trump auch die Leute, die er in seinen Reden eigentlich oft beleidigt – Schwarze, Hispanics, Frauen. Die Zukunftsvisionen von Trump haben andere natürlich auch. Aber Trump hämmert sie den Leuten regelrecht ein – immer auf seine lockere, freie Art. Er hat angeblich den Wortschatz eines Fünftklässlers. Nun stehen auch viele Wähler auf dem Bildungsstand eines Fünftklässlers, haben im Politikunterricht nicht so gut aufgepasst und glauben, Trump könne all das liefern, was er verspricht. Und seine Geschäftserfolge sind ja auch sehr plakativ. Die Leute sehen: Der hat sich abgestrampelt. Die geschäftlichen Rückschläge, die Trump erlitten hat, machen ihn für die meisten nur noch sympathischer. Denn wenn du auf dem Boden liegst und wieder hochkommst, dann besitzt du Stärken und Qualitäten, die dich und den Staat weiterbringen können. Die Leute mögen das und liken und klicken wie verrückt. Dieses Voting in den sozialen Medien, wie auch bei der Sendung „American Idol“, macht es für die Menschen leicht, unbedacht abzustimmen –  und für Trump einfach, richtig populär zu werden.

„Ähnlich wie die AfD spricht Trump Menschen an, die Angst haben“

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Gemälde von Donald Trump in seinem Anwesen

Bescheidene Unterkunft: Donald Trumps Florida-Wohnsitz Mar-a-Lago bietet 118 Zimmer, fünf Tennisplätze und ein goldgerahmtes Porträt des Hausherrn in der Bar des Anwesens

Amy Patton, 37 Jahre, wurde in Austin, Texas geboren. Seit zehn Jahren lebt und arbeitet sie als Künstlerin in Berlin, wo sie auch studiert hat.

Trump ist wie ein Autounfall. Man will nicht hinsehen, aber man muss einfach. Er passt zum 21. Jahrhundert wie jemand aus einer Reality-TV-Show. Der Stereotyp einer reichen Person. Weil er so grotesk, grell und seltsam ist, berichten die Medien gerne über ihn. Die Menschen, die sich von Trump angezogen fühlen, haben sehr wenig Geld. Die arbeitende Klasse in den USA ist schockierend arm, auch weil es kein Sozialsystem wie in Deutschland gibt. Für ihre Probleme bietet Trump einfache Lösungen an, wie zum Beispiel: alle Mexikaner loswerden. Manche bewundern ihn auch für seinen Reichtum.

„Trump ist wie ein Autounfall. Man will nicht hinsehen, aber man muss einfach“

Als ob Donald Trump sich jemals mit einem von ihnen abgeben würde! Aber sie fühlen sich vollkommen machtlos und dann ist es reizvoll, dass dieser Typ respektlos ist und einfach sagt „Fuck you all!“ Abgesehen vom Rassismus ist bei den Unterstützern auch eine Menge Sexismus im Spiel. Wenn Trump Präsident wird, würde ich mich ausbürgern lassen, I don't give a fuck. Meine Freunde denken da wie ich, das ist also entspannt. Meine Eltern dagegen sind sehr konservativ und ein bisschen rassistisch. Sie leben in Texas und sind definitiv gegen einen starken Staat und für Krieg – niemand soll sich mit „ihrem Land“ anlegen. Die Gesellschaft scheint polarisiert zu sein, es scheint keine Meinungen mehr dazwischen zu geben, nur noch Extreme.

Davey Frankel, 46 Jahre, ist Filmemacher und wirkt im Berliner Bezirk Neukölln in einem Restaurant mit, das für sein California-Style-Breakfast bekannt ist.

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Donald Trump umgeben von Frauen, Bild aus den achtziger Jahren

Donald Trump hat jahrelange Erfahrung darin, sich vor der Kamera in Szene zu setzen. Bei diesem Foto-Shooting im Nomvember 1993 posiert er zusammen mit Models für einen Kalender

Viele Menschen in den USA fühlen sich von der herrschenden Klasse missachtet und betrogen. Wenn ich mir die AfD in Deutschland ansehe, dann rührt die in demselben Topf herum. Dabei denke ich gar nicht, dass es ein bewusstes Bestreben der Eliten gab, Teile der Bevölkerung zurückzusetzen – es war der Gang der Dinge in der Globalisierung. Und Trump schürt nun diesen Zorn auf die Eliten. Wobei er ja absurderweise selbst dazugehört. Die Frage ist, warum das bei weißen Männern mit geringer Bildung auf einen so fruchtbaren Boden fällt. Ich denke: weil Teile der Republikanischen Partei in den vergangenen Jahren wie eine gigantische Produktionsmaschine für Ängste waren. Und sie haben dieses Land schlechtgeredet. Sogar viele Konservative bestätigen, dass die Republikaner das Phänomen Trump selbst geschaffen haben. Dann haben sie noch gehofft, dass das sich von selbst erledigt, aber Trump ist immer mehr in Fahrt gekommen. Sollte er wirklich Präsident werden, darf man aber erwarten, dass er sich an das politische System mit seinen Checks and Balances anpassen muss und auch in gewisser Weise von ihm gezähmt werden wird. Andererseits befürchte ich: Wenn dann seine Unzufriedenheit zunimmt, wird er verstärkt das tun, was die Republikaner sowieso schon seit Jahren machen: alles torpedieren, das politische System dysfunktional machen, Panik schüren.

„Teile der Republikanischen Partei waren in den vergangenen Jahren wie eine gigantische Produktionsmaschine für Ängste“

 

Kerry Reddington, 50 Jahre alt, ist Unternehmer im Bereich Eventservices und als Mitglied der Kommunalen Ausländervertretung der Stadt Frankfurt am Main auch politisch aktiv.

Die Leute haben keinen Bock mehr auf Politiker. Gucken wir uns die Welt mal an: Wir haben Ärger mit Russland, Krieg in Syrien, wir haben überall Probleme – und die können nicht alle von George Bush sein (lacht). Trumps Vorteil: Er ist kein Politiker, sondern Geschäftsmann. Das macht ihn nicht besser oder schlechter. Aber er ist nicht vom System korrumpiert, er ist nicht käuflich. Jetzt zurzeit jedenfalls nicht (lacht wieder). Im Ernst: Er hat zwar weniger Erfahrung mit der Politik, aber wie jeder gute Geschäftsmann wird er sich ein Team zusammenstellen. Ich bin selbst Unternehmer und hole mir Experten. Man kann nicht alles wissen. Ein guter Leader weiß, wann er Experten braucht.

„Die Leute haben keinen Bock mehr auf Politiker“

Donald Trump hat außerdem die Eier, es so zu sagen, wie es ist: Als der Papst gesagt hat, die USA dürften keine Mauer bauen, hat Trump zum Papst gesagt, er solle erst mal seine eigenen Mauern um den Vatikan abbauen. Da hat der Papst sich entschuldigt. Alle entschuldigen sich. Weil Trump recht hat. Bei all der Kritik wird nämlich zu viel aus dem Kontext gerissen. Eine junge Studentin hat mir kürzlich gesagt, Trump wolle eine Mauer um das gesamte Land bauen (lacht). Die Leute sind meistens einfach uninformiert. Auch viele Menschen in meinem Umfeld sagen, er sei der größte Verbrecher, ein Rassist, Frauenhasser… Das versuche ich dann mit Fakten zu entkräften: Wie viele Frauen beschäftigt Trump, wie viele sind im Vorstand? Dann sind immer alle überrascht, wie viele Frauen da sind. Es ist jetzt der Zeitpunkt für einen Wechsel. Nehmen wir Ronald Reagan, der war auch ein Schauspieler, ein Filmstar. Wenn er Präsident werden konnte, kann Trump das auch.

Thomas Leiser, 61 Jahre, lebt im hessischen Gießen, ist mit einer Deutschen verheiratet und engagiert sich als ehrenamtlicher Präsident der „Republicans Abroad Germany“.

Trump ist nicht meine erste Wahl. Eigentlich ist die Philosophie der Republikanischen Partei in den USA: sehr geringe Einflussnahme der Politik auf das Leben des Einzelnen. Trump spricht aber davon, dass er viele Handelsangelegenheiten ändern will, er sagt, dass er verschiedene Sozialprogramme neu in Angriff nehmen will, er sagt, dass er eine große Mauer bauen will, um Zuwanderer fernzuhalten. Er zeichnet sich durch schnell wechselnde Positionen aus. Das ist für mich schwer zu akzeptieren. Für einen US-Präsidenten ist Unberechenbarkeit ein Unding. Dabei wären da gute andere Kandidaten mit sehr klar definierten Konzepten und Zielen. Aber es scheint ja eine ganze Menge Amerikaner zu geben, die Trumps Ansatz befürworten. Sich über die Eliten zu beschweren, ist immer ein sicherer Weg, damit einem viele Leute zuhören. Es gibt eine große Anzahl von Verlierern der Globalisierung.

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Präsidentschaftskandidat Donald Trump umringt von Anhängern

Trump, nicht Duck: Dieser Donald pflegt das Image des Machers, dem einfach alles gelingt

 

Und die sind anfällig für die Botschaft: Das ist so, weil eure derzeitigen politischen Führer falsche Entscheidungen getroffen haben. In der Tat wurden auch in der Republikanischen Partei diese Menschen zu lange übersehen. Und sicher war auch die Tea-Party-Bewegung viel zu extrem und hat viele Leute angestachelt. Es gibt ein grundsätzliches Problem in den USA mit ihrem Zweiparteiensystem: Das Land ist politisch in zwei gleich große Hälften geteilt. Eine ist immer der Verlierer auf ganzer Linie und die Regierungspartei befindet sich stets im Konflikt mit der einen Hälfte des Landes. Das ist in einem Mehrparteiensystem wie in Deutschland völlig anders. Wenn Trump nun wirklich nominiert wird, wird sich wohl auch ein Großteil der Republikanischen Partei hinter ihn stellen. Aber bei jeder Wahl gibt es auch Abweichler. Ich selbst habe mich noch nicht entschieden. Es hängt auch davon ab, wen die Demokraten schlussendlich aufstellen werden.

Shannon Smith, 32 Jahre, ist verantwortlich für die „User Experience“ bei der grünen Suchmaschine ecosia.org in Berlin.

Jetzt schämen sich die Republikaner zwar für die Trump-Anhänger, aber wenn eine Partei sich nicht um das kümmert, was den Leuten wirklich fehlt, dann werden die eben extrem. Will man diese Leute davon abhalten, Trump zu wählen, dann kann man noch so gut argumentieren. Auch John Olivers virales Video war viel zu elitär, viel zu anspruchsvoll und ging am Thema vorbei. Ein großer Teil unseres Landes – sowohl rechts als auch links – fühlt sich weder repräsentiert noch verstanden. 300 Millionen Einwohner sind zu viele und zwei Parteien zu wenig. Und gleichzeitig geschehen so unfassbare Dinge in der Welt – Terroranschläge, kaputte Wirtschaftssysteme, Kriege, zerfallende Staaten.

„Der trifft da einen Nerv, viele Leute fühlen sich durch ihn in ihren Gefühlen bestätigt“

Da ist etwas aus dem Gleichgewicht geraten und das macht vielen Amerikanern Angst. Darum geht es. Nur können sie das nicht so recht ausdrücken. Und alle sagen ihnen, sie seien Rassisten, statt ihnen im Umgang mit ihren Ängsten und ihrer Wut zu helfen [Video] .Das nutzt Trump aus, ein Idiot, der sehr einfache Sachen sagt, wieder und wieder. Der trifft da einen Nerv, viele Leute fühlen sich durch ihn in ihren Gefühlen bestätigt. Ich finde das schlimm, aber es überrascht mich nicht. Auch bei vielen Menschen in meiner Familie würde es mich nicht wundern, wenn sie Trump wählen. Sie würden wahrscheinlich sagen, dass er ein Idiot ist – aber hey, er hat ein paar gute Ideen und: „Ich mag seine Attitüde!“

Jenna Krumminga, 32 Jahre, ist Autorin und Übersetzerin. Zurzeit arbeitet sie an ihrer Promotion in Geschichte. Sie pendelt zwischen New York und Berlin.

„Trump macht Rassismus, Fremden- und Frauenfeindlichkeit salonfähig, ge, von denen die amerikanische Kultur schon lange geplagt ist, die aber ein paar Jahrzehnte von der Bildfläche verschwunden waren. Einige Leute sind ihm offenbar dankbar dafür. Hinzu kommt: Amerikaner lieben Außenseiter – bei Trump ist das natürlich ironisch, weil er ja kaum mehr verstrickt sein könnte in jene politisch-wirtschaftliche Oligarchie, die seine Unterstützer so verachten. Dieser Hass ist die Quelle, aus der Trump seine Popularität zieht – übrigens dieselbe, die auch Bernie Sanders von den Demokraten anzapft: eine tiefe Überzeugung, dass da ein falsches Spiel läuft, dass das System nur die Eliten stützt und Wirtschaft, Politik und Medien miteinander klüngeln, um ihre Macht zu erhalten. Trumps Reichtum erlaubt ihm, eine Immunität zu behaupten gegen Lobbyisten und Interessenvertretungen. Und weil er gegen die republikanische Elite zetert, kann er sich als Anti-Establishment verkaufen, was ja lächerlich ist. Und so erleben wir gerade das absurde Spektakel, dass eine Schlüsselfigur der Finanzelite auf einer Welle des Populismus Richtung Weißes Haus reitet.

Brenda E. Stevenson ist Fellow an der American Academy in Berlin, die sich für einen intellektuellen und kulturellen Austausch zwischen den USA und Deutschland einsetzt.

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Ein Mann protestiert gegen Donald Trump

Hast du die Eier, dich mit Donald Trump anzulegen?

Ich glaube nicht, dass Donald Trump bei der breiten Masse tatsächlich so gut ankommt. Ich denke, er ist vor allem ein Medienphänomen. Denn er ist exzellent darin, sich medienwirksam zu inszenieren: als erfolgreicher Geschäftsmann, als frech, wohlhabend und als Kandidat, der sich von anderen Politikern unterscheidet. Trump hat sich zur Marke gemacht, er war schon vor dem Wahlkampf eine Art Promi. Seine Fans meinen deshalb, ihn zu kennen, zu wissen, was sie von einem Präsidenten Trump zu erwarten haben.Trump erinnert sie an die vermeintlich „gute alte Zeit“ – die Zeit, in der die weißen, christlichen, wohlhabenden Männer allein über dieses Land bestimmt haben. Ob seine Fans auch sein politisches Programm unterstützen? Der Durchschnittsamerikaner weiß gar nicht, wofür Trump steht. Er hat ja auch keine klare Agenda und kaum konkrete politische Pläne. Mal abgesehen von seinem Vorhaben, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen. Indem sich Trump selten klar in eine bestimmte Ecke stellt, können seine Unterstützer denken, dass er schon das will, was sie auch wollen.

 

Paul Hockenos, Journalist und Autor, schreibt unter anderem für die New York Times und den Spiegel und lebt in Berlin.

Es gibt viele Erklärungen für das Phänomen Trump. Was die Europäer wenig wahrnehmen, ist, wie viel dieser Radikalismus mit dem allgemeinen Rechtsruck der Republikaner in den letzten Jahrzehnten zu tun hat. In den 1970er-Jahren dachte man, konservativer als unter Nixon kann’s nicht werden. Dann kam aber Reagan und schließlich der zweite George Bush. Das schien wirklich nicht mehr steigerbar. Dann aber doch, mit Trump.

„Eigentlich ist das nicht überraschend, wenn man sich die Entwicklung der Republikanischen Partei genauer ansieht“

Eigentlich ist das nicht überraschend, wenn man sich die Entwicklung der Republikanischen Partei genauer ansieht. Ihre Haltung zum Klimawandel, der Entstehung der Welt, der Frage, wann das Leben anfängt und damit der Abtreibung – da basiert ganz wenig auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Rationalität. Das sind heute eher Glaubenssätze, in denen kein Kompromiss ausgehandelt werden kann. Und jeder, der die anzweifelt, gilt als Verräter. Gleichzeitig ist das republikanische Establishment mit seiner dogmatischen Politik immer wieder gescheitert. Anders als Obama. Er hat ja sogar mit einem Kongress, in dem die Republikaner die Mehrheit hatten, sein Programm durchbekommen. Das sind große Erfolge, und die Republikaner haben nichts Vergleichbares vorzuweisen – außer Verhinderungspolitik. Weil das republikanische Establishment so einen schlechten Job gemacht und die Demokraten von Clinton bis Obama dämonisiert hat, musste einer wie Trump kommen, der außerhalb dieses Establishments steht und den rechten Rand mobilisiert.

Fotos: Mark Peterson/Redux/Redux/laif; UPI/laif