fluter: Guten Tag, Frau Schüssler-Plewka. Langweilen Sie sich schon?
Brigitte Schüssler-Plewka: Von wegen. Wir haben vor einigen Jahren ein Haus gekauft, an dem wir noch jede Menge machen müssen. Dazu kommt ein großer Garten, der viel Arbeit macht. Nur heute haben wir es mal langsamer angehen lassen, spät gefrühstückt und uns dann mit der Zeitung wieder ins Bett gelegt.
Sie haben es sich verdient, oder?
Allerdings. Ich habe 43 Jahre lang als Krankenschwester gearbeitet. Erst in der DDR, zuletzt an einem katholischen Krankenhaus in Hildesheim auf der urologischen Station. Da waren viele ältere, muffelige Männer, die nicht sehr freundlich waren. Das hat mir den Abschied aus dem Beruf etwas erleichtert. Zu meinem Mann habe ich immer gesagt: Wenn du mal so wirst, hau ich dir die Bratpfanne über den Kopf.
Ist es nicht ungewohnt, plötzlich die ganze Zeit zu Hause zu sein?
Schon. Oft träume ich auch noch nachts von der Arbeit. Ich spreche sogar im Schlaf und gebe meinem Mann Anweisungen, ich habe ja früher mal eine Station geleitet. Mein Unterbewusstsein ist anscheinend noch nicht in Rente.
Haben Sie gern gearbeitet?
Sehr gern. Mein Beruf – also die Krankenpflege – war für mich ein Wunschberuf. Ich wollte immer Menschen in schwierigen Situationen helfen. Krankenschwester – das klingt nach schwerer, unterbezahlter Arbeit. Ich habe meinen Job nicht als unterbezahlt empfunden. Ich habe ja neben meinem Lohn auch viel von den Menschen zurückbekommen. Da gab es eine Patientin, die dem Chefarzt gesagt hat, ich habe ihr Leben gerettet, weil ich ihr so gut zugehört habe. Selbst zur Nachtschicht bin ich gern gegangen, obwohl die über elf Stunden ging – von 19.45 Uhr bis morgens um sieben. Und anschließend habe ich zu Hause noch meine Schwiegermutter gepflegt. Heute frage ich mich manchmal, wie ich das alles geschafft habe.
Ist Ihre Familie da nicht zu kurz gekommen?
Meine Söhne haben das eher als positiv empfunden. Das sind selbstständige Menschen geworden, die eher an der langen Leine aufgewachsen sind.
Oft haben Rentner viel Zeit, aber nicht mehr genug Geld, um sie auszufüllen – um zum Beispiel herumzureisen …
Das steht bei uns eh nicht an. Wir haben für das Haus einen Kredit aufgenommen, den wollen wir bald abbezahlt haben. Und unser Garten ist so schön, da muss man gar nicht mehr verreisen.
Haben Sie noch Kontakt zu Ihren alten Kollegen?
Zu einigen schon, aber im Krankenhaus war ich nicht mehr, seit ich pensioniert wurde. Da will ich erst wieder hin, wenn ich selbst krank bin. Und wenn wir uns mit Freunden treffen, sage ich immer: Aber nicht von der Arbeit reden.