In Afrika gibt es über 2.000 verschiedene Sprachen. In den 1950er-Jahren teilte ein US-amerikanischer Linguist den Kontinent in vier Sprachfamilien ein: Afroasiatische Sprachen wie zum Beispiel Amharisch und Hausa konzentrieren sich im Nordosten Afrikas. Niger-kordofanische Sprachen wie Suaheli werden vom äußersten Westen bis zum südlichsten Zipfel gesprochen, wo auch die Klick- und Schnalzlaute des Khoisan, der dritten Sprachfamilie, zu hören sind. Und dann gibt es da noch die nilo-saharanischen Sprachen, die vom Tschad bis nach Ostafrika vorkommen. Aktuell gelten laut der Gesellschaft für bedrohte Völker 350 Sprachen als akut bedroht. Gerade kleinere Gruppen, die vor Krieg und Unterdrückung fliehen oder weil Wasser und Weideland knapp werden, geben in neuer Umgebung oft ihre traditionelle Sprache auf, um die einer größeren Gruppe zu sprechen. Viele Sprachen sind daher schon ausgestorben.
Die meisten Afrikaner sprechen nicht eine, sondern gleich mehrere Sprachen – je nach Situation. In der Familie wird in der Muttersprache kommuniziert, auf dem Markt spricht man die Sprache der Mehrheit. In Behörden und Unis werden oft die Sprachen der ehemaligen Kolonialmächte, also Englisch, Französisch oder Portugiesisch vorausgesetzt. Darin, dass die Mehrheit der Bürger die Kolonialsprache nicht beherrscht, sehen Soziologen ein Problem. Die Sprachenvielfalt des Kontinents gilt dagegen als großer Schatz. Tatsächlich gibt es viele Ausdrücke, die man sofort ins Deutsche übernehmen möchte. Zum Beispiel mbuki mvuki (Mongo, Kongo): die Kleider ausziehen, um zu tanzen. Oder hanyauka (RuKwangali, Namibia): auf Zehenspitzen über warmen Sand laufen.
Apropos Sprache
Natürlich muss man sich fragen, inwieweit Sprache rassistisch ist oder soziale Konstruktionen verstärkt. Von Weißen und Schwarzen zu sprechen ist schon komisch, denn richtig schwarz oder weiß ist ja niemand. Diese Kategorisierung ist wissenschaftlich untragbar und diskriminierend. Meist gibt es auch überhaupt keinen Grund, zu sagen, ob ein Mensch weiß oder schwarz ist. Da es in diesem Heft aber u.a. um Rassismus, unterschiedliche Sozialisationen und Erfahrungen geht, spielt es hier eben doch eine Rolle. Deshalb benutzen wir an manchen Stellen die Wörter schwarz und weiß. Der Lesbarkeit wegen schreiben wir sie klein – wohl wissend, dass diskutiert wird, sie groß zu schreiben, um zu zeigen, dass es keine biologischen Begriffe sind.